Kommentar
06:45 Uhr, 01.12.2016

USA: Abhängigkeit vom Ausland nimmt weiter zu

Die USA hängen seit Jahren finanziell vom Ausland ab. Das wird sich unter Trump noch verschlimmern. Wieso?

Das „make America great again“ Programm ist einfach beschrieben: mehr Schulden. Der Staat wird mehr Schulden machen, weil einerseits mehr investiert werden soll und andererseits, weil der Staat durch Steuersenkungen geringere Einnahmen erwirtschaften wird.

Dieses Programm ist kein Nullsummenspiel. Man könnte sagen, dass die zusätzlichen Staatsschulden durch eine Ersparnis in der Wirtschaft ausgeglichen werden. Unternehmen und Bürger zahlen immerhin geringere Steuern. Der Plan geht so allerdings nicht ganz auf. Die höheren Ausgaben des Staates übersteigen die Ersparnis der Privatwirtschaft durch geringere Steuern.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es wirkt zwar wie eine Nebensächlichkeit, ist es aber nicht. Auf den ersten Blick denkt man vielleicht: dann macht der Staat halt mehr Schulden, na und? Nun, die Schulden müssen irgendwie finanziert werden. Schon jetzt geschieht dies über das Ausland und je höher und schneller die Schulden steigen, desto mehr muss aus dem Ausland finanziert werden.

Die Logik dahinter lässt sich ganz einfach beschreiben. Wer mehr ausgibt als einnimmt, der hat eine negative Sparquote. Die Einnahmen sind im Falle des Staates die Steuereinnahmen, bei Privathaushalten die Einkommen. Zieht man von diesen Einnahmen den Konsum und sonstige Ausgaben ab, dann ist das, was übrigbleibt, das Ersparte. Bleibt nichts übrig oder gibt man mehr aus als man einnimmt, ist das Ersparte negativ (=Schulden).

Wer als Privatperson mehr ausgibt als einnimmt, weil man z.B. ein Haus kauft, geht man einfach zur Bank und finanziert das Defizit. Für eine Volkswirtschaft sieht das etwas anders aus. Bei einer negativen Sparquote des ganzen Landes kann man nicht einfach zur Bank gehen. Die Bank ist in diesem Fall das Ausland, bei dem man sich Geld leihen muss.

Wie viel man sich leihen muss, hängt vom Defizit ab. Dieses Defizit beschreibt sich genauso wie bei einer Privatperson. Es ist das, was übrigbleibt, wenn man von den Einnahmen die Ausgaben abzieht. Dieses Defizit heißt auf volkswirtschaftlicher Ebene Leistungsbilanzdefizit.

Grafik 1 zeigt die Leistungsbilanz der USA sowie die Entwicklung der Sparquote. Die Sparquote sinkt seit Jahrzehnten, ist aber noch positiv. Zieht man von dem Ersparten allerdings die Investitionen ab, dann ist das, was übrigbleibt, negativ. Dieser negative Betrag muss durch das Ausland finanziert werden.

Unter Trump dürfte die Sparquote insgesamt weiter sinken. Gleichzeitig sollen die Investitionen steigen. Die Folge: das Defizit wird größer. Anstatt mehr Ausgleich im Handel mit dem Ausland zu erzielen, dürfte sich das Defizit mit dem Ausland noch ausweiten. Das ist zwangsläufig der Fall, solange die Sparquote in den USA nicht steigt, um die Investitionen zu finanzieren.

Bisher ist noch nichts von einem Plan zu hören, der das Problem der chronisch niedrigen Sparquote angeht. Eine höhere Sparquote kann man schließlich nicht so einfach verordnen. Man kann auch im umgekehrten Fall nicht einfach mehr Ausgaben verordnen, wie es von Deutschland immer wieder gefordert wird.

Während Länder wie die USA ein gigantisches Defizit haben, gibt es Länder wie Deutschland und China, die einen hohen Überschuss ausweisen. Das liegt daran, dass die Sparquote sehr hoch ist und die Investitionen vergleichsweise niedrig. In Deutschland befindet sich die Sparquote zudem weiter im Aufwind (Grafik 2), weil nun nicht mehr nur die Privathaushalte sparen, sondern auch der Staat. Der Überschuss in der Handels- und Leistungsbilanz dürfte weiter anwachsen.


Geht die Trump Administration das Problem der Sparquote nicht an, dann werden die USA mit dem angekündigten Wirtschaftsprogramm nicht unabhängiger vom Ausland, sondern ganz im Gegenteil, die USA werden noch stärker am Finanztropf des Auslands hängen. Immerhin haben die USA eine Hoffnung das zu vermeiden: bisher hat Trump eine Ankündigung nach der anderen aus dem Wahlkampf kassiert. Gut möglich, dass das „make America great again“ Programm niemals aufgelegt wird.

Clemens Schmale

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    In der Theorie ja. In der Praxis werden - unter Vorausetzung des Wirtschaftswachstums, alle Effekte positiv überkompensiert. Weniger Steuern kann a.) eine erhöhte Sparquote bei privaten Haushalten auslösen oder b.) die klassiche Schiene: mehr Konsum, mehr Produktion, mehr Arbeitsplätze, höhere Steuereinnahmen. Aus meiner Perspektive ist es lange überfällig das ur-klassische, traditionelle Modelle über einen längeren Zeitraum neu angetestet werden.

    Was die EU "alternativlos" in sämtlichen Wirtschaften der EU seit Jahren anstellt ist eine Katastrophe: höhere Steuern bei gleichzeitiger Kürzung der Sozialausgaben, überproportionaler Einbruch der Wirtschaft, Verlagerung von Industriezweigen in Niedriglohnländer, mehr Arbeitslose, Konsumverzicht, weniger Wirtschaft, sinkende Steuereinnhamen, sinkende Sparquote - wird bekämpft mit noch höheren Steuern.

    Das deutsche Exportmodell/ Erfolgsmodell geschieht auf Kosten anderer und ist nicht übertragbar. Es sind nicht die anderen, die aufholen, die Differenzen weiten sich aus. Mit dem Kapital kann Deutschland die Steuern senken wenn andere sie erhöhen und Wirtschaftszweige (Klimaschutz/ Autoindustrie) wenn nötig subventionieren wozu anderen (Italien, Griechenland) die EU einfach den Geldhahn abschneidet.

    "Tükkisch" im EU Modell sind 2 Faktoren: 1. Steuererhöhungen erfolgen schnell, z. Bsp. 3% mehr Mwst. auf alles; Steuersenkungen dagegen werden "angetest": Mwst. Senkung progressiv auf einige Produkte zunächst 1%. Zu wenig, zu spät - bevor die positiven Efffekte wirken, wird das Senkungskonzept von Gegnern vorzeitig beendet "weil es nicht wirkt".

    2. die Fristigkeiten/ Zeitachse wird vernachlässigt: z.Bsp. Mwst. in der Hotellerie/Restauration rauf um 10% von 13% auf 23% am1ten Januar: nach 7 Monaten kommen die postiven Zahlen für das 1.te Quartal: mehr Einnahmen, gut; nach 13 Monaten kommen die Zahlen inklusive des Sommerbooms: die Einnahmen sind nicht eingebrochen: gut. Nach 18 Monaten liegen die Jahreszahlen vor: die Körperschaftssteuer ist eingebrochen, Hotels und Restaurants sind pleite gegangen, die Gewinne waren viel niedriger als erwartet; nach 24 Monaten: nun sind auch die Mwst.- Einnahmen gesunken, dafür steigen die Ausgaben mit Arbeitslosengeld, das BIP ist gesunken. Neuer EU Vorschlag: die Mwst. muss wieder erhöht werden usw.

    Im "Trump-Modell" wird gegenläufig die Staatsverschuldung sofort steigen, der "positive Effekt" kommt frühestens im dritten Jahr (falls man nicht vorher aufgegeben hat).

    18:40 Uhr, 01.12.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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