Analyse
19:28 Uhr, 18.01.2022

Tech-Aktien: Sind das jetzt alles Schnäppchen?

Ist es eine gute Idee, sich nach dem Sell-off mit Technologie- und Wachstumsaktien einzudecken, um von einer möglichen Erholung zu profitieren? Dieser Artikel wirft einen Blick auf die am stärksten gefallenen Aktien aus dem Nasdaq-100.

Erwähnte Instrumente

  • Nasdaq-100
    ISIN: US6311011026Kopiert
    Kursstand: 15.271,03 Pkt (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Nasdaq-100 - WKN: A0AE1X - ISIN: US6311011026 - Kurs: 15.271,03 Pkt (Nasdaq)

Sind das jetzt Schnäppchen, bei denen es sich lohnt, zuzugreifen? Oder sollte man von den stark gefallenen Technologie- und Wachstumsaktien lieber erst einmal die Finger lassen, weil weitere Kursverluste drohen? Bei dieser Frage gehen die Ansichten sicher stark auseinander. Die Fondsgesellschaft des Tech-Investors Jan Beckers sprach am Freitag von einer "selten günstigen Einstiegschance" bei vielen Technologiewerten. Andere Marktbeobachter sehen trotz der jüngsten Kursverluste weiterhin historische Überbewertungen am US-Aktienmarkt, insbesondere bei Aktien von schnell wachsenden Technologieunternehmen.

Klar ist eigentlich nur eines: Viele Technologie- und Wachstumswerte sind aktuell um Einiges günstiger zu haben als noch vor wenigen Monaten. Die folgende Tabelle zeigt die Aktien aus dem Nasdaq-100, die gegenüber ihrem höchsten Hoch seit Ende 2020 am stärksten gefallen sind (Stand: ca. 17:20 Uhr).

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Immerhin zehn Aktien aus dem Nasdaq-100 sind gegenüber ihrem seit Ende 2020 erreichten Höchstkurs zwischenzeitlich um mehr als 40 Prozent gefallen.

Am stärksten eingebrochen unter den Papieren im Nasdaq-100 sind die Aktien von Peloton Interactive. Der Anbieter von vernetzten Fitnessgeräten hatte auch unter unternehmensspezifischen Problemen zu leiden, so etwa unter einem tragischen Unfall mit einem der Fitnessgeräte, bei dem ein Kleinkind getötet wurde.

Ebenfalls Kursverluste von mehr als 40 Prozent gegenüber ihrem zuvor erreichten Höchstkurs wurden bei Pinduoduo, Zoom Video, Moderna, DocuSign, Baidu, Biogen, Mercadolibre, PayPal und Crowdstrike verzeichnet.

Die folgende Tabelle zeigt einige fundamentale Bewertungskennzahlen für die genannten Aktien. Enthalten in der Tabelle ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sowie das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) auf Basis der Schätzungen für 2021 und 2022 sowie das PEG-Ratio auf Basis des für 2022 erwarteten Gewinns je Aktie und der für 2022 erwarteten Wachstumsrate des Gewinns je Aktie. Jeweils die drei günstigsten Wert bei jeder Kennzahl sind fett hervorgehoben.

Aktie KGV 2021 KGV 2022 PEG 2022 KUV 2021 KUV 2022
Peloton Interactive (negativ) (negativ) (negatives KGV) 2,3 1,9
Pinduoduo 78,6 48,9 0,8 4,9 3,7
Zoom Video 32,7 36,0 (neg. EPS-Wachstum) 11,6 10,0
Moderna 7,1 6,8 1,4 4,8 4,0
DocuSign 65,3 60,1 7,0 12,4 9,9
Baidu 18,8 17,2 1,9 2,8 2,5
Biogen 12,2 12,7 (neg. EPS-Wachstum) 3,2 3,4
Mercadolibre 312 133 0,99 8,1 6,0
PayPal 38,2 33,3 2,3 8,3 7,0
Crowdstrike 310 193 3,2 28,3 20,2

Auf den ersten Blick günstig aussehende Aktien mit einem positiven KGV unter 20 sind Moderna, Biogen und Baidu. Moderna sticht mit einem einstelligen KGV besonders hervor. Die günstige Bewertung ist letztlich allerdings nur eine Folge davon, dass das Unternehmen aktuell noch von der Sonderkonjunktur mit seinem Corona-Impfstoff profitiert, die Gewinne aber 2023 und 2024 deutlich einbrechen dürften. Biogen dürfte in den kommenden Jahren kaum oder gar nicht wachsen und Baidu wird wegen des politischen Risikos in China vom Markt mit einem deutlichen Abschlag gegenüber US-Technologiewerten gehandelt.

Sehr teuer auf KGV-Basis erscheinen DocuSign mit einem KGV auf Basis der Schätzungen für 2022 von 60 sowie Mercadolibre und Crowdstrike mit dreistelligen KGVs. Die beiden letztgenannten Unternehmen zeichnen sich allerdings auch durch ein besonders starkes Gewinnwachstum aus, so dürfte sich der Gewinn je Aktie 2022 bei Mercadolibre mehr als verdoppeln und bei Crowdstrike immerhin um rund 60 Prozent zulegen.

Da bei schnell wachsenden Unternehmen eine höhere Bewertung auf KGV-Basis angemessen ist als bei langsam wachsenden oder gar schrumpfenden Unternehmen, wird zur einfachen Bewertung von Wachstumsunternehmen häufig das PEG-Ratio herangezogen. Zur Berechnung dieser Kennzahl wird das Kurs-Gewinn-Verhältnis durch die Wachstumsrate des Gewinns je Aktie geteilt. Als günstig gilt traditionell ein PEG-Ratio zwischen 0 und 1, in den vergangenen Jahren wurden aber häufig PEG-Ratios bis 2 oder gar 3 noch als relativ günstig angesehen. Mit Pinduoduo und Mercadolibre weisen derzeit zwei Aktien ein PEG-Ratio von unter 1 und mit Moderna und Baidu zwei weitere Aktien ein PEG-Ratio von unter 2 auf.

Peloton ist als einziges der aufgeführten Unternehmen nicht profitabel, so dass eine Bewertung auf Basis von Gewinnkennzahlen wenig Sinn ergibt. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis erscheint mit 1,9 auf Basis der Schätzungen für 2022 allerdings relativ günstig. Auf KUV-Basis sind derzeit neben Peloton auch Baidu und Biogen relativ günstig bewertet.

Bei unprofitablen Unternehmen findet zur Einschätzung der Zukunftsaussichten häufig auch die eigentlich von Venture-Capital-Unternehmen für den SaaS-Bereich entwickelte "Rule of 40" Anwendung, die besagt, dass die Summe aus Umsatzwachstum und operativer Marge mindestens 40 Prozent betragen sollte. Auf Basis der vergangenen zwölf Monate ergibt sich für die Summe aus Umsatzwachstum und operativer Free-Cashflow-Marge bei Peloton derzeit ein Wert von 39 Prozent, was knapp unter dem geforderten Wert von 40 Prozent liegt.

Fazit: Unter den am stärksten eingebrochenen Aktien im Nasdaq-100 lassen sich auf fundamentaler Basis bisher kaum offensichtliche Schnäppchen identifizieren. Die Aktien sind zwar deutlich günstiger als noch vor wenigen Monaten, im Falle weiter steigender Zinsen sind aber auch noch deutlich weiter fallende Notierungen denkbar. Dies gilt auch ganz besonders für den Fall, dass in den kommenden Monaten auch die Gewinnerwartungen der Analysten nach unten revidiert werden sollten.


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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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