Kommentar
13:50 Uhr, 28.06.2017

US-Konsum: Mehr geht nicht!

Was für den Finanzmarkt die Notenbanken sind (lender of last resort), ist für die Weltwirtschaft der US-Konsument. Diese gelten als consumers of last resort. Diese Ära kommt zu einem Ende, trotz aktuell guten Verbrauchersentiments.

Angeblich geht es den US-Privathaushalten so gut wie nie zuvor. Sie haben ein Reinvermögen von über 90 Billionen Dollar. Als wäre das nicht schon sensationell genug, müssen sie auch immer weniger für ihre Schulden aufwenden.

Grafik 1 zeigt, wie viel Haushalte von ihrem frei verfügbaren Einkommen für den Zinsdienst und zinsähnliche Ausgaben einplanen müssen. Für Immobilienkredite sind die Ausgaben so niedrig wie fast noch nie. In der Spitze mussten 7,21 % der Einkommen eingeplant werden. Derzeit sind es 4,42 %. Der niedrigste Wert der letzten 40 Jahre lag bei 4,38 %.

Das, was nicht für Immobilienkredite verwendet wird, fließt in andere Bereiche. Für Konsumkredite werden aktuell 5,63 % verwendet. In der Spitze waren es 6,72 %. Das Tief lag bei 4,66 %. Der momentane Wert bewegt sich also irgendwo im Mittel. Das ist angesichts des Niedrigzinsumfeldes bemerkenswert.

Das Volumen aller Immobilienkredite steht heute bei 8,63 Billionen Dollar. Vor der Finanzkrise waren es einmal 700 Mrd. mehr. Dass die Zinslast gesunken ist, ist also kein Wunder. Das Volumen ist geringer und die Zinsen sind niedriger.

Konsumkredite sind hingegen um fast eine halbe Billion gestiegen. Die Zinsen auf diese Art von Kredite sind sehr viel höher als für Immobilienkredite. Durch die Umschichtung in höher verzinste Kredite sparen die US-Haushalte letztlich weniger als sie könnten. Besonders bedenklich sind jedoch die Ausgaben in der Kategorie „andere“.

Unter „andere“ fallen Ausgaben, die nicht zu Krediten gehören, aber notwendige regelmäßige Ausgaben darstellen. Dazu gehören zum Beispiel Mieten. Dieser Prozentsatz steht nahe des Allzeithochs. Derzeit liegt er bei 5,43 %, Tendenz steigend. Der bisherige Rekord lag bei 5,54 %.

Die Situation lässt sich also so zusammenfassen:

Haushalte profitieren unterdurchschnittlich von niedrigen Zinsen. Anstatt ein Haus zu kaufen, mieten die meisten. Einen Hauskauf können sich die meisten einfach nicht leisten, unter anderem, weil die Konsumkredite das verfügbare Einkommen wegfressen. Dabei drücken nicht nur Kreditkarten- und Autokredite, sondern auch Studienkredite das verfügbare Einkommen. Durch den eingeschränkten Spielraum ist es immer weniger Amerikanern möglich, sich den Traum vom Eigenheim zu leisten, obwohl das – paradoxerweise – derzeit billiger wäre.

Die Verfassung des Durchschnittshaushalts ist sehr viel schlechter als die aggregierten Daten vermuten lassen. Aggregiert ist Amerika so reich wie nie. Der Reichtum konzentriert sich jedoch bei einigen wenigen. Die 100 reichsten Amerikaner haben ein Vermögen von 1,51 Billionen Dollar. Das sind 1,62 % des Gesamtvermögens. Die 100 Reichsten machen jedoch lediglich 0,00003 % der Bevölkerung aus. Sie besitzen im Durchschnitt also fast 55.000 Mal so viel Vermögen wie der Durchschnittsamerikaner. Das sagt schon alles.

Der Durchschnittsamerikaner kann nicht mehr. Ihm fehlt das Geld. Das liegt vor allem an fehlendem Wachstum. Man kann sich höhere Belastungen leisten, wenn das Einkommen schneller wächst. Derzeit stagniert es real und die Perspektiven für Wachstum sind mau. So verwundert es auch nicht, dass das Konsumwachstum trotz der niedrigen Belastung tief ist (Grafik 2).

Trotz Rückenwinds wird der Konsum kaum eine Renaissance erleben. Es geht einfach nicht. Das Geld fehlt. Als die Belastungen in der Vergangenheit so niedrig waren, wuchs der Konsum mit 5-6 % pro Jahr. Heute sind es zwischen 2 und 3 %. Das ist auch für die Welt ein Problem. Durch ungezügeltes Konsumwachstum fütterten die US-Konsumenten die Welt durch. Diese Zeiten sind vorbei – auch ein Grund für langsameres Wachstum in der Welt.

Bisher konnte man sich darauf verlassen: selbst wenn die Welt untergeht ist auf den US-Konsument Verlass. Das kann man in Zukunft vergessen. Wirtschaften rund um den Globus sind zunehmend auf sich allein gestellt.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

6 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • LucvanDuc
    LucvanDuc

    Eine Verständnisfrage zur %tuellen Bewertung der Ausgaben für Immobilien-Kredite. Sie führen hier 5,63% des frei verfügbaren Einkommens an. Plastisch dargestellt ich verdiene 3000 netto und rauche pro Tag 1 Schachtel Zigaretten belaste mein verfügbares Einkommen somit mit 150 Euro pro Monat also 5%. Wo liegt hier die große Schuldenproblematik?

    14:46 Uhr, 28.06.2017
    1 Antwort anzeigen
  • CKT7985
    CKT7985

    Laut Grafik 1 und 2 hat sich im Grunde genommen seit 1980 nichts verändert. Das Konsumwachstum ist konstant und robust, der Schuldendienst hat sich prozentual kaum verändert. Viel interessanter wäre ein Vergleich der Lohnzuwächse sowie der Immobilienpreise der vergangenen 30 Jahre.

    Wie so häufig versucht Herr Schmale mit seinen Untergangsszenarien und dem US Bashing den Crash und die ultimative Rezession herbei zu reden...

    14:14 Uhr, 28.06.2017
    1 Antwort anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten