Kommentar
10:30 Uhr, 24.05.2016

Und wieder ist nichts passiert!

Die Finanzminister und Notenbanken der G7 Staaten tagten am 20. und 21. Mai in Japan. Was kam dabei heraus? – Nichts.

Im Vorfeld des Treffens hatte Japan dem Markt mehrfach angedroht den Yen durch Interventionen zu schwächen. In den USA stieß dies auf vollkommenes Unverständnis. Japan reagierte darauf nur indirekt, indem es beteuerte, keine Abwertung durchzuführen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Bei diesem Hin und Her fragt man sich schon, was nun Sache ist. Einerseits werden Interventionen angekündigt, andererseits wird beteuert, dass man keine wettbewerbsfördernde Abwertung herbeiführen will. Beides geht nicht. Jede Abwertung verzerrt den Wettbewerb letztlich in eine bestimmte Richtung.

Der Teufel steckt im Detail. Staaten können auf dem Devisenmarkt intervenieren. Dafür brauchen sie keine Erlaubnis anderer Staaten. Der politische und wirtschaftliche Druck anderer Staaten kann natürlich im Endeffekt Interventionen verhindern. Damit es nicht zu Sanktionen, einem Währungskrieg oder Strafzöllen kommt, haben sich die Staaten darauf geeinigt, dass Interventionen nur erlaubt sind, wenn sich die Währungen signifikant und „unnatürlich“ bewegen.

In diesem Punkt sind sich alle einig. Doch was bedeutet signifikant und unnatürlich? Japan ist der Ansicht, dass sie Aufwertung des Yens in den letzten Wochen alles andere als natürlich und ordentlich war. Die USA sehen das anders. Es gab keinen Schock, der den Wechselkurs verzerrt hat. Das war z.B. 2011 nach dem Erdbeben der Fall. Damals intervenierten mehrere Notenbanken gemeinsam zugunsten des Yen, um eine zu rasche Aufwertung zu verhindern.

In den letzten Wochen oder Monaten gab es keinen Schock, der offensichtlich den Yen aufwerten ließ. Es handelte sich also nach US-Definition um eine ganz normale Bewegung des Yens. Japan sieht das anders und bezeichnet die Aufwertung als spekulativ und unangemessen.

Einer – entweder Japan oder die USA – haben Unrecht. Bei dem Treffen der Notenbanker und Finanzminister konnte man sich nicht darauf einigen, was nun gilt. Die Fronten bleiben also verhärtet. Japan sieht eine Rechtfertigung für Interventionen, die USA sehen diese nicht.

Sollte Japan tatsächlich auf dem Währungsmarkt intervenieren, dann tun sie es isoliert und ohne Unterstützung oder Verständnis der anderen Staaten. Japan muss sich sehr genau überlegen, ob sie diesen Schritt wirklich gehen wollen. Bereits jetzt ist das Land auf der Liste der möglichen Währungsmanipulatoren des US-Finanzministeriums.

Interveniert die japanische Notenbank nun direkt auf dem Devisenmarkt, dann ist das gleichbedeutend mit einer offenen Konfrontation mit den USA. Das kann nicht gut enden. Bisher störte eine solche Konfrontation Japan noch nie. Dieses Mal könnte es anders sein, da die USA ohnehin um ihre Industrie fürchten. Japan bleibt nur der Ausweg über weitere geldpolitische Lockerungen. Doch ob die Notenbank hier noch etwas tun will und kann, ist offen.

Der Yen war natürlich nicht das einzige Streitthema, denn nach wie vor steht ein koordiniertes, weltweites Konjunkturpaket im Raum. Die USA und Japan ziehen hier ausnahmsweise am gleichen Strang. Sie fordern mehr staatliche Ausgaben, um die Nachfrage zu beleben.

Weltweit ist das Wirtschaftswachstum moderat. Es gibt zu viel Angebot und zu wenig Nachfrage. Wenn das Überangebot nicht durch private Nachfrage abgeschöpft wird, dann müssen es Regierungen tun – so die Argumentation. Die meisten Länder sind sich in diesem Punkt einig. Deutschland schert jedoch aus der Reihe.

Das deutsche Finanzministerium betont, dass staatliche Nachfrage nur einen kurzfristigen Effekt hat und das Problem nicht löst. Langfristig verschärft es das Problem, da die Welt ohnehin schon überschuldet ist. Ein Strohfeuer durch ein Konjunkturprogramm bringt die Welt nicht weiter.

Deutschland lehnt nicht jegliche staatliche Nachfrage ab, sondern schlägt vor, sich auf nachhaltige Investitionen zu besinnen. Das klingt gut, doch anscheinend kann das niemand umsetzen – auch Deutschland nicht. Man fragt sich in solchen Momenten immer wieder, was die tausenden Angestellten der Ministerien tun. Wenn seit Jahren gefordert wird, dass Staaten hochqualitative Investitionen tätigen und nicht nur eine Autobahn bauen, um Menschen zu beschäftigen, dann sollte sich doch da inzwischen mal jemand Gedanken gemacht haben...

Seit Beginn der globalen Wachstumskrise sind inzwischen Jahre vergangen. In diesen Jahren hätten Regierungen ausgetüftelte Investitionsprogramme entwerfen können, die das Infrastrukturproblem lösen und nachhaltig Mehrwert schaffen. Anscheinend hat das bisher kein einziger Staat getan. Stattdessen wird gefordert und zurückgewiesen. So wird das nichts.

Der G7 Gipfel der Finanzminister war wieder einmal ernüchternd. Entschlossenheit: Fehlanzeige. Vision: Gibt es nicht. Einigkeit: Was ist das? – War doch irgendwie klar!

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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