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13:57 Uhr, 28.07.2015

Top-Ökonomen fordern staatliches Insolvenzverfahren

Top-Ökonomen in Deutschland plädieren für eine staatliche Insolvenzordnung, um die no-bail-out-Klausel wieder glaubwürdig zu machen

Der Sachverständigenrat hat in seinem heute veröffentlichten Sondergutachten ein staatliches Insolvenzverfahren angeregt. Die Etablierung einer Insolvenzordnung würde die Nicht-Beistandsklausel (no-bail-out) wieder glaubwürdig machen, erklärte Christoph M. Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrates und ergänzte: "Für den Zusammenhalt der Währungsunion müssen wir anerkennen, dass Wähler in Gläubigerstaaten nicht bereit sind, Schuldnerstaaten dauerhaft zu finanzieren."

Der Insolvenzmechanismus wäre nach Ansicht der Ökonomen auch ein wichtiges Instrument zur Krisenprävention: Ähnlich der bereits beschlossenen Gläubigerbeteiligung bei Bankinsolvenzen solle eine Verlustbeteiligung bei Staatspleiten möglich sein. Dies setze für Investoren den Anreiz, die Ausfallrisiken von Staatsanleihen genauer abzuschätzen. Dies würde auch die Gefahr reduzieren, dass Steuerzahler wieder zum einseitigen Vorteil der Anleihegläubiger in die Pflicht genommen würden, wenn ein hoch verschuldetes Land ins Straucheln geriete.

Der Sachverständigenrat hat ferner angemahnt, dass ein dauerhaft unkooperativer Staat den Euro nicht existenziell bedrohen dürfe. Daher müsse der Austritt eines Mitgliedstaates aus der Währungsunion als Ultima Ratio möglich sein.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fordert ebenfalls eine Insolvenzordnung für Staaten. Demnach sollen die betroffenen Länder vor Schuldenerlass und Staatskonkurs ein dreijähriges Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM durchlaufen müssen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es Hilfen nur gegen Reformen und Konsolidierung geben kann. Erst wenn sich die Lage durch die Hilfskredite nicht bessert, soll es nach dem ZEW-Konzept zu Gesprächen mit den Gläubigern über eine Umschuldung kommen.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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