Kommentar
08:12 Uhr, 01.06.2015

US-BIP: Alles halb so wild

Die erste Schätzung des Wirtschaftswachstum für das erste Quartal war noch mit 0,2% positiv. Die zweite Schätzung sagte: -0,7%. Ein anderer Maßstab sagt: +0,3%. Was ist es denn nun?

Im Vorfeld der kürzlich veröffentlichten Schätzung des Wachstums im ersten Quartal war bereits zu erwarten, dass die erste Schätzung nach unten revidiert werden würde. Das war klar als die Daten zum internationalen Handel bekannt gegeben wurden. Die Exporte gingen im ersten Quartal stark zurück während die Importe anstiegen. Da sich die Wirtschaftsleistung aus Konsumausgaben, Investitionen, Staatsausgaben und Nettoexporten berechnet, war evident, dass es negatives Wachstum geben würde.

Durch die höheren Importe und geringeren Exporte wurde der negative Beitrag aus den Nettoexporten (Exporte minus Importe) größer als zunächst angenommen. Nachdem der Konsum kaum noch wuchs, die Staatsausgaben stabil waren und die Unternehmen eher weniger als mehr investierten war abzusehen wie niedrig das Wachstum sein würde. Viele hatten mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von einem Prozent gerechnet. Tatsächlich lag das Minus nun bei 0,7%.

In einigen Wochen kommt noch eine dritte Schätzung heraus. Diese sollte dann das endgültige Ergebnis darstellen. Für gewöhnlich sind die zweite und dritte Schätzung schon relativ nah beieinander.

Wie man es dreht und wendet, das BIP ist in den USA im ersten Quartal geschrumpft. Oder nicht? Betrachtet man das GDI (Gross Domestic Income), dann ist die US Wirtschaft im ersten Quartal doch noch mit 0,3% gewachsen.

Das GDI und BIP (GDP - Gross Domestic Product) sollten eigentlich den gleichen Wert haben. Im Einzelfall kommt es zu Abweichungen wie z.B. im vergangenen Quartal. Die Abweichungen kommen aus der unterschiedlichen Berechnung von GDI und GDP. Das BIP wird anhand der Ausgaben berechnet. Es werden Konsumausgaben mit Staatsausgaben und Investitionsausgaben zusammengezählt. Hinzu kommen dann noch die Nettoexporte. Das GDI berechnet sich nicht aus den Ausgaben, sondern aus den Einnahmen. Die Einnahmen beinhalten alle Löhne und Gehälter, die Unternehmensgewinne und Steuern. Abgezogen werden Subventionen.

Langfristig müssen beide Werte gleich sein. Es geht ja nicht, dass die Wirtschaftsleistung laut BIP größer ist als die Einnahmen. Das würde überhaupt keinen Sinn machen. Nachdem sich das BIP aus Ausgaben zusammensetzt kann es langfristig nicht sein, dass die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Natürlich gibt es Schulden, aber diese werden für gewöhnlich aufgenommen, um etwas zu kaufen, also auszugeben.

Jetzt ist für das erste Quartal das GDP geschrumpft und das GDI gewachsen. Wer hat Recht? Das weiß keiner so genau. Gewisse statistische Diskrepanzen mitteln sich teils erst deutlich später aus.

Was sagt uns das jetzt? - Man sollte sicherlich nicht das BIP als absolute und unumstößliche Wahrheit wahrnehmen. Die Berechnung des BIPs auf Quartalsbasis ist fehleranfällig. Das zeigen schon allein die großen Diskrepanzen von der ersten zur zweiten Schätzung. Das BIP gibt natürlich trotzdem eine Tendenz an, die von den meisten beachtet wird. Die Tendenz ist jedoch alles andere als klar. Als Anleger sollte man sich von einem Quartalswachstum nicht zu sehr verunsichern lassen, schließlich könnte die Wirtschaft auch gewachsen sein, obwohl das BIP etwas anderes angibt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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