Kommentar
11:25 Uhr, 10.12.2015

US-Dollar: Aufwertung am Ende?

Der US-Dollar kann auch fallen. Keiner hat mehr daran geglaubt, doch als die EZB vergangenen Woche ihre geldpolitische Lockerung nicht wesentlich ausdehnte, verlor der Dollar auf einen Schlag 3%. Ist dies der Anfang vom Ende der Dollaraufwertung?

Die Politik der EZB hat den Bürgern der Euroländer alles andere als nur Freude gebracht. Nachdem der Euro viele Jahre lang stabil aufwertete, erschien das Ausland recht günstig. Damit ist nun erst einmal Schluss. Der Euro hat gegenüber den Hauptwährungen deutlich an Wert verloren. Gegenüber der wichtigsten Währung weltweit, dem US-Dollar, beträgt der Wertverlust seit dem relativen Hoch Mitte 2014 rund 20%.

Das macht den Einkauf bzw. Urlaub im Ausland teurer. Wenn man allerdings einen kaufkraftbereinigten Wechselkurs betrachtet, dann hat die Notenbankpolitik nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Grafik 1 zeigt den kaufkraftbereinigten Wechselkurs des Euro bzw. früher der D-Mark gegenüber dem Dollar. Der Euro zeigt seit Jahrzehnten einen Aufwärtstrend. Der Rückgang seit 2011 ist zu erkennen, aber noch nicht beunruhigend.

Der geringe Einfluss des nominalen Wechselkurses auf die Kaufkraft (wie von der OECD berechnet) ist vor allem damit zu erklären, dass die meisten Euroländer wenig vom Import abhängig sind. Würde die Eurozone stark vom Import von überlebenswichtigen Gütern abhängen, sähe die Sache ganz anders aus. Der kaufkraftbereinigte Wechselkurs wird berechnet, indem Warenkörbe miteinander verglichen werden. Beinhaltet dieser Warenkorb so gut wie keine Importgüter, dann spielt der nominale Wechselkurs kaum eine Rolle.

Komplett ohne Importe kommt der Warenkorb nicht aus, weshalb auch der nominale Wechselkurs eine kleine Rolle spielt. Im Vergleich zu der Abwertung des Euro ist die reale Abwertung jedoch überschaubar. Was Anleger und auch die Bürger interessiert ist natürlich trotzdem, ob der Euro nominal weiter abwertet. Das hängt letztlich vom weiteren Verlauf der Notenbankpolitik ab.

Der sprunghafte Anstieg des Euro nach dem EZB Zinsentscheid vor einer Woche zeigt zwei Dinge. Einerseits waren viele Anleger falsch positioniert, andererseits dürfte die divergierende Notenbankpolitik inzwischen eingepreist sein. Rein fundamental ist der Euro trotz niedriger Zinsen inzwischen recht günstig. Die Handelsbilanz – stark positiv – sollte eigentlich für Aufwertung sorgen. Die Zinsen wirken dem bisher entgegen.

Der Euro wird höchstwahrscheinlich nur neue Tiefs sehen, wenn die EZB im kommenden Jahr doch noch substantielle, neue Maßnahmen beschließt oder die US Notenbank die Zinsen sehr viel schneller anhebt als erwartet. Letzteres ist kaum zu erwarten. Die meisten US Notenbanker wollen jetzt erst einmal die erste Zinsanhebung über die Bühne bringen und dann abwarten. Vor Ende 2016 sieht der US Leitzins wohl kaum die 1%-Marke von oben.
Die Zinsdifferenz zwischen der Eurozone und den USA ist mehr als eingepreist. Gleichzeitig steigt der Handelsbilanzüberschuss. Beides sind Faktoren, die für ein Ende der Abwertung sprechen. Für ein Ende der Aufwertung des Dollars sprechen die gleichen Argumente, zuzüglich der Tatsache, dass die USA ein chronisches Handelsbilanzdefizit haben, welches gerade neue Rekorde aufstellt (exkl. Öl).

Grafik 2 zeigt die nominale und reale Wechselkursentwicklung des Euro und des Dollars gegenüber einem Währungskorb. Der Euro befindet sich nach dem Überschießen seiner jahrzehntelangen Range wieder innerhalb des Handelsbandes. Man kann ein Überschießen nach unten wie im Jahr 2000 nicht ausschließen, doch dies sollte nur ein zeitlich begrenztes Phänomen sein.

Der Dollar ist inzwischen nicht nur fundamental überbewertet, auch technisch lässt sich eine Trendwende begründen. Grafik 3 zeigt den nominalen und realen Dollarwert gegenüber einem Währungskorb. Der große abwärts gerichtete Trend des nominalen Kurses seit 1983 ist bisher noch nicht nachhaltig überwunden worden. Auf realer Basis deutet sich ebenfalls ein Widerstand an. Das vergangene Hoch aus dem Jahr 2002 wurde noch nicht überwunden.
Der Dollarwechselkurs zeigt, dass sich der Dollar in langen Zyklen bewegt. Bisher wurden 3 dieser Zyklen durchlaufen. Bisher lag die zeitliche Ausdehnung der Auf- und Abwertung immer sehr nach beieinander. Die Dollaraufwertung läuft nun schon eine ganze Weile, auch wenn sie erst 2014 durch die Maßnahmen der EZB so richtig an Fahrt aufgenommen hat. Dennoch: sind die vergangenen Zyklen ein Maßstab für die Zukunft, dann findet die Dollaraufwertung bald ein Ende.

Das Ende des Trends auf den Tag genau zu bestimmen ist unmöglich. Vielmehr muss man sich damit begnügen, dass die Dollaraufwertung wohl im Jahr 2016 ein Ende finden wird. Anleger sollten das engmaschig verfolgen. Beginnt die Dollarabwertung, dann ist das der Anfang eines mehrjährigen Trends, der viel Performance verspricht. Oftmals ist es so, dass Anleger und Investoren die großen Makrotrends erst erkennen, wenn sie zur Hälfte durch sind.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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