Kommentar
09:15 Uhr, 06.11.2019

US-Notenbank "Mid-Cycle" Zinssenkung: Ein Erfolg?

Erst reagierten Anleger verschnupft, als Jerome Powell die Zinssenkungen als Mid-Cycle Anpassung bezeichnete. Jetzt wird er dafür gefeiert, aber wie lange noch?

Aktuell kann man sagen, dass Powell Recht hatte. Anleger sahen das Ende Juli noch ganz anders. Damals bezeichnete er die Zinssenkung als Anpassung im Zyklus, aber nicht als Kehrtwende. Das kam nicht gut an. Anleger erwarteten einen neuen Zinssenkungszyklus. Die Erwartung wurde enttäuscht.

Nicht zuletzt deswegen ging es mit Aktien zunächst nach unten. Dann aber kam die zweite Zinssenkung im September und die dritte im Oktober. Zwischenzeitlich erwarteten Anleger sogar noch eine vierte Zinssenkung in diesem Jahr. Davon will niemand mehr etwas wissen. Die Notenbank sagte ganz klar, dass die vorerst keine Zinssenkung mehr erwartet.

Anleger reagierten darauf alles andere als verstört. Anscheinend glauben sie der Notenbank, dass weitere Zinssenkungen nicht notwendig sind. Die Fed versucht damit die Erfolgsgeschichte der 90er Jahre zu wiederholen. Anleger trauen ihr das zu und kaufen.

In den 90er Jahren passte die Notenbank die Zinsen zweimal an. Diese Anpassung war notwendig, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Am Ende wurde dadurch der Bullenmarkt zum längsten und ertragreichsten aller Zeiten. Es waren allerdings nicht die einzigen Mid-Cycle Anpassungen der Notenbank.

Bereits in den 80er, 60er und 50er Jahren wurden solche Anpassungen vorgenommen (Grafik 1). Eine genaue Definition einer solchen Anpassung gibt es nicht. Was sie allerdings auszeichnet, ist eine Zinssenkung im übergeordneten Zinserhöhungszyklus.


Leider wissen wir erst später, ob das tatsächlich funktioniert und ob es sich überhaupt um ein Mid-Cycle-Adjustment gehandelt hat. Ziel ist es, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Ob das funktioniert, wissen wir erst mehrere Quartale nach den Zinssenkungen. Geldpolitik wirkt ja nicht sofort.

Würde die Wirtschaft nun weiterhin lahmen und müssten die Zinsen daher weiter gesenkt werden, handelt es sich nicht mehr um eine Anpassung inmitten des Zyklus, sondern um den Beginn des Zinssenkungszyklus. Erst im Nachhinein wissen wir, was es wirklich war.

Gehen wir nun aber davon aus, dass es funktioniert und weitere Zinssenkungen nicht notwendig sind, können Anleger zuversichtlich in die Zukunft blicken. Bisher gab es 6 solcher Anpassungen. Mit der Ausnahme von 1968, als die Zinsen nur ein einziges Mal gesenkt wurden, haben Aktien gut performt. Am besten war die Performance zwischen der ersten Zinssenkung und der ersten Zinserhöhung (Grafik 2).

Aktuell haben wir erst einen Datenpunkt. Wir kennen das Datum der ersten Zinssenkung und der letzten der Anpassung. Von der Fed wird erwartet, dass die Zinsen nicht weiter sinken. Die Senkung in der vergangenen Woche wäre demnach die letzte Zinssenkung der Anpassung gewesen.

Die Performance ist mit 2 % eher unterdurchschnittlich. Da der Großteil der Performance bis zur ersten Anhebung kommt, stehen Anlegern aber wohlmöglich noch gute Zeiten bevor. Man darf aber nicht vergessen: wir wissen schlichtweg noch nicht, ob es sich nur um eine Anpassung handelt oder sich im Nachhinein doch als Beginn der Zinswende herausstellt. Ob die Sache ein Erfolg wird, bleibt vorerst eine offene Frage.

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11 Kommentare

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  • JürgneDax
    JürgneDax

    looooooooooong

    18:06 Uhr, 06.11.2019
  • Johnny Casch
    Johnny Casch

    Angenommen der Markt würde in 2 Wochen kollabieren. Wie würdet ihr jetzt darauf reagieren? Vermutlich erst mal alle Aktien verkaufen. Aber wohin dann mit dem Geld? Gibt es in so einer Phase des Sturzes überhaupt noch Anlagemöglichkeiten, wenn auch nach und nach Banken pleite gehen?

    15:26 Uhr, 06.11.2019
  • 1 Antwort anzeigen
  • grinder1337
    grinder1337

    Anscheinend glauben sie der Notenbank, dass weitere Zinssenkungen nicht notwendig sind. Die Fed versucht damit die Erfolgsgeschichte der 90er Jahre zu wiederholen. Anleger trauen ihr das zu und kaufen.

    😂

    Gehen wir nun aber davon aus, dass es funktioniert und weitere Zinssenkungen nicht notwendig sind, können Anleger zuversichtlich in die Zukunft blicken.


    realitätsferner kann man sich gar nicht äußern. und wer den aussagen der fed-verbrechern glaubt, hat schon verloren.

    @alex: jap

    @firmin: jap

    und eine frage bleibt: wer genau feiert die fed? das können ja nur die schneeballsystembetreiber/-profiteure sein, die weiter einsacken (und ein paar kleine, die auf der welle mitreiten, aber die quasi 0 einfluss haben), während der rest der menschen weiter enteignet und die realwirtschaft weiter geschwächt wird. die rezession in den usa ist ausgemachte sache. ich frage mich ernsthaft, wie jemand mittlerweile noch das gegenteil behaupten oder daran zweifeln kann. zumal die "offiziellen statistiken", wie jeder weiß, alles andere als korrekt sind. natürlich sind gedankenspiele weiterhin erlaubt - keine frage.

    12:31 Uhr, 06.11.2019
  • Firmin
    Firmin

    Ein sehr gutes Schnellball-System

    11:06 Uhr, 06.11.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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