US-Finanzsystem: Hier ist etwas aus den Fugen geraten
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Banken, Geldmarktfonds und andere Marktteilnehmer parken immer größere Summen an Geld über die sogenannte Reverse-Repo-Fazilität bei der US-Notenbank Fed. Die folgende Grafik zeigt das Volumen der über Nacht geparkten Reverse-Repo-Gelder. Seit Mitte August lag das Volumen jeden Tag bei mehr als 1.000 Milliarden US-Dollar.
Der starke Anstieg der Reverse-Repo-Geschäfte ist ein Ausdruck der erhöhten Liquidität auf dem US-Finanzmarkt, zu der die US-Notenbank Fed durch ihre Anleihenkäufe selbst erheblich beiträgt. Durch ihre Anleihenkäufe pumpt die Fed derzeit noch rund 120 Milliarden Dollar pro Monat in den Finanzmarkt. Doch Banken, Geldmarktfonds und andere Finanzmarktteilnehmer schwimmen inzwischen in so viel Geld, dass ein erheblicher Teil über die eintägigen Reverse-Repo-Geschäfte an die Fed zurückfließt. Durch die Reverse-Repo-Geschäfte kann nicht benötigte Liquidität bei der US-Notenbank Fed geparkt werden.
Im Juni kündigte die Fed an, die Übernacht-Reverse-Repo-Geschäfte künftig zu einem Zinssatz von 0,05 Prozent zu verzinsen. Dadurch will die Notenbank verhindern, dass die kurzfristigen Zinsen angesichts der Liquiditätsflut zu stark sinken, womöglich sogar in den negativen Bereich. Durch die Verzinsung der Reverse-Repo-Geschäfte hat sich deren Anstieg allerdings noch einmal beschleunigt, ohne ein weiteres Absinken der kurzfristigen Zinsen zu verhindern. Inzwischen liegen die kurzfristigen Zinsen nur noch marginal über den 0,05 Prozent der Reverse-Repo-Geschäfte und über der Leitzins-Untergrenze der US-Notenbank von 0,00 Prozent.
Die US-Notenbank sorgt mit ihrer Geldpolitik inzwischen für immer größere Verwerfungen auf dem Finanzmarkt. Durch ihre Anleihenkäufe pumpt die Fed nicht nur weiter jede Menge Geld in die Märkte, sondern entzieht dem Markt auch wichtige Sicherheiten. Kurz laufende US-Staatsanleihen dienen in allen Ecken und Enden des Finanzmarktes als Sicherheiten, die für allerlei Geschäfte von institutionellen Marktteilnehmern hinterlegt werden müssen. Inzwischen befürchten Beobachter einen ausgeprägten Mangel dieser Sicherheiten, die für das Funktionieren des Finanzmarktes essentiell sind.
Die "Financial Times" schrieb Ende Juli sogar von einem "Horror-Szenario", das den Märkten angesichts des Mangels an vorhandenen Sicherheiten drohen könnte. Weil die US-Regierung inzwischen ihre gesetzliche Schuldengrenze erreicht hat und eine Anhebung bis Oktober oder November dauern könnte, stehen dem Markt ohnehin deutlich weniger kurz laufende Anleihen als Sicherheiten zur Verfügung. Im schlimmsten Fall könnte dieser Mangel an Sicherheiten bedeuten, dass die Liquidität auf dem US-Finanzmarkt austrocknet, weil kurzfristige Finanzierungsgeschäfte mangels Sicherheiten nicht mehr durchgeführt werden können.
Durch die Reverse-Repo-Geschäfte gibt die Fed dem Markt zwar die Sicherheiten in Form kurzlaufender US-Staatsanleihen wieder zurück, allerdings immer nur temporär für einen Tag. Die zurückgegebenen Anleihen eignen sich nicht als Sicherheiten für einen Großteil der Geschäfte auf dem US-Finanzmarkt.
Der Mangel an Sicherheiten könnte auch erklären, warum die Renditen von US-Staatsanleihen trotz steigender Inflation seit Jahresbeginn gesunken sind. Banken und andere Marktteilnehmer kaufen die Staatsanleihen nicht, weil sie es für ein gutes Geschäft halten, Geld bei negativem Realzins in Staatspapieren zu parken. Sie kaufen die Anleihen, weil sie diese für andere Geschäfte benötigen. Und weil die Staatsanleihen im Funktionieren des Finanzsystems eine so bedeutende Rolle spielen, sind die Banken angesichts des aktuellen Mangels auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen, was sich in sinkenden Renditen äußert.
Durch die Krisen-Interventionspolitik der Fed ist im US-Finanzsystem einiges aus den Fugen geraten. Es bleibt abzuwarten, ob die Fed ihre Geldpolitik normalisieren kann, ohne in der Zwischenzeit für größere Verwerfungen zu sorgen.
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