Fundamentale Nachricht
13:47 Uhr, 19.10.2017

Um Chinas Wirtschaft müssen wir uns keine Sorgen machen - oder doch?

Die Wirtschaft in China bleibt weiter auf robustem Wachstumskurs. Doch der Zuwachs ist zum Teil erkauft. Ökonomen führten das kräftige Wachstum auf die anhaltend hohe Kreditvergabe zurück, durch die der Bausektor einen Boom erlebe und viele Staatsbetriebe künstlich am Leben gehalten würden.

Peking (Godmode-Trader.de) - Wenn das kein Grund zum Feiern auf dem laufenden 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas ist: Von Juli bis September ist die chinesische Wirtschaft im Quartalsvergleich um 6,8 Prozent gewachsen, wie das nationale Statistikbüro am Donnerstag in Peking mitteilte. Die Erwartungen von Ökonomen wurde erfüllt, die der Regierung sogar deutlich übertroffen. Peking strebt ein Wachstum von rund 6,5 Prozent im Gesamtjahr an.

Die Reaktionen waren einhellig: „Derzeit braucht man sich um das chinesische Wachstum nicht zu sorgen“, konstatierte der Chefvolkswirt von der VP Bank aus Liechtenstein, Thomas Gitzel. China profitiere von der hohen globalen Konjunkturdynamik, wie vom robusten Binnenkonsum. Dieses Bild wird auch von den robusten Einkaufsmanagerindizes unterstützt wird“, führte die NordLB aus.

Ökonomen führten das kräftige Wachstum aber auf die weiterhin hohe Kreditvergabe zurück, durch die der Bausektor getrieben werde und viele Staatsbetriebe künstlich am Leben gehalten würden. Zuletzt warnte der Internationale Währungsfonds in einem Länderbericht, dass die Volksrepublik das stärker als erwartete Wachstum nach wie vor durch höhere Schulden erkaufe. Dies könne in Zukunft zu einem starken Abschwung führen. „Die Regierung hat sich entschieden, dass ihr ein stabiles Wachstum derzeit wichtiger ist, als die Entschuldung voranzutreiben“, kommentierte Christopher Balding von der HSBC Business School in Shenzhen. China habe zwar versprochen, Maßnahmen gegen die hohen Schulden zu ergreifen. Die realen Taten belegten aber etwas ganz anderes. Auch Chefvolkswirt Gitzel wies auf die Gefahren der starken Verschuldung hin: Die Dynamik des Schuldenaufbaus nehme unheilvolle Dimensionen an.

Noch haben die Experten Hoffnung auf Besserung. "Mit den positiven Vorgaben dürften nun genügend Reserven da sein, um das problematische Kreditwachstum und das Schattenbankensystem durch dringend nötige Maßnahmen anzugehen. Dies sollte aber zu einem etwas geringeren Wirtschaftswachstum führen", urteilte die NordLB.

Nebenbei veröffentlichte das Statistikamt weitere Konjunkturdaten. Sowohl die Einzelhandelsdaten, als auch die Industrieproduktion überraschten jeweils für den Berichtsmonat September. Im September war bei der Industrieproduktion ein Plus von 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angelaufen. Im August hatte die Wachstumsrate nur bei 6,0 Prozent gelegen. Eine ähnlich positive Entwicklung zeigte sich auch im Einzelhandel. Hier legte der Umsatz im Jahresvergleich um 10,3 Prozent und damit etwas stärker als zuletzt zu. Volkswirte hatten im Mittel nur einen September-Anstieg um 10,2 Prozent erwartet.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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