Kommentar
10:37 Uhr, 13.12.2010

Stille Zeit - Weihnachtszeit - Prognosezeit!

Weihnachten und das Jahresende nahen, und damit eine Phase für Finanzjournalisten und -analysten, die ich nicht ausstehen kann: Es ist die Zeit der Prognosen. Jedermann erzählt Ihnen, wo DAX, Gold und Co Ende 2011 stehen werden.
Wissen Sie, es ist ja schon schwer genug zu fabulieren, was nächste Woche passiert. Ein Jahr in die Zukunft zu sehen hielt ich dagegen schon immer für reine Kaffeesatzleserei. Es war früher schon unmöglich und unseriös, und es ist noch viel schlimmer geworden. Warum? Aus dem gleichen Grund, warum man heute nicht mehr den Buy&Hold-Ansatz bei der Aktien- bzw. Geldanlage fahren darf.

Ab jetzt finden Sie regelmäßig jedes Wochenende einen solchen Outperformer.de Artikel auf GodmodeTrader in der Weekendedition. Es lohnt sich also den GodmodeTrader auch am Wochenende zu lesen.

Die (ökonomische) Welt ist sehr viel unberechenbarer geworden!Richtig schmerzhaft bewusst wurde uns allen dieser Fakt spätestens im Herbst 2008, als wir kollektiv dachten, die Wirtschaft bricht zusammen. Wir waren dem Abgrund so nah wie nie zuvor, ein Banken-Run lag in der Luft. Spätestens seitdem ist die freie Marktwirtschaft, und als ihre Derivate die Wertpapiermärkte, von der Gnade der Regierungen und vor allem der Notenbanken abhängig. Der Aufschwung seither ist schön, aber er ist ungefähr so real wie der Tour de France-Sieg eines gedopten Fahrers. Unlimitierte Liquiditätsversorgung der Geschäfts-Banken durch die Zentralbanken, Staatsgarantien für den gesamten Finanzsektor (sofern es sich um so genannte „systemrelevante“ Institute handelt) und eine weiter ausufernde Staatsverschuldung haben dafür gesorgt, dass zumindest Teile der westlichen Welt wieder auf den Wachstumspfad zurückgefunden haben. Aber nun ist die Zeit gekommen, in der jeder sich folgende Frage stellt: 2008 haben die Staaten die Banken gerettet (und die gesamte Wirtschaft). 2010 sind die ersten Staaten ins Schlingern geraten. Wer rettet nun die Staaten, wenn in den nächsten Jahren auch die vermeintlich Starken ins Taumeln geraten?
Ich habe schon lange eine sehr klare Linie, was die Staatsverschuldung angeht. Sie lehnt sich an die Lehre der österreichischen Nationalökonomie an. Es ist eigentlich ganz einfach: Staaten dürfen keine Schulden machen! Das muss Verfassungsrang bekommen. Dann ist ganz schnell Schluss mit Subventionsirrsinn, ausuferndem Sozialstaat und anderen Spielchen, die nur auf der Tatsache beruhen, dass Staaten sich chronisch verschulden können und dürfen. Selbst die noch relativ solide dastehende Bundesrepublik Deutschland gibt auf Bundesebene 20% ihrer Staatseinnahmen nur für Zinsen aus! Und das, obwohl wir uns in einer absoluten Niedrigzinsphase befinden. Das ist völliger Wahnsinn. Begründet wird die Fortführung des Wahnsinns mit immer denselben unsinnigen Argumenten. Denken Sie z.B. an die Kohlesubventionen. Natürlich, Arbeitsplätze! Es geht immer um das gleiche. Arbeit Arbeit Arbeit.

Ich stelle Ihnen mal eine ganz einfache Frage: Angenommen, aus irgendeinem Grund würden die Menschen plötzlich völlig immun gegen alle Krankheiten. Würden Sie dann dafür plädieren, dass man trotzdem zum Arzt gehen soll – weil die Ärzte ja sonst arbeitslos wären?
Wenn Sie – hoffentlich – mit nein antworten, dann kommen wir gemeinsam schon der Wahrheit näher. Die Wahrheit ist: Der Staat darf nur soviel ausgeben, wie er einnimmt. Keinen Cent mehr, besser sogar weniger. Wenn das Geld nicht reicht, dann gibt es eben keine Förderung der regenerativen Energien, keine neuen Museen, keine Denkmalschutzförderung etc etc...Sie müssen sich in einer ruhigen Minute mal Subventionsberichte durchlesen, da wird es Ihnen schwindlig und schlecht. Insbesondere darf der Staat nicht dafür sorgen, dass unproduktive Arbeitsplätze durch Zugaben scheinbar produktiv werden. Das gleiche gilt für ganze Branchen.

Staaten sind heute reine Umverteilungsmaschinerien. Und zwar nicht nur heute, von der einen Tasche in die andere, sondern auch im intertemporalen Vergleich: Von der morgigen Tasche in die heutige, denn nichts anderes ist das Schuldenmachen.
Natürlich ist es heute für Staaten nicht mehr einfach, einen ausgeglichenen Haushalt zu erwirtschaften. Wenn schon 20-25% für den Zinsdienst aufgebracht werden müssen, dann heißt das: Es müssen hohe Primärüberschüsse erzielt werden, um mit der Verschuldung runterzukommen oder auch nur stabil zu bleiben. Oder die Wirtschaft wächst so stark, dass die Verschuldung relativ zum BIP sinkt. Oder die Inflation erledigt die reale Entschuldung...

Wenn wir zur Frage zurückkehren: Wer rettet die Staaten? Defacto tun das die Notenbanken, indem sie Staatsanleihen kaufen.
So eine Notenbank ist eine feine Sache. Stellen sie sich vor, die Bank hat bisher eine Bilanzsumme von 1 Bio. EUR. Sie beschließt, für 500 Milliarden Staatsanleihen zu kaufen. Wo nimmt sie das Geld her? Muss sie es sich leihen? Gibt sie ihrerseits Anleihen aus?

Nein, sie macht „Klick“ (vermutlich einige Male) auf dem Bildschirm, et voila: Die Anleihen sind in der Bilanz der Notenbank. Neue Bilanzsumme: 1,5 Bio. EUR. Aktiva plus 500 Milliarden, Verbindlichkeiten plus 500 Milliarden. Das war´s! Das nennt man Geldschöpfung. Die 500 Milliarden haben nun die bisherigen Inhaber der Staatsanleihen auf dem Konto. Und kaufen damit irgendwas, jedenfalls wirkt die Maßnahme denklogisch ganz klar inflationär. Denn das Geld war vorher nicht da, es war in den Anleihen gebunden, und ist nun auf einmal verfügbar – für was auch immer.

Seit dem die Finanzkrise zur Staatsschuldenkrise wurde, hängt unser Weiterwursteln davon ab, dass die Notenbanken genauso so weitermachen. Für die EZB war es noch letztes Jahr fast undenkbar, in größerem Stil Staatsanleihen zu kaufen. Jetzt ist sie quasi dazu gezwungen und kauft fast so tatkräftig wie die US-Notenbank Fed. Aber nicht formal: Niemand kann die Zentralbänker formal dazu zwingen! Aber es gibt ja so etwas wie sanften Druck. Und letztlich entscheidet doch die Politik, wer in der EZB am Ruder sitzt. Soviel zum Thema Unabhängigkeit.

Jetzt kennen Sie einen der Gründe, warum ich keine Prognosen (mehr) mag. Ich weiß nicht was die Notenbanken machen werden. Werden Sie die Regierungen zwingen zu sparen? Werden Sie eine galoppierende Inflation zulassen? Werden die Regierungen den Schuldenweg weiter gehen? Kommen sie doch zur Vernunft, nehmen dafür weniger Wachstum oder sogar eine Rezession in Kauf?

Ich kann Ihnen nur sagen wie ich selber agiere: Ich denke nicht mehr in Jahren. Maximal in Monaten oder Wochen. Sie müssen jederzeit bereit sein zu agieren, zu reagieren. Für mich verbieten sich schon länger langfristige Geldanlagen. Lebensversicherung mit 30 Jahren Laufzeit? 10jährige Staatsanleihen mit lächerlichen Kupons? Ja bin ich denn wahnsinnig? Nein bin ich nicht. Und Sie auch nicht. Deswegen freue ich mich schon darauf, Sie hier regelmäßig wieder zu treffen.

Ihr Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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