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13:50 Uhr, 01.04.2019

Türkische Wähler erteilen Erdogan eine kleine Abfuhr

Erdogan stand bei den Kommunalwahlen in der Türkei nicht zur Wahl. Er sah darin dennoch ein Referendum über seine Politik. Das Ergebnis dürfte ihn ernüchtern.

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Istanbul (Godmode-Trader.de) - Bei den Kommunalwahlen in der Türkei hat die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan zwar landesweit rund 45 Prozent aller ausgezählten Stimmen einstreichen können - und seine AKP blieb die stärkste Partei. Der drohende Verlust der beiden wichtigsten Großstädte des Landes, Ankara und Istanbul, die jahrzehntelang AKP-regiert waren, wäre aber eine schwere Niederlage für den machtbewussten Politiker.

Die Wahlbehörde YSK hatte am Sonntagabend um kurz nach 23.00 Uhr Ortszeit keine Wahlergebnisse mehr veröffentlicht. Da waren 91 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die Resultate dürften am heutigen Montag nachgeliefert werden. In Istanbul lagen AKP und Oppositionspartei CHP zum Schluss sehr nahe beieinander, in Ankara hat der nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu der Kandidat der Oppositionspartei CHP, Mansur Yavas, bei mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können.
Die Verluste der AKP waren auch eine zu erwartende Reaktion auf die miserable Lage des Landes. Die Wirtschaft ist in die Rezession gerutscht, die Kapitalflucht verstärkt die Währungskrise, die Auslandsverschuldung steigt ins Unermessliche. Die Zahl der Arbeitslosen stieg innerhalb eines Jahres um rund eine Million und die Inflation um rund 20 Prozent.

Obwohl Erdogan gar nicht selbst zur Wahl stand, hatte er täglich mehrere Wahlkampfauftritte im ganzen Land absolviert. Die Wahl hatte er zu einem „Kampf um Fortbestand oder Niedergang des Landes“ deklariert. Am Wahlabend äußerte er sich etwas kleinlauter. „Wir müssen akzeptieren, dass wir da, wo wir gewonnen haben, die Herzen unseres Volkes erobert haben, und da, wo wir verloren haben, nicht erfolgreich genug waren.“

„Die gestrigen Kommunalwahlen bilden das Ende einer langen Reihe von Wahlkämpfen. Anlegern gibt das Anlass zu hoffen, dass der Fokus bis zu den nächsten, für 2023 geplanten Wahlen wieder auf den dringend notwendigen Wirtschaftsreformen liegen wird“, kommentierte Magdalena Polan, Senior Economist bei Legal & General Investment Management (LGIM). „Dazu zählen ihrer Meinung nach insbesondere Maßnahmen, die Einschränkungen bei der Lockerung der Geldpolitik wie dem hohen Bestand an Unternehmenskrediten in Fremdwährungen, dem schnellen Niederschlag von Wechselkursschwankungen in der Inflationsrate sowie niedrigen Fremdwährungsreserven entgegenwirken und mehr Quellen für Wirtschaftswachstum erschließen“, sagte Polan.

Die hohen Zinsen dürften die türkische Lira vorerst stützen, erwartet die Expertin. Langfristig aber würden Fortschritte bei den Reformen zur Stabilisierung der Währung beitragen und es der Zentralbank ermöglichen, die Zinsen zu senken, um den nötigen Schuldenabbau verträglicher zu gestalten und den Aufschwung zu beschleunigen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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