Kommentar
10:07 Uhr, 10.11.2006

Taiwan – Die Binnendynamik entscheidet

Vor dem Hintergrund, dass die US-Konjunktur bereits weniger Impulse für die taiwanesischen Exporteure liefert, wird die Stimmung in den binnenorientierten Sektoren der Wirtschaft entscheidend für den Konjunkturtrend in den nächsten Monaten. Die Abkühlung der Wirtschaft spiegelt sich aktuell in den Export- und Produktionsdaten wider. Zudem lassen die Auftragsdaten eine Fortsetzung des Trends erkennen. Die Abschwächung der Konjunktur bleibt vermutlich moderat, wenn nicht die im Dezember anstehenden Bürgermeisterwahlen zu erneuten politischen Verwerfungen führen, die die Stimmung der privaten Haushalte und Unternehmen abermals trüben. Die Wahlen gelten als Stimmungstest auf dem Weg zu den wichtigen Präsidentschaftswahlen im März 2008. Bis dahin muss inbesondere die Opposition noch an ihrem Zusammnhalt arbeiten, da sie bei den Wahlen im Dezember vermutlich mit zwei Kandidaten antreten wird. Der Druck auf den umstrittenen Präsidenten Chen Shuibian wird dadurch tendenziell geschwächt. Ein Rücktritt vor den Präsidentschaftswahlen ist daher in den letzten Wochen weniger wahrscheinlich geworden.

Stützend auf die Stimmung bei den privaten Haushalten dürfte sich aber die gute Lage am Arbeitsmarkt auswirken. Die Arbeitslosenrate hat mit 3,84% im September den niedrigsten Stand seit fünf Jahren erreicht. Darüber hinaus haben viele Unternehmen aufgrund der guten Auftragslage und Kapazitätsauslastung angezeigt weiter investieren zu wollen. Untermauert wird diese grundsätzlich positive Wachstumsbasis durch solide Produktionszuwächse im Bereich der Investitionsgüter. Diese sollten den Rückgang der Produktionsdynamik in der Industrie dämpfen. Wir rechnen daher mit einem Rückgang des Zuwachses von rund 6,5% in diesem Jahr auf rund 4,5% im nächsten Jahr. Bei diesem Szenario erscheint vor dem Hintergrund der vorsichtigen US-Geldpolitik aber ein positives Überraschungspotenzial vorhanden zu sein. In diese Richtung könnte auch eine etwas positivere Entwicklung der japanischen Konjunktur beitragen. Die geringsten Risiken erwarten wir für 2007 von der Wirtschaftsentwicklung Chinas. Kurz vor den Olympischen Spielen 2008 dürfte die Regierung alles daran setzen, um eine Krise und stärkere Korrekturen in einzelnen Sektoren zu vermeiden. Die Nachfrage aus China wird demnach die Konjunktur in Taiwan weiter stabilisieren. Der Leistungsbilanzüberschuss wird sich daher voraussichtlich nur moderat von 4,7% des BIP im letzten Jahr auf 4,2% im Zeitraum 2006/07 verringern.

Der anhaltende Überschuss in der Leistungsbilanz und die grundsätzlich solide wirtschaftliche Basis sollten den Taiwan Dollar im kommnenden Jahr stabilisieren bzw. in der zweiten Jahreshälfte 2007 schrittweise fester tendieren lassen. Kurzfristig können jedoch Konjunkturspekulationen und politische Unsicherheit erneut den Abfluss von Portfolioinvestitionen verstärken. Mittel- bis langfristig sollte Taiwan jedoch von der engen Anbindung an China profitieren. Dieser Effekt kommt besonders dann zum Tragen, wenn die politische Unsicherheit nachlässt.

Quelle: cominvest

Die cominvest Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2002 durch Zusammenlegung der inländischen Asset Management-Aktivitäten der Commerzbank AG gegründet und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank. Aktuell verwaltet sie 55 Milliarden Euro, wovon 44% auf Privatkunden und 56% auf institutionelle Investoren entfallen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Aktien- und Rentenfonds.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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