Kommentar
20:32 Uhr, 24.10.2017

Überraschung: Sentiment-Indikator zeigt schlechte Stimmung an!

Privatanleger haben sich selbst lange Zeit in die Irre geführt. Das ist jetzt vorbei – denn sie wurden entlarvt.

Jeder Investor und Anleger weiß, dass man kaufen soll, wenn die Stimmung schlecht ist. Verkaufen soll man, wenn die Stimmung besonders gut ist. Seit Monaten stellt sich die Frage, was uns die Stimmung eigentlich sagt. Die einen sehen überhaupt keinen Optimismus, die anderen (dazu gehöre ich) denken, dass viel mehr Euphorie im Markt steckt, als auf den ersten Blick sichtbar ist.

Wenn davon die Rede ist, dass Privatanleger nicht optimistisch sind, beziehen sich Analysten häufig auf das AAII Sentiment (American Association of Individual Investors). Wie der Name schon sagt, geht es hier um Privatanleger und nicht um professionelle Investmentmanager. Die wöchentliche Umfrage ist somit eigentlich das perfekte Instrument, um die Stimmungslage der Privat- und Kleinanleger abzufangen.

Grafik 1 zeigt das bullische Sentiment im mehrwöchigen Durchschnitt. Das Sentiment kann von Woche zu Woche stark schwanken. Eine Betrachtung über längere Perioden glättet das Ergebnis. Dabei verliert es an Extremen, doch die Grundtendenz bleibt erhalten. Und es zeigt sich tatsächlich: Die Stimmung ist nicht wirklich gut. Sie ist sogar fast schon schlecht.

Das bullische Sentiment liegt unterhalb des langfristigen Durchschnitts und ist ähnlich hoch wie das bärische Sentiment. Es gibt also keine Spur von Optimismus. Persönlich glaube ich das nicht. Ich weigere mich einfach. Für mich sind die Kurse auf Euphorie-Niveau, egal was das AAII Sentiment sagt.

Das ist alles bisher nur ein Gefühl gewesen. Beweisen konnte ich es nicht. Beweisen kann man Sentiment ohnehin nicht wirklich. Nun bin ich über die Konsumentenbefragung der Universität Michigan gestolpert. Das Uni Michigan Konsumentenvertrauen kennt praktisch jeder. Es wird aber sehr viel mehr an Daten erhoben als nur das allgemeine Sentiment.

Einer der Subindizes fragt danach, ob Konsumenten den Aktienmarkt in einem Jahr höher sehen oder nicht. Fast zwei Drittel aller Konsumenten sieht steigende Kurse. Das ist der höchste je gemessene Wert. Die Datenreihe gibt es erst seit 2002, doch das macht das Resultat nicht weniger bemerkenswert. Es ist mehr Euphorie im Markt als 2007. Damals war die Stimmung bombig. Aktien stiegen und Immobilien machten jeden reich. Was will man mehr!

Ich vertraue dem Uni Michigan Indikator mehr als dem AAII Sentiment. Der Vergleich zum S&P 500 zeigt glasklar, was die höhere Korrelation aufweist. Nach dem AAII Sentiment hätte man Aktien zum Beispiel 2004 bereits verkaufen sollen, wenn man die Stimmung als Kontraindikator interpretiert. Gekauft hätte man dann unter anderem kurz vor dem Lehman-Crash.

Das AAII Sentiment hat einen unbegründet guten Ruf. Weder spiegelt es das Marktgeschehen wider, noch taugt es besonders gut als Kontraindikator. Ob sich langfristig der Uni Michigan Index besser schlägt, wird man sehen. Die positive Einstellung der Konsumenten deutet jedoch darauf hin, dass die breite Masse so langsam auf den Zug aufgesprungen ist. Normalerweise ist das Hoch dann nicht mehr weit entfernt.

Clemens Schmale

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12 Kommentare

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  • thomas84
    thomas84

    Nikkei heute Abend 21382 ?

    11:29 Uhr, 25.10. 2017
  • thomas84
    thomas84

    handelt den Nikkei das ist das ehrlichste Instrument und leicht zu handeln jetzt short bis unter 20000 :-) 21800 - 19995

    10:40 Uhr, 25.10. 2017
  • agnostika
    agnostika

    @Herrn Schmale: Der Michigan Sentiment ist eine Befragung von 500 (!) Konsumenten. Die kann ich auswählen, wie ich will, dass kann rein statistisch / mathematisch nicht repräsentativ sein für eine heterogene Gesellschaft wie die USA mit ca. 323 Millionen Einwohnern.

    Zitat wikipedia
    Der University of Michigan Consumer Sentiment Index (MCSI) gilt als Frühindikator der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA. Zur Berechnung werden 500 repräsentativ ausgewählte Konsumenten zu ihren persönlichen Finanzen, allgemeinem Geschäftsklima und ihren Konsumplanungen, insbesondere der Anschaffungsneigung langlebiger Konsumgüter, befragt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/University_of_Michig...

    Zum Thema Stimmungsindikatoren allgemein: Man melde sich doch bitte mal bei sentix an und beantwortet ein halbes Jahr lang die wöchentlichen Fragebogen. Entweder sie geben irgendwann mal "neutral/keine Meinung" an bei z.B. chinesischen Aktien oder sie geben Quatsch ein, bis sie endlich 4 Seiten durch haben, um zum Ende zu gelangen und Daten zu senden. Somit trägt allein die Form der Befragung leider nicht dazu bei, ihre echten Präferenzen zu enthüllen.

    23:10 Uhr, 24.10. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Ich bin auch Ihrer Meinung, aber wenn man sich beim zweiten Bild den Zeitraum von 2004-2008 anschaut, ging das Sentiment zwischendurch runter und bis 2008 tendenziell hoch, aber auch mit dem Kurs ging es zwischendurch nur moderat runter und dann tendenziell weiter hoch. So in der Art erwarte ich das wieder.

    21:35 Uhr, 24.10. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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