Kommentar
22:00 Uhr, 25.11.2008

The Road to Hell – Teil III – Großteil der Verluste ist vor uns und nicht hinter uns

Erwähnte Instrumente

Vor zwei Monaten waren die meisten Experten der Meinung, dass eine Rezession sehr unwahrscheinlich ist. Ich war damals anderer Meinung und habe (leider) Recht behalten. Die Rezession ist zur Realität geworden und im Moment beschäftigt das Thema „Deflation“ die Märkte.

Mit dieser Scharade sollen die Menschen vom wirklich herannahenden Problem der Hyperinflation abgelenkt werden. Darum überlegen Sie in Zeiten wie diesen gut, worin Sie investieren. Denn der Großteil der Verluste in den Märkten ist vor uns und nicht hinter uns. LINK zu Artikel 1 : The Road to Hell – Wie aus der Finanzkrise eine Wirtschaftskrise wurde

LINK zu Artikel 2 : The Road to Hell – Teil II – Purgatory – das Fegefeuer


Europa steckt mitten in einer Rezession:

So titelte die HVB ihr Freitagspapier vom 14.11.08. Wer meinen Artikel „Road to Hell – Teil II“ vom September gelesen hat weiß, dass sich die Sicht der Ökonomen drastisch gewandelt hat.

Die aktuellen Prognosen der HVB für 2009:

Euroraum real -0,7 % (Probleme in der Industrie, bei Investitionen und Exporten nachfrageseitig)
Deutschland -0,7 %
USA real -0,4 %

Das sind bitte die Prognosen für das Gesamtjahr. Einzelne Quartale werden noch schlechter aussehen.

In diesen Prognosen sind aber viele Risiken noch nicht eingerechnet. Aus meiner Sicht ist das obige Szenario ein absolutes Best-Case-Szenario! Realistische bzw. Worst-Case-Szenarien schauen düsterer aus.

Die Liquiditätsfalle:

Das wesentliche Problem der letzten Jahre wurde durch das Zuschütten der Finanzmärkte mit Liquidität durch die Zentralbanken zugedeckt. In Wahrheit verlangt der Wirtschaftszyklus seit Jahren nach einer Rezession. Diese wurde vom Finanzsystem hinausgezögert und wird uns jetzt umso stärker treffen.

Dies führte zu unsinnigen Entwicklungen (Blasen) bei Immobilien, im Hedge-Fonds-Markt und ähnlichem. Jetzt sind wir in eine Phase des „Deleveragings“ eingetreten. D.h. die Kredite werden wieder abgebaut und gleichzeitig fallen die Asset-Preise von Aktien, Immobilien und Rohstoffen.

In den letzten Jahren war die Reaktion der Zentralbanken bei jeder leichten Verkühlung der Wirtschaft immer dieselbe: Zinsen hinunter, Liquidität für die Banken hinauf.

Bisher hat dieses Rezept gut funktioniert. Was bringt diese Vorgangsweise für die Märkte jetzt? : absolut nichts! Dies ist bereits klar ersichtlich. In der Wirtschaftswoche (WIWO) Nr. 47. vom 17.11.08 werden zwei Grafiken angeführt, die diese Aussage klar bestätigen.

Die europäischen Banken sind wesentlich restriktiver bei der Kreditvergabe und haben die Vergabestandards wesentlich verschärft. Vor allem bei Immobilien- und Privatkrediten haben wir die schärfsten Standards seit Jahren.

Nachdem die Banken das Geld nicht so gerne an ihre Kunden verleihen, stellt sich die Frage: Und was machen Sie mit dem vielen Geld, das sie von den Zentralbanken bekommen? Auch diese Frage wird mit einer eindrucksvollen Grafik beantwortet. Die Banken legen das Geld bei der EZB an! Bis Anfang September 08 waren die Einlagen der Banken bei der EZB bei € 0,1 Mrd. und Anfang November ist der Betrag auf € 280,2 Mrd. explodiert.

Nachdem unser Wirtschaftssystem extrem kreditabhängig ist, verschärfen die oben angeführten Vorgangsweisen die Wirtschaftskrise noch mehr. Es zeigt sich, dass die Vorgangsweise der Zentralbanken jetzt nutzlos verpufft!

Die Macht der Zentralbanken ist gebrochen, wie sie mittlerweile selbst eingesteht. (erinnert mich irgendwie an meinen Artikel „Game over Zentralbanken“) Anbei der Link zum Artikel des ORF und die entsprechende Passage daraus:

www.orf.at/081118-31832/index.html


Notenbank erklärt sich für machtlos

Die US-Notenbank erklärte sich indes indirekt machtlos bei der weiteren Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Die FED habe ihr Möglichstes getan, sagte der Präsident der Zentralbank von Kansas, Thomas Hoenig, in einem Interview mit dem TV-Sender PBS.
Der Leitzins sei bereits "extrem niedrig", man könne den Banken aber bei der Kreditvergabe keine Vorgaben machen. Hoenig zeigte sich überrascht davon, wie schnell sich die Wirtschaft abgekühlt habe. In naher Zukunft sei keine Besserung in Sicht.

Kreditkartenmarkt in den USA – der nächste Dominostein fällt:

70 % der US-Wirtschaft wird über den privaten Konsum generiert. Somit ist der Konsum die entscheidende Größe, wenn es um das Wirtschaftswachstum in den USA geht.

Dieser Konsum wurde durch steigende Aktien- und Immobilienpreise in den letzten Jahren gestützt. Nun sind diese beiden Säulen zusammengebrochen.

Die dritte Stütze waren die Kreditkarten, denn viele Käufe wurden auf Pump über Kreditkarten getätigt. Diese Säule bricht nun ebenfalls zusammen, wie einer Studie im Freitagspapier der HVB vom 14.11. zu entnehmen ist.

Der Grund dafür sind zunehmende Zahlungsausfälle der privaten Haushalte. Investoren verweigern das Risiko der Kreditkartenforderungen weiterhin zu übernehmen und die Banken müssen das steigende Risiko selbst auf ihre immer schwächeren Schultern nehmen. Als Reaktion straffen die US-Banken die Kreditstandards (das kennen wir ja schon von Europa).

Als Ergebnis erwartet die HVB die schwerste Konsumrezession seit 1980. Meine Erwartung geht noch einen Schritt weiter. Es wird eher ein Vergleich mit den früheren 1930er Jahren angebracht sein.

Noch ein Paar Details zu den Entwicklungen im US-Kreditkartenmarkt. Im 3. Quartal 2007 haben die fünf größten Emittenten einen Gewinn über US$ 4,4 Mrd. verbucht. Im 3. Quartal 2008 wurde ein Verlust von 400 Mio. ausgewiesen. Dies vor allem bei Citibank (wird gerade an der Börse todgeprügelt) und Bank of America.

Alle Finanzinstitute haben die Schätzungen für weitere Verluste merklich erhöht und rechnen mit weiteren Zahlungsproblemen.

Bis zum Zusammenbruch dieses Marktes haben Investoren den Banken 50 % des Risikos an Kreditkartenforderungen (diese sollen sich insgesamt auf US$ 970 Mrd. belaufen) über ABS- Verbriefungen (Asset-Backed-Securities) abgenommen. Dieser Prozentsatz dürfte merklich zurückgehen. So konnte Wachovia im Oktober, erstmals seit 15 Jahren, keine durch Kreditkarten abgesicherten ABS-Bonds verkaufen.

Die Risikoprämien dieser Kreditkarten-ABS explodieren am Markt. Betrugen diese zwischen 2000 und Mitte 2007 noch Null Basispunkte zum US$-Libor, so sind jetzt 4,75 % Aufschlag zu berappen. Aus meiner Sicht sind diese Aufschläge immer noch zu niedrig und werden weiter steigen.

Ich frage mich, wann Verluste bei europäischen Banken und Fonds aus solchen Papieren auftauchen. Es ist eine Frage der Zeit bis hier der amerikanische Giftmüll auftaucht.

Die FED/Anleihenmarkt:

Die Auswirkungen der diversen Rettungsversuche der FED kann man nun in der Bilanzsumme des Instituts feststellen. Es kam zu einer schnellen und gewaltigen Aufblähung der FED Bilanz (wir reden hier von einer Verdoppelung bis Verdreifachung der Bilanzsumme in wenigen Monaten) Gleichzeitig ging die Qualität der Aktivposten dramatisch nach unten.

Wer sich zu diesem Thema näher informieren will, kann ich den Artikel von Hrn. Ziemann (Geld-Drucker entlarvt) nur wärmstens empfehlen.

Auch der (vor allem bei uns Gold-bugs) bekannte und geschätzte Barclays-Ökonom Thorsten Polleit hat auf der Rohstoffmesse in München dieses Problem mit einem Chart eidrucksvoll dargestellt. Bis vor kurzem war die Entwicklung der Bilanzsumme stetig leicht steigend und jetzt kam es zur Explosion. Wozu wird dieses von vielen Kommentatoren als „virtuelles Gelddrucken“ bezeichnete Phänomen führen? Steigender Inflation und wahrscheinlich Hyperinflation!

Der größte Feind für Anleihenmärkte sind hohe Inflationsraten, da die Käufer von Anleihen das Inflationsrisiko abgegolten haben wollen und die Kurse (vor allem bei Anleihen mit langer Laufzeit) der Anleihen stark fallen. Man kennt dieses traurige Schauspiel bereits bei den Firmenanleihen (Corporate Bonds) und Staatsanleihen aus Problemländern wie Island usw.

In Zeiten wie diesen sollte man nach Anzeichen Ausschau halten, die auf aufkommende Probleme am Anleihenmarkt hinweisen.

Ein Beispiel: Vorletzte Woche ist etwas geschehen, was bisher noch nie vorgekommen ist. Die Deutsche Bundesbank musste die Emission einer 10jährigen Anleihe absagen. Dies wurde in einem Artikel der Financial Times vom 14.11. drastisch dargestellt:

„It is a clear sign of straitened times when a benchmark bond in one of the most liquid markets in the world cannot attract enough bids to reach its target amount.

Crucially, it raises serious doubts about whether governments can raise the vast amounts of debt needed to fund fiscal stimulus packages and bank recapitalisations in the current tough market conditions.

Any sign of waning demand may force up bond yields – putting further pressure on public finances when they are already under strain. Nowhere is the issue more pressing than in the US.

(ein klares Zeichen für Notzeiten; man darf berechtigte Zweifel anmelden, ob die Staaten ihren riesigen Kapitalbedarf aufbringen können; die schwindende Nachfrage könnte die Anleihenrenditen hochtreiben, was noch mehr Druck auf die öffentlichen Haushalte erzeugt, wo sie doch bereits unter Druck stehen. Nirgends ist dieses Thema drückender als in den USA)

„People are investing for preservation in these markets, not for returns, which means they want safe bonds.“

(die Anleger suchen Kapitalerhalt, keine Renditen, deshalb wollen sie sichere Anleihen)

Nur vergessen die Leute dabei, dass bei den niedrigen Renditen der Staatsanleihen und der wesentlich höheren Inflationsraten (diese werden bald auch wieder steigen) negative Realzinsen herauskommen und man damit Kaufkraft vernichtet. Bei steigender Inflation werden die Verluste noch höher.

Deflation/Hyperinflation:

In den volkswirtschaftlichen Berichten der Banken bzw. in den Wirtschaftsmedien macht ein neues Schreckensgespenst die Runde. Die Deflation.

Zur Erklärung dieses Begriffes findet man bei Wikepedia folgendes:

Unter Deflation versteht man den volkswirtschaftlichen Zustand eines allgemeinen und anhaltenden Rückgangs des Preisniveaus für Waren und Dienstleistungen. Erfahrungsgemäß geht eine Deflation mit einer Verringerung der umlaufenden Geldmenge und/oder der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes einher.

Gehen wir auf die beiden Punkte ein.

1) Verringerung der umlaufenden Geldmenge
Das ist nicht der Grund. Ganz im Gegenteil. Die Zentralbanken drucken Geld wie verrückt.

2) Verringerung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
Das ist sicherlich bis zu einem gewissen Grade gegeben. Aber ob es wirklich eine längere Deflation bewirken kann? Ich glaube kaum. Weiter unten findet man in der Wikepedia-Erklärung von Deflation folgenden Absatz:

Dass jedoch eine allgemeine Deflation (Klassischer Art von 1930) heute noch einmal entstehen könnte – ist unwahrscheinlich, da durch geldpolitische Maßnahmen, etwa Fiat-Money-„Produktion“ durch die Zentralbanken, gegengesteuert werden kann.

Die Zentralbanken kreieren gerade jede Menge Geld und trotzdem haben wir die jetzige Situation. Irgendetwas kann hier nicht stimmen.

Meine Prognose: Wir werden nur eine kurze Phase der Deflation haben, da die Zentralbanken für immense Liquidität sorgen. Diese Phase wird durch eine steigende Inflation (wahrscheinlich Hyperinflation) abgelöst. Die steigende Inflation ist vor allem für Inhaber von (Staats-)Anleihen extrem gefährlich. Der einzige sichere Hafen ist Gold (und natürlich Silber).

Im nächsten Absatz versuche ich eine Erklärung für das Phänomen Deflation/Hyperinflation aufzuzeigen.

Der Finanz-Tsunami:

Im Februar dieses Jahres wurde dieser Ausdruck von Joe Ackermann geprägt. Für mich hat dieser Ausdruck in den letzten Wochen eine neue Bedeutung bekommen und ich möchte Ihnen meine These dazu darlegen.

Für mich beschreibt dieses Wort die Entwicklung der Inflation, die wir gerade sehen.

Was ist bisher passiert? Das große Erdbeben ist längst passiert. Außer ein paar Spezialisten an den Seismographen (in den Finanzmarktzentren) hat es das tägliche Leben der Leute am Strand, die dort die längste Party aller Zeiten feiern (großes anhaltendes Wirtschaftswachstum ohne schwerere Wirtschaftsabschwünge in den Industrieländern) kaum betroffen. Aber die zerstörerische Energie ist unterwegs und wird irgendwann das Land erreichen.

Jetzt sehen die Leute an den Stränden wie sich das Meer zurückzieht (die Inflation geht zurück und weicht der Deflation). Viele verstehen dieses Phänomen nicht, mit dem wir gerade konfrontiert sind. Sie bleiben am Strand (in den Märkten investiert – vor allem Staatsanleihen – denn diese sind sicher!).

Wie wir alle durch den verheerenden Tsunami 2004 gelernt haben, dauert dieser Rückgang nur kurz.

Wie wird es weitergehen? In nicht allzu ferner Zukunft wird die Horrorwelle das Land erreichen und eine verheerende Zerstörung anrichten. Was ich hier anspreche ist die Zerstörung der Finanzmärkte durch eine Horrorwelle genannt Hyperinflation. Die Dramatik wird noch dadurch erhöht, dass die Zinssenkungen der Zentralbanken, die Rettungsmaßnahmen der Staaten für die Banken und die Konjunkturmaßnahmen der Staaten den Tsunami nähren und somit noch schrecklicher werden lassen.

Was kann man tun? So schnell wie möglich den Strand verlassen!!! Im aktuellen Fall heißt das: Verlassen Sie so schnell wie möglich die Finanzmärkte und kaufen Sie physische Edelmetalle!

Conclusio:

Für viele stellt sich die Frage: Haben wir den schlimmsten Punkt bereits erreicht? Ich möchte diese Frage gerne umformulieren: Sind wir bereits in der Hölle? Meine Antwort: Sicher nicht. Es liegt der schwierigste Teil des Weges noch vor uns.

Manche Branchen befinden sich bereits in der Hölle, aber für die Wirtschaft und Gesellschaft im Gesamten sind wir dort noch nicht angekommen.

Wie erkennt man die Hölle? Am Zusammenbruch des Marktes für Staatsanleihen und an einer stark steigenden Inflation – Hyperinflation! Wenn Sie Staatsanleihen und Bankguthaben für sicher halten, schichten Sie zumindest teilweise in physische Edlemetalle um. Wenn nicht, achten Sie wenigstens auf Vorzeichen für den Anleihencrash. Ich bin mir sicher, wir werden noch einige sehen.

Wie viel Zeit ist noch bis zur Hölle? Eine schwierige Frage. Wahrscheinlich wenige Monate. Vielleicht auch länger, vielleicht auch kürzer. Anders ist die Frage nicht seriös zu beantworten.

Mit diesem Artikel möchte ich mich (vielleicht) auch von meinen Lesern verabschieden, denn die „Hölle“ liegt in nicht allzu weiter Ferne vor uns und dann sind weitere Artikel möglicherweise sinnlos, denn dann ist es zu spät.

P.S. in der WIWO Nr. 47 (Seite 131) wird das Beispiel der „gekochten Frösche“ zitiert und angemerkt, dass es „der Politik, den Ratingagenturen, den Aufsichtsbehörden ja selbst den Banken so ergangen ist“. Wenn ich nur wüsste, bei wem ich über die gekochten Frösche schon gelesen habe???

In diesem Sinne lassen Sie sich nicht bei lebendigem Leibe kochen!

Sie können mich unter der E-Mail-Adresse a.mostfee@gmx.at erreichen.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel wurde zur Information der Leser zum besseren Verständnis der Materie verfasst. Die dargelegten Argumente spiegeln die Meinung des Autors wider und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte mit diesem Artikel keine professionelle Dienstleistung erbringen. Für eine professionelle Beratung sollten Sie sich an einen professionellen Berater wenden.

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