Unsicherheit erfordert Selektivität
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New York (GodmodeTrader.de) - Das neue Jahr bietet gegensätzliche Perspektiven auf das globale Makroumfeld, angefangen mit einem Höhenflug an den Märkten und Befürchtungen an der politischen Front, wie Andrew Wilson, CEO für EMEA und Co-Head des Global Fixed Income und Liquidity Management Teams bei Goldman Sachs Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Zu diesem ungewissen, kritischen Zeitpunkt sind seine Hauptüberzeugungen, dass:
1) die US-Wirtschaft das größte Potenzial aufweist, ihre Position 2017 zu stärken
2) die Divergenzen gravierende Ausmaße erreichen, was zu einer erheblichen Neubewertung auf den Zinsmärkten führen wird und
3) die Volatilität noch weiter steigen dürfte.
„Unserer Ansicht nach deuten diese Entwicklungen auf mehr Chancen zur Alpha-Generierung in den kommenden Monaten hin, obwohl sich die direktionalen Risiken erhöht haben“, so Wilson.
Der politische Ausblick in den USA sei reflationär, worauf die weltweiten Zinssätze entsprechend reagiert hätten. Die animalischen Instinkte – womit John Maynard Keynes das für Wachstum ausschlaggebende Anlegervertrauen bezeichne – hätten seit der Wahl im November kräftig zugelegt und so könnte in den ersten Tagen der Trump-Administration die Stimmung einen größeren Einfluss haben als die tatsächliche Politik. Eine Agenda der fiskalischen Expansion, der Deregulierung und des möglichen Handelsprotektionismus berge zusammen mit einer sich verringernden Produktionslücke die Gefahr, dass die US-Inflation weiter steigen werde. Er tendiere zu einer Untergewichtung von US-Zinsen und staatlichen Hypothekenanleihen und bevorzugten den US-Dollar und inflationsgebundene Wertpapiere, heißt es weiter.
„Die kommenden Monate werden mehr Klarheit über die Prioritäten der neuen Regierung verschaffen. Wir erwarten ein starkes Engagement in puncto Steuerreform, die mit einem sinkenden Körperschaftsteuersatz einhergeht. Angesichts der Abneigung der republikanischen Führungsspitze gegenüber der Staatsverschuldung kann es jedoch sein, dass Infrastrukturausgaben auf nach 2017 verschoben werden und erheblich hinter den in der Kampagne geweckten Erwartungen zurückbleiben“, so Wilson.
Die geplante regulatorische Rolle rückwärts – d.h. die Rücknahme bestehender Vorschriften einschließlich der Außerkraftsetzung von Finanz- und Umweltgesetzen – habe in der Finanz- und Energiebranche bereits Rallyes angefeuert. Er denke, dass die Abwicklung mehr Zeit in Anspruch nehmen könne, als manche erwarteten, obgleich selbst ein Aufschub der neuen Regeln Inlandsinvestitionen stützten könnte, heißt es weiter.
„Inmitten der Rallyes von Risikoaktiva sind die möglichen Nachteile einer Trump-Präsidentschaft noch abzuwarten– zumindest außerhalb Mexikos. Während wir vorerst wachsam sind, was die sich zuspitzenden politischen Risiken angeht, könnten die Vorteile einer erstarkenden US-Wirtschaft unserer Meinung nach jedoch einige dieser Bedenken ausgleichen. Wir sehen nach wie vor Wert im mexikanischen Peso, da die Währung angesichts der Wachstumsaussichten des Landes unterbewertet ist“, so Wilson.
Die unterschiedlichen Ausgestaltungen der Geldpolitik begünstigten Extreme. Angesichts der Wahrscheinlichkeit eines Konjunkturprogramms sei damit zu rechnen, dass die US-Notenbank die Zinssätze 2017 dreimal anheben werde, sofern sich die Finanzbedingungen nicht zu sehr verschärften. Die Zentralbanken in Europa und Japan würden wahrscheinlich weiterhin nach Möglichkeiten suchen, ihre Lockerungsprogramme zu verlängern. Er gehe folglich davon aus, dass wir mehr Chancen in der Divergenz von US-amerikanischen und europäischen Zinssätzen sehen würden, auch wenn die Nachfrage nach höher rentierenden US-Vermögenswerten den Unterschied begrenzen könnte, heißt es weiter.
„Wir befinden uns in einem günstigen Umfeld für Risikoaktiva, doch denken wir, dass die Risiken ausgewogen sind. Die Märkte haben einen Großteil der positiven Wachstumsaussichten eingepreist und stehen noch immer vor der Herausforderung steigender Zinssätze. Wir sehen selektive Chancen in den Schwellenländern, da sie sich unserer Ansicht nach kaum vom anziehenden US- und Weltwirtschaftswachstum abkoppeln werden. Darüber hinaus sehen wir Wertpotenzial im Bereich der Unternehmenskredite, obwohl wir uns in dieser späten Phase des Zyklus vor einem Anstieg der Zahlungsausfälle in Acht nehmen“, so Wilson.
Die entsprechende Normalisierung der Zinssätze sollte das Wirtschaftswachstum und – von einer Anlageperspektive aus – die Alpha-Generierung begünstigen. Sollten die Zinsen steigen, um das verstärkte Wachstum und die höheren Inflationserwartungen im Zeitablauf widerzuspiegeln, werde die sich daraus ergebende steilere Zinskurve zu einem positiven Wirtschaftszyklus beitragen. Außerdem sehe er mehr Renditechancen, wenn die Bewertungen wieder mehr auf traditionelle Marktimpulse reagierten und Volatilitäten unterlägen, als wenn sie von der Politik der Zentralbanken abhingen. In diesem Umfeld tendiere er zu einer Untergewichtung von Staatsanleihen und staatlichen Hypothekenanleihen und bevorzuge inflationsgeschützte Wertpapiere. Er sehe zudem weitere Chancen für Relative-Value-Trades auf Zins- und Devisenmärkten, die mit unseren Erwartungen einer Divergenz der Wachstums- und Finanzbedingungen in den entwickelten Volkswirtschaften im Einklang stünden, heißt es weiter.
„In der durch politische Unsicherheit bedingten Volatilität sehen wir sowohl Risiken als auch Chancen. In der ersten Jahreshälfte finden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und eventuell auch Italien statt, gefolgt von Deutschland in der zweiten Jahreshälfte. Wir denken, dass diese politischen Risiken auf den europäischen Märkten, die durch die geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der EZB ruhig gestellt wurden, unterbewertet sind. Obwohl wir kurzfristig mit keiner Krise rechnen, haben die Risiken bezüglich der Stabilität der EU unsere Relative-Value-Trades auf den Kern- und Peripheriemärkten für Staatsanleihen wieder erstarken lassen und wir halten Ausschau nach französischen Renditen, die gegenüber ihren deutschen Gegenstücken steigen dürften“, so Wilson.
Die in den letzten Monaten erfolgte Stabilisierung der Wirtschaftsaktivität und schnelle politische Reaktionen auf Anzeichen einer Abschwächung hätten dabei geholfen, die Befürchtungen über eine kurz bevorstehende Krise in China zu zerstreuen. Allerdings sehe er großes Potenzial für politische Fehltritte in dem Bestreben, die Stabilität bis zum Führungswechsel im November 2017 aufrechtzuerhalten, heißt es weiter.
„Die politischen Entscheidungsträger vertrauen nach wie vor darauf, dass das Wachstum neben dem bestehenden, nicht haltbaren Tempo von Krediterweiterungen gestützt wird. Darüber hinaus tun sie sich auch weiterhin damit schwer, die konkurrierenden Ziele einer Öffnung des Kapitalverkehrs, einer Beibehaltung der Währungsstabilität und der Notwendigkeit niedrigerer Zinssätze in Einklang zu bringen. Somit sehen wir auch weiterhin Potential in der Kreditabsicherung in China sowie für erhöhte Volatilität aus den Handels- und außenpolitischen Spannungen mit den USA“, so Wilson.
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