Kommentar
12:40 Uhr, 30.04.2013

Steuererhöhungen: Deutschland wird Krisenland!

In den Krisenländern der Eurozone ist die Staatsquote in den vergangenen Jahren massiv gewachsen. Produktive Wirtschaftsbereiche wurden durch mehr Verwaltung und Bürokratie ersetzt. Die von SPD und Grünen vorgeschlagenen Steuererhöhungen könnten auch in Deutschland die Staatsquote wachsen lassen und die Produktivität beeinträchtigen, das Wachstum bremsen und Arbeitsplätze gefährden.

Eigentlich kann man schon fast Mitleid haben mit der deutschen Opposition. SPD und Grüne schießen wirklich ein Eigentor nach dem anderen, das kann man anders nicht mehr ausdrücken. Nach der Affäre um Steinbrücks Nebeneinkünfte und dem ausgerechnet von einer Zeitarbeitsfirma „geklauten“ SPD-Wahlkampfmotto hatte auch der Parteitag der Grünen am vergangenen Wochenende eine geradezu verheerende Breitenwirkung. Denn durch die Berichterstattung der Medien wurde so Manchem klar, was SPD und Grüne nach der Wahl eigentlich planen, nämlich massive Steuererhöhungen. Die Grünen fordern nicht nur eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42% auf 49%, sondern auch eine Abschaffung des Ehegattensplittings und die Einführung einer auf zehn Jahre befristeten Vermögensabgabe in Höhe von 1,5% pro Jahr für Vermögen ab einer Million Euro. Auch die SPD will den Spitzensteuersatz auf 49% anheben und eine Vermögenssteuer einführen. Das Ergebnis wäre nicht nur eine zusätzliche Belastung der Vermögenden in Deutschland, sondern auch der Mittelschicht, wie zahlreiche Experten vorgerechnet haben.

Dabei, und das wird oft vergessen, sind die Steuereinnahmen in den letzten Jahren ohnehin auf ein Rekordniveau geklettert. Der Staat hatte also mehr Geld zur Verfügung als jemals zuvor – und musste trotzdem neue Schulden machen. Die Politik, das zeigt diese Entwicklung, kann mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld einfach nicht wirtschaften. Auch wenn SPD und Grüne die Steuererhöhungen unter anderem mit der Notwendigkeit des Abbaus der Staatsverschuldung begründen, ist es unwahrscheinlich, dass das Geld letztlich dafür verwendet wird. Das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre ganz eindeutig. Denn steigen die Staatseinnahmen, wachsen auch die Begehrlichkeiten für dieses Geld. In der Folge werden auch die Staatsausgaben weiter erhöht und der Schuldenabbau gerät immer mehr in den Hintergrund. In den vergangenen Jahren wuchs die Verschuldung weiter, obwohl auch die Staatseinnahmen kletterten. Ein echter Teufelskreis.

Wohin ein immer stärker wachsender Staatsapparat führen kann, zeigen die anderen Staaten der Eurozone. In allen Ländern, die sich jetzt in der Krise befinden, ist die Staatsquote (Verhältnis aus Staatsausgaben und Bruttoinlandsprodukt) in den vergangenen Jahren massiv ausgeweitet worden. Produktive Wirtschaftsbereiche wurden also durch mehr Verwaltung und Bürokratie ersetzt. Während in Deutschland die Staatsquote seit 2003 von 48,5% auf 44,9% gesunken ist, wuchs sie in Griechenland von 49,2% auf 51,0%, in Irland von 33,5% auf 42,8%, in Portugal von 45,8% auf 46,7%, in Spanien von 38,2% auf 42,7% und in Italien von 48,3% auf 51,0%. Noch deutlich besorgniserregender ist allerdings die Entwicklung in einem Euro-Land, das sich zwar noch nicht in einer akuten Krise befindet, bei dem eine solche Krise aber längst absehbar ist: In Frankreich erhöhte sich die Staatsquote seit 2003 von 53,4% auf 56,2%. Die Politik des sozialistischen Präsidenten François Hollande wird diese Fehlentwicklung nicht etwa beenden, sondern weiter forcieren. Das Ergebnis werden wir in einigen Jahren erleben können.

Der Staat ist in der Regel nicht produktiv, er verwaltet nur. Eine Gesellschaft mit einer hohen Staatsquote wird auch als Ganzes unproduktiv und kann auf Dauer keinen Wohlstand erwirtschaften. Bereits eine Staatsquote von 45% wie in Deutschland ist wohl nachteilig für den Wettbewerb, vor allem mit den aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens, in denen die Staatsquote deutlich niedriger liegt. Sogar im „kommunistischen“ China mit seinen zahlreichen großen Staatsbetrieben ist die Staatsquote mit rund 24% nur ungefähr halb so hoch wie im „marktwirtschaftlichen“ Deutschland. Leider ist nicht zu erwarten, dass die Politik in Deutschland aufwacht und in den kommenden Jahren für mehr Wachstum sorgt, ohne den Staatsapparat immer weiter aufzublähen. Ganz unabhängig davon, wer die Bundestagswahlen im Herbst gewinnt.

Oliver Baron

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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