Kommentar
00:00 Uhr, 23.11.2009

Stürzen die Banken über die Klippen?!

Eine richtungslose, fast langweilige Woche ist zu Ende. Beim S&P 500 etwa war es ein Nullsummenspiel. Der DAX gab homöopathische 0,4 Prozentpunkte ab. Zum Glück haben wir in solchen Fällen unsere Bundeskanzlerin. Angela Merkel fand in dieser Woche deutliche Worte: Sie warnte die Banken eindringlich davor, einfach so weiterzumachen wie bisher. Unverblümt polterte die Kanzlerin in Richtung Finanzbranche, manche Manager riskierten bereits wieder "eine ziemlich dicke Lippe".

Leider vergaß die Kanzlerin einige wichtige Punkte zu erwähnen: Die Politiker müssen sich überhaupt nicht wundern, dass die Bankenbosse genauso weitermachen, wie wir das von ihnen kennen. Es waren eben jene Geschenke der Politik, finanziert durch Steuergelder, die erst möglich gemacht haben, dass sich die Bankenbosse heute wieder genauso aufspielen wie vor Ausbruch der Krise.

Die Kanzlerin erteilte auch dem Vorschlag von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eine Absage, künftige Krisen durch die Schaffung eines Rettungsfonds abzuwehren. Das hätte dem Herrn Ackermann natürlich gefallen. Die Banken können tun und lassen was sie wollen - und wenn es schief geht, dann springt der Staat mit Steuergeldern ein.

Dabei sollte man die Äußerungen durchaus ernst nehmen: Wenn der Chef der Deutschen Bank derartige Ideen öffentlich macht, dann liegt der Verdacht nahe, dass bei den Finanzhäusern immer noch die Hütte brennt und es durchaus Handlungsbedarf gibt. Kommen die nächsten Hiobsbotschaften zur Abwechslung also wieder einmal aus dem Finanzsektor?

Man könnte das vermuten, wenn man sich die Kursverläufe ansieht: Der US-Bankenindex etwa kommt seit einigen Wochen nicht mehr auf die Beine. Die Aufwärtsbewegung seit Anfang Oktober haben die Banken nicht mehr mitgemacht. Im Kursverlauf der vergangenen sechs Monate zeigen sich Anzeichen einer oberen Trendwende.

Ähnlich angeschlagen präsentiert sich auch der US-Transportindex, der dem breiten Markt meist etwas voraus läuft. Nach drei gescheiterten Versuchen an der Marke von 4060 Punkten wird die Luft jetzt dünn. Hier deutet sich jetzt ebenfalls eine obere Trendwende an. Achten Sie auf die negativen Divergenzen bei MACD und RSI (rote Linien).

Da eine Fortsetzung der Hausse ohne Beteiligung der Banken und der Transportfirmen schlicht undenkbar ist, sollte man die beiden Indizes in den kommenden Wochen genau verfolgen. Sollte sich die erst ansatzweise erkennbaren Schwächesignale festigen, ist die Bärenmarktrally seit März zu Ende.

Das Gegenstück zu den Banken und den Transportfirmen ist der Goldaktienindex HUI. Hier hat sich die Aufwärtsbewegung seit Anfang Oktober eher noch beschleunigt. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Goldaktien in der Regel mit dem breiten Markt mitlaufen. Derzeit entwickeln sie sich jedoch deutlich besser als der Rest.

Besonders augenfällig wird dies im Dreimonatsvergleich mit dem S&P 500. Die Goldaktien (rote Linie in der folgenden Grafik) lassen den breiten Markt immer stärker hinter sich. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass die Finanzkrise noch lange nicht überstanden ist.
Übrigens ist die relative Stärke der Edelmetall-Produzenten auch ein Fingerzeig darauf, wo die nächste Blase entstehen dürfte: Wir rechnen damit, dass die Aktien der Gold- und Silberproduzenten in naher Zukunft eine ähnliche Entwicklung zeigen werden, wie die Internet-Aktien vor zehn Jahren.

Erste Ansätze in diese Richtung sind bereits erkennbar. Die breite Masse fängt gerade an, das Thema zu entdecken. Edelmetall-Händler schießen wie Pilze aus dem Boden, das Thema schafft es immer wieder auf die Titelseiten diverser Finanzpublikationen.
Sollte man deshalb jetzt seine Goldaktien verkaufen? Nein, wir glauben, dass wir hier erst am Anfang stehen. Warten Sie, bis Ihnen Taxifahrer und Friseure die heißesten Goldproduzenten verraten und das Thema in der Tagesschau an prominenter Stelle platziert wird.

Doch bleiben wir noch bei den Finanzhäusern: Es ist schon genug Schaden dadurch entstanden, dass die Banken einmal auf Staatskosten rausgepaukt wurden. Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang die Warnung, die Angela Merkel an das Ende ihrer Rede beim Führungstreffen Wirtschaft der Süddeutschen Zeitung in Berlin in dieser Woche stellte:

Sollte es in absehbarer Zeit noch einmal zu einer ähnlichen Krise komme, sei irgendwann der Punkt erreicht, wo die Staaten nicht mehr helfen könnten. Die Warnung sollten sich vor allem jene hinter die Ohren schreiben, die immer noch glauben, dass wir es mit einer normalen Krise zu tun habe, die schon „irgendwie“ wieder vorbei gehen wird.

Die Aussagen der Regierungschefin bestätigen uns in unserer Meinung, die wir hier seit Monaten gebetsmühlenartig wiederholen: Wenn Politiker derart deutliche Worte finden, dann dürfte die Lage weitaus schlimmer sein als öffentlich zugegeben wird. In der Regel tun die Politiker alles, um die Dinge schön zu reden, unter den Teppich zu kehren und zu verharmlosen.

Doch das ist nicht die einzige Lektion, die wir in diesen Tagen lernen können. Eine weitere Schlussfolgerung lautet, dass Wohlstand durch Arbeit und Sparen entsteht – und dass er durch Konsum und Schulden zerstört wird. In den USA ist man gerade dabei, dies auf schmerzliche Weise zu lernen. Die aktuellen Zahlen sind in der Tat „beeindruckend“:

Das Haushaltsdefizit in den USA ist im Oktober auf eine Rekordhöhe von 176,4 Milliarden Dollar (knapp 120 Milliarden Euro) gestiegen. Damit übertrifft die Deckungslücke sogar die von pessimistischen Experten angenommenen 150 Milliarden Dollar. Einnahmen in Höhe von 135 Milliarden, ein Minus im Vorjahresvergleich von fast 19 Prozent, standen Ausgaben von fast 312 Milliarden. gegenüber. Im Klartext: Nur noch rund 43 Prozent der Ausgaben sind durch Einnahmen gedeckt – der Rest, also rund 57 Prozent der Ausgaben, werden über Schulden finanziert.

Gründe für das riesige Loch im Staatshaushalt sind neben den rezessionsbedingten Einbrüchen bei den Steuereinnahmen die milliardenschweren Rettungspakete für die Banken, die staatliche Übernahme der Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac und das Paket der US-Regierung zur Ankurbelung der Wirtschaft im Umfang von 200 Milliarden Dollar.

Auch die aktuellen Zahlen vom US-Immobilienmarkt sind alarmierend: Obwohl in den Medien das Ende der Rezession bereits beschlossene Sache ist, kommt der Häusermarkt in den USA immer deutlicher unter die Räder: Die Zahl der Baugenehmigungen brach im Oktober auf 552.000 ein. Erwartet wurden 580.000. Ein Rückgang im Vorjahresvergleich um fast 25 Prozent. Noch deutlicher war der Rückgang bei den Baubeginnen. Hier lag der Einbruch bei mehr als 30 Prozent.

Es ist kein Zufall, dass sich schwere Krisen immer erst dann wiederholen, wenn das kollektive Vergessen die Erinnerung an schwere Krisenzeiten verdrängt hat. Wenn die Generation derjenigen, die eine schwere Krise noch durchmachen musste, ausgestorben ist, dann erst ist die Zeit reif für den nächsten markanten Tiefpunkt. Wir erleben gerade so ein Zeit – der Beginn der ersten Weltwirtschaftskrise liegt genau 80 Jahre zurück.

Wir hier in Europa sollten uns deshalb nicht zu sicher fühlen: Entwicklungen in den USA erreichen den alten Kontinent zwar stets etwas verspätet – dafür aber umso zuverlässiger.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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