Kommentar
10:22 Uhr, 09.03.2010

USA: Arbeitsmarktbericht überrascht positiv trotz Beschäftigungsabbau – Unklarheit über Witterungseffekt

• Die Anzahl der Beschäftigten ist im Februar um 36.000 Personen gesunken. Die Arbeitslosenquote stagnierte bei 9,7 %. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im Vergleich zum Vormonat um 0,1 % zu.

• Den Beschäftigungsdaten lässt sich nicht entnehmen, wie stark die Entwicklung durch die beiden Schneestürme Anfang Februar belastet haben. Wir gehen davon aus, dass dieser Effekt maximal 100.000 Stellen betragen hat.

• Der Arbeitsmarktbericht für Februar stellt vermutlich den Auftakt für mehrere statistisch verzerrte Beschäftigungsdaten in den kommenden Monaten dar. Nach einem positiven Rückpralleffekt im März dürfte die Volkszählung für zusätzliche Volatilität sorgen.

1. Eigentlich ist die Entwicklung am US-Arbeitsmarkt im Februar nicht wirklich gut gewesen. Ein Beschäftigungsaufbau blieb auch in diesem Monat aus, wenngleich der Rückgang um 36.000 Personen nicht besonders hoch war und sogar eine positive Überraschung darstellte (Bloomberg-Median: -68.000; DekaBank: -80.000 Personen). Hintergrund für die allgemeine Skepsis waren zwei Winterstürme, von denen einer sogar in die Erhebungswoche des Arbeitsmarktberichts vom 8.02. bis 13.02. stattfand. Nach Einschätzung des amerikanischen Wetterdienstes (National Oceanic and Atmospheric Administration) waren beide Stürme in ihren Auswirkungen zwar nur durchschnittlich schlimm. Allerdings gab es seit Berechnungsbeginn seit Mitte der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts keinen Arbeitsmarktbericht, der gleich von zwei Stürmen betroffen war. Dass es zu einer witterungsbedingten Belastung kam, lässt sich relativ gut an der Entwicklung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit erkennen, die um 0,1 Stunden gegenüber dem Vormonat gesunken ist.

2. Frei von Witterungseffekten dürfte die Entwicklung der Arbeitslosenquote gewesen sein. Anders als allgemein erwartet stagnierte diese auf 9,7 % (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 9,8 %). In wie weit hierbei grundsätzliche statistische Verzerrungen vorliegen, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Sowohl die Anzahl der Beschäftigten als auch die der Erwerbspersonen stiegen gegenüber dem Vormonat sehr deutlich an. Diese Statistiken werden wie üblich durch Telefonerhebungen bei den Haushalten direkt erhoben. Wir vermuten auch bei den durchschnittlichen Stundenlöhnen keinen Witterungseffekt. Diese stiegen zwar nur um 0,1 % gegenüber dem Vormonat an (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 0,2 %). Die Detailstatistiken deuten aber auf einen negativen Rückpralleffekt im Finanzsektor hin. Seit dem vergangenen Monat wurde neben der „alten“ Zeitreihe für die Lohnentwicklung eine neue kreiert. In dieser sind auch Mitarbeiter erfasst, die Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Mitarbeitern besitzen. Da die Historie hier noch recht kurz ist, stellen wir zukünftig beide grafisch da. Die monatlichen Veränderungsraten entsprachen im Februar einander und die Jahresveränderungsraten betrugen 1,9 % bzw. 2,5 %.

3. Wie stark war der Belastungsfaktor durch die Schneestürme für die Beschäftigungsentwicklung? Das BLS weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass es eine Belastung gegeben habe könnte. Über dessen Ausmaß werden aber wie üblich in solchen Fällen keine Angaben gemacht. Das BLS hat zwar ermittelt, dass 1,031 Millionen Personen witterungsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen konnten. Dieser Wert ist aber von saisonalen Effekten nicht bereinigt. Nach Angaben des BLS liegt der Februardurchschnitt bei 291.000 Personen. Die Differenz von 740.000 Personen dürfte somit als nahezu saisonbereinigt gelten. Zu beachten ist aber ein weiterer interessanter Hinweis vom BLS: Demnach gilt auch als Beschäftigt, wer Lohn bzw. Gehalt bekommen hat. Wer also witterungsbedingt in der Erhebungswoche nicht zur Arbeit gehen konnte, ist dennoch statistisch erfasst. Der Witterungseffekt dürfte also deutlich geringer sein als 740.000 Personen. Der Belastungsfaktor dürfte aber weniger bei den bestehenden Arbeitsverhältnissen eine Rolle gespielt haben, sondern gerade in den neuen Arbeitsverhältnissen. Die Witterungsverhältnisse könnten durchaus Unternehmen bewogen haben, zunächst weniger Personal neu einzustellen als ursprünglich geplant. Hinzu kommen Arbeitsverhältnisse die ohnehin witterungsabhängig sind, wie beispielsweise das Baugewerbe oder der Bereich Freizeit und Gastronomie. In beiden Fällen sind im Vergleich zum Vormonat keine Besonderheiten festzustellen. Allerdings sind bereits die beiden Vormonate wenn auch im geringeren Ausmaß witterungsbedingt belastet gewesen. Den Witterungseffekt wird man somit erst im Folgemonat abschätzen können, wenn man auch die Höhe des positiven Rückpralleffekts kennt. Unsere vorläufige Einschätzung ist, dass der Effekt geringer als 100.000 Personen gewesen ist. Die grundsätzliche Beschäftigungsentwicklung dürfte im Februar also nicht höher als +70.000 Stellen gewesen sein.

4. Die nächsten Arbeitsmarktberichte versprechen vor allem eines: statistische Verzerrungen. Zunächst dürfte der März ein übertrieben positives Bild von der Beschäftigungsentwicklung zeichnen. Aufgrund der Volkszählung (Census 2010) könnte der Beschäftigungsaufbau im April, aber vor allem im Mai nach oben verzerrt sein: Für die Durchführung der Volkszählung sind insgesamt 1,4 Mio. Stellen vorgesehen, von denen bereits im vergangenen Jahr 160.000 Stellen besetzt wurden. Diese Arbeitsverhältnisse sind zum überwiegenden Teil kurzfristige, sodass in den Monaten Juni und vermutlich Juli deutlichen Entlassungen anstehen. Es ist also durchaus möglich, dass erst der Arbeitsmarktbericht für August ein unverzerrtes Abbild von der Beschäftigungsentwicklung liefern wird. Anders als beim heutigen Arbeitsmarktbericht werden die zukünftigen Verzerrungen aber zu ermitteln sein.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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