Fundamentale Nachricht
09:13 Uhr, 15.11.2018

Sprengt Italien den Euro in die Luft?

Weitere Downgrades durch US-Ratingagenturen könnten den Spängler-IQAM-Finanzexperten Franz Schellhorn und Thomas Steinberger zufolge eine akute Finanzierungskrise in Italien auslösen.

Erwähnte Instrumente

  • iNAV Lyxor Italia Bond PIR DR
    Kursstand: 9,70 € (Stuttgart) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Salzburg (GodmodeTrader.de) - „Italien hat ein enormes Erpressungspotenzial und ist offensichtlich auch bereit, die EU unter Druck zu setzen. Ganz nach dem Motto: Zahlt, oder wir gehen", so Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria beim Investment Talk des Spängler IQAM Research Center im TUtheSky in Wien. „Es wird schlimmer werden, bevor es besser wird. Italien wird im Streit mit der EU-Kommission nicht nachgeben, da die Funktionsperiode der aktuellen EU-Kommission bald endet und die angedrohten Sanktionen mit 0,1 Prozent des BIP gedeckelt sind“, beschreibt Thomas Steinberger, CIO, Geschäftsführer und Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung von Spängler IQAM Invest die Situation in Italien.

Weitere Downgrades durch US-Ratingagenturen könnten eine akute Finanzierungskrise in Italien auslösen. Italien sei mit 2.310 Milliarden Euro Schulden der größte Schuldner in der Eurozone. Österreich habe im Vergleich dazu 289 Milliarden Euro Staatsschulden und Deutschland 2.043 Milliarden Euro. „Die europäischen Institutionen sind zwar für den Fall einer Staatsinsolvenz viel besser vorbereitet als im Jahr 2010. Die Frage ist jedoch, ob die italienische Regierung im Falle einer Staatsinsolvenz eher über ein Troika-Programm oder über den Austritt aus der Eurozone verhandeln möchte“, so Steinberger.

„Ein Ausfall Italiens in der Höhe des Schuldenschnitts in Griechenland würde einen Schaden von rund 1.200 Milliarden Euro bedeuten, das entspricht rund zehn Prozent des BIP der gesamten Eurozone“, so Steinberger weiter. Selbst wenn nur die im Ausland gehaltenen Schulden tatsächlich ausfielen, betrage der potenzielle Schaden über 700 Milliarden Euro.

„Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Italien heute zwar niedrigere Staatsausgaben als vor der Krise. Das aber nur dank niedriger Zinsen. Italien ist kein Opfer der Austerität (Anm. strenge Sparpolitik zur Verringerung der Staatsverschuldung), sondern ein Opfer hausgemachter Probleme", so Schellhorn. Italien leide unter strukturellen Schwächen: „Italien leidet vor allem an der schwachen Produktivität seiner Wirtschaft. Das Problem lässt sich mit höheren Schulden nicht lösen, sondern nur mit engagierten Reformen", erklärt Schellhorn. „Der industrialisierte Norden Italiens ist eine im europäischen Vergleich reiche Region, hat aber seit der Finanzkrise Probleme im internationalen Wettbewerb“, ergänzt Steinberger.

Es gebe unterschiedliche Szenarien. Erstens: Italien werde im Euro günstiger (freiwillige Deflation), kürze Löhne, Pensionen und Staatsausgaben, investiere in Forschung und stärke den Standort. Zweitens: Die Euro-Staaten würden teurer, Italiens relative Wettbewerbsposition verbessere sich. Drittens: Die Eurozone werde zur Transferunion, Eurobonds würden ausgegeben, der Norden hafte für die Schulden des Südens. Viertens: „Die Kapitalmärkte bringen Italien zur Vernunft“, so Schellhorn abschließend.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

2 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Market Impact
    Market Impact

    Der Euro bleibt what ever it takes

    12:12 Uhr, 15.11. 2018
  • Kaputtnick
    Kaputtnick

    Der Euro war , ist und bleibt ne Todgeburt

    09:28 Uhr, 15.11. 2018

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten