Kommentar
16:10 Uhr, 10.03.2021

Sünden lohnt sich wieder

In der Krise gab es klare und offensichtliche Gewinner wie den Technologiesektor. Hinter den Kulissen gibt es auch einige Überraschungen.

Zu diesen Überraschungen gehören Unternehmen, die im sogenannten SINdex (Sünden-Index) zusammengefasst sind. Es handelt sich um Unternehmen mit legitimen Geschäftsmodellen, die aber gewisse moralische Fragen aufwerfen. Zu den Branchen gehören Tabak, Alkohol und Casinos.

Diese Branchen sind gut durch die Krise gekommen. Während des Crashs vor einem Jahr war das nicht zu vermuten. Der SINdex verlor über 50 % an Wert. Beim S&P 500 waren es 35 % (Grafik 1). Inzwischen ist von dieser Underperformance nichts mehr übrig. Stattdessen ist der Index ein Outperformer. Von den Tiefs ausgehend hat sich der Index verdreifacht. Da kann selbst der Nasdaq nicht mithalten.


Dass die Branchen besonders stark abverkauft wurden, konnte man nachvollziehen. Casinos etwa mussten geschlossen werden. Noch immer sind die Umsätze weit unter dem Vorkrisenniveau. In Macau, dem asiatischen Las Vegas, liegen die Umsätze immer noch 80 % unter dem Vorkrisenniveau.

Bei Produzenten von Spirituosen gab es ebenfalls Bedenken. Viel Alkohol wird bei Veranstaltungen und in der Gastronomie konsumiert. Auch hier hätte die Krise zuschlagen müssen. Einer der größten Produzenten, Diageo, musste 2020 tatsächlich einen Rückgang des Umsatzes von 12,87 Mrd. auf 11,75 Mrd. hinnehmen. Bereits im letzten Quartal 2020 wurde aber wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Konsumenten haben sich schnell an andere Konsumationsmuster gewöhnt.

Auch die Tabakbranche hätte leiden sollen. Wesentliche Umsätze werden in Duty Free Shops an Flughägen gemacht. Flughäfen waren teils geschlossen oder operieren nur mit 20 % Kapazität. Der Umsatzrückgang hielt sich bei den meisten in Grenzen. Bei Philip Morris waren es 3 %. So manches Unternehmen, z.B. Altria, Imperial Brands oder Turning Point, konnten sogar wachsen.

Die Krise hat für eine kleine Delle gesorgt. Dinge, die Menschen gerne machen, auch wenn sie nicht unbedingt gut sind, sind robust. Sie bleiben von Krisen nicht ganz verschont. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen sind es jedoch Ausgaben, die Konsumenten auch in schwierigen Zeiten tätigen. Es dient der Ablenkung und Beschäftigung.

Die Outperformance in der Krise folgt einer Underperformance, die von Ende 2017 bis Anfang 2020 andauerte (Grafik 2). Investoren scheuten Investitionen in Unternehmen, die nicht unbedingt etwas Gutes für die Menschheit tun.


Rein aus der Perspektive der Geldanlage sind gerade solche Branchen interessant. Sie sind staatlich strikt reguliert. Das hat für Unternehmen viele Vorteile. Regulation begrenzt am Ende den Wettbewerb, da es für neue Unternehmen sehr schwer ist Marktanteile zu gewinnen. Die Margen sind exorbitant. Tabakunternehmen erzielen Margen wie Apple.

Die Krise hat gezeigt, dass der Sektor widerstandsfähig ist. Bei Casinos hat es dazu geführt, dass vieles in den Onlinebereich gewandert ist. Das ermöglicht langfristig sogar Wachstum. Moralische Bedenken wurden über Board geworfen. Gut möglich, dass der Sektor nach der Wiederentdeckung nun längere Zeit outperformt.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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