Kommentar
15:31 Uhr, 10.07.2019

Tschüß Bargeld - Willkommen Libra

Kennen Sie die Währung Libra? Vermutlich noch nicht, aber ich bin mir sicher, das wird sich bald ändern. Denn die globale Datenkrake Facebook will in den weltweiten Zahlungsverkehr einsteigen und plant im kommenden Jahr seine Digitalwährung Libra einzuführen.

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von Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln


Die hauseigene Kryptowährung soll zukünftig von Nutzern für Zahlungen in Facebook, WhatsApp und Instagram genutzt werden. Am 18. Juni veröffentlichte der Konzern sein Whitepaper zum Projekt „Libra“. Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Sofort bildete sich eine Phalanx aus Notenbankern, die vor den Gefahren warnen. Auf einen Schlag könnte Facebook zum größten Finanzdienstleister der Welt werden.

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Wenn nur 100 Millionen der 2,7 Milliarden Facebook-Nutzer mitmachen, hätte die Währung schon mehr Kunden als der gesamte deutsche Bankenmarkt. Facebook wäre damit auf einen Schlag systemrelevant. Dabei denkt der Internet-Konzern bereits viel größer. Facebook schließt sich mit anderen Unternehmen aus verschiedenen Geschäftsfeldern   zu einer Allianz zusammen. Gemeinsam will man die Kryptowährung verwalten. Bereits 28 Mitglieder, das „Who’s Who“ der Zahlungs- und Technologiewelt, sind bereits Teil des Projektes. Darunter sind etablierte Finanzdienstleister wie Visa, Mastercard, Paypal aber auch Vodafone, Ebay, der Musikstreaming-Dienst Spotify und die Fahrdienst-Vermittler Uber und Lyft. Bis zum Start der Währung im Sommer 2020 soll die Allianz mehr als 100 Mitglieder haben.

Eine Bedrohung für das Geschäftsmodell der Banken

Damit stellt Facebook das traditionelle Bankensystem auf den Kopf und bedroht das Geschäftsmodell der Banken. Ziel ist es, eine Infrastruktur bereitzustellen, die es ermöglicht, weltweit Zahlungen schnell, einfach und kostengünstig abzuwickeln. Ein besonderer Vorteil besteht darin, dass die Nutzung der Digitalwährung über Mobiltelefone möglich ist. Vor allem Nutzer in Entwicklungs- oder Schwellenländern werden profitieren. Zurzeit sind weltweit 1,7 Milliarden Erwachsene – fast ein Drittel der Weltbevölkerung – vom Finanzsystem ausgeschlossen und haben keinen Zugriff auf ein Bankkonto. Ein Mobiltelefon besitzen jedoch die meisten. Schätzungen zur Folge könnte mehr als 1 Milliarde Menschen auf der ganzen Welt unkompliziert der Zugang zu Finanzdienstleistungen ermöglicht werden. Ein Bankkonto braucht man dann in Zukunft nicht mehr. Problemlos kann innerhalb der Netzwerke WhatsApp, Facebook oder Instagram Geld überwiesen werden.

Transaktionskosten geraten unter Druck

Vermutlich würden Transaktionsgebühren erheblich sinken. Gerade bei grenzüberschreitenden Transaktionen besteht ein enormes Einsparpotential. Derzeit wird bei solchen Überweisungen oft bis zu zehn Prozent und mehr des Transaktionsvolumens als Gebühren berechnet. Durch Transaktionen innerhalb der bestehenden Infrastruktur des Internetkonzerns werden vermutlich nur noch verschwindend geringe Gebühren anfallen. Darüber hinaus bietet die zugrundeliegende Blockchain-Technologie der Digitalwährung auch die einfache Möglichkeit komplexere Finanzdienstleistungen wie Kredite oder Finanzierungen mobil abzuwickeln. Dabei bietet die zugrundeliegende Libra Blockchain eine beeindruckende Transaktionsgeschwindigkeit von bis zu 1.000 Transaktionen pro Sekunde. Der Besuch einer Bankfiliale wäre dafür überflüssig.

Libra ist als Stable Coin konzipiert

Bisherige Blockchain-Währungen wie Bitcoin sind für ihre massiven Kursschwankungen berüchtigt.

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Um das auszuschließen ist Libra als Stable Coin konzipiert. Diese versprechen – so die deutsche Übersetzung – einen stabilen Wert in digitaler Form. So kann ein Stable Coin, je nach Ausrichtung, entweder für eine bestimmte Menge an Fiatwährungen (US-Dollar, Euro, Japanischer Yen etc.) oder auch für die entsprechende Menge an Rohstoffen (eine Unze Gold, ein Fass Öl etc.) stehen. Damit soll erreicht werden die typischen Kursschwankungen bei Kryptowährungen zu umgehen. Des weiteren ermöglicht ein Stable Coin den schnellen Tausch von einem Krypto-Asset wie Libra in ein traditionelles Asset (zum Beispiel US-Dollar oder Gold), ohne das man das Krypto-Ökosytem verlassen muss. Ein Stable Coin ist eigentlich ein Krypto-Derivat, also die Abbildung von einem Basiswert, wie beispielsweise US-Dollar oder Gold in Form eines Token.

Libra soll in vollem Umfang abgesichert sein

Facebook plant, gemeinsam mit seinen Partnern, Libra in vollem Umfang durch einen Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen abzusichern. Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in den Reservefonds. Aus diesem Grund verlangt Facebook von jedem seiner Konsortialmitglieder eine Einzahlung von zehn Millionen Dollar. Facebook könnte von den geplanten 100 Projektpartnern insgesamt eine Milliarde US-Dollar einnehmen. Dieses Kapital soll zur Hinterlegung des Coins mit realen Vermögensgegenständen verwendet werden. Als Kontrollorgan fungiert die Libra Association. Dort sind alle Partner gleichberechtigt vertreten. Facebook soll dabei einer von vielen sein. Die Libra Association legt fest, in welchem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen in der Reserve gehalten werden, um für einen stabilen Kurs zu sorgen. Auch wird Libra anders als der Bitcoin nicht von den Nutzern selbst erstellt, sondern muss bei Mitgliedern der Allianz oder auf Handelsplattformen erworben werden.

Europa verliert den Anschluss

Die Einführung von Libra wird die Welt der Banken massiv verändern. Viele Dienstleistungen der derzeitigen Platzhirsche werden über Nacht überflüssig. Die Geschäftsmodelle der klassischen Finanzintermediäre sind dadurch massiv bedroht. Entsprechend laut ist der globale Aufschrei. Der Ruf nach strenger Aufsicht und Regulierung eint derzeit Noten- und Geschäftsbanken. Vor allem in Deutschland und Europa laufen Datenschützer Sturm. Leider überwiegen die Bedenkenträger und sorgen damit dafür, das Europa und vor allem Deutschland bei dieser Entwicklung außen vor bleiben. 75 Prozent der Unternehmen und Organisationen, die bislang zu dem Libra-Konsortium gehören, sind in den USA beheimatet. Fast 40 Prozent haben ihre Zentrale in Kalifornien. Alle wichtigen Entscheidungen für die neue Kryptowährung mit globalem Anspruch werden daher vor allem aus der US-Perspektive getroffen. Deutschland steht auch hier an der Seitenlinie.

Bargeld ist letztlich nur bedrucktes Papier

Es ist damit zu rechnen, dass sich bei einem Start die Kryptowährung Libra sehr schnell etablieren wird. Viele bisherige Zahlungswege werden mit hoher Wahrscheinlichkeit verdrängt werden. Seit einem knappen Jahr ist es auch in Deutschland möglich mittels Google Pay oder Apple Pay mobil zu bezahlen. Wer es nutzt, hier spreche ich aus eigener Erfahrung, greift immer seltener zum klassischen Bargeld und will die Vorteile nicht mehr missen. Libra erfüllt die drei gängigen Funktionen des Geldes . Es ist Zahlungsmittel, Tauschmittel und Wertaufbewahrungsmittel. Die Nutzung ist einfach und global einsetzbar. Wer braucht dann noch bedrucktes Papier?


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2 Kommentare

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    Facebook hat sich große Mühe gegeben, die Sache vertrauenswürdig aussehen zu lassen, das ist beeindruckend.

    Bei mir schlägt das allerdings fehl, denn ich sehe, worüber sie nichts sagen:

    - Warum Blockchain? Blockchain macht die Währung nach einer Anzahl Transaktionen immer langsamer. Bei Blockchains um z.B. den Weg eines Diamanten zu verfolgen, kann ich mir vorstellen, daß die Anzahl der Transaktionen nie ein Problem wird. Aber bei einer Facebook-Währung?

    - Wer bezahlt die Infrastruktur? Bei Währungen ist das die Zentralbank, die durch Zinseinnahmen oder die Möglichkeit der Verschuldung Geld einsammelt. Aber hier?

    - Wer verdient an der Sache? Wenn es alles ach so dezentral und verteilt ist, dann ist das Verdienen wohl auch dezent und ordentlich dazu?

    - Wenn die Libra etwas ist wie der Dollar-Index, dann scheint Facebook nicht die entwickelten Länder (Dollar/Euro/Yen/Pfund/Franken Raum) anzuvisieren, sondern die weniger entwickelten Länder. Dort wird man lokale Währung gern gegen die Stabilität und gute Nutzbarkeit der Libra tauschen. Warum sagt Facebook nichts zu diesem offensichtlichen Effekt?

    Es scheint als sei die Libra eigentlich Paypal 2.0, neudeutsch Paypal on Steroids.

    Es geht darum, das gesetzliche Zahlungsmittel in Entwicklungsländern durch die Libra zu ersetzen.

    Das Versprechen ist, auf diese Weise Geldtransaktionen in diesen Ländern auch zwischen entfernten Orten und auch in Nachbarländer instant und vergleichsweise günstig durchführen zu können.

    Das ist wie Macron, der Lagarde in der EZB installiert: Kontrollierst Du die Währung, so kontrollierst Du das ganze Land (frei nach Rothschild). Nur ist Facebook kein Mitglied der Union der Entwicklungsländer und die Länder werden nicht einmal proforma gefragt.

    Und wenn es dann in den Entwicklungsländern funktioniert, dann kommt es in die entwickelten Länder, ganz einfach weil man Rinderhälften, Kupfer, Kaffee oder Gewürze oder sowas dann nur noch in Libra bezahlen kann...

    Das wirklich spannende ist, ob die US Regierung diesen Vorgang als positiv, weil amerikanisch, sieht. Oder ob sie die Gefahr für den Dollar sieht und das ganze abwürgt.

    Denn im Prinzip kann die Libra durch ein ähnliches System, gesponsert von Russland, Türkei, Iran, China, Vietnam und Indien durchaus ersetzt werden (jede einzelne dieser Länder ist für sich vielleicht nicht glaubwürdig, aber ein Konsortium wäre glaubwürdiger als das Libra-Konsortium). Und dann hat der Dollar fertig.

    22:20 Uhr, 10.07.2019
  • hohlraumduebel
    hohlraumduebel

    Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Schlächter selber..

    17:57 Uhr, 10.07.2019

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