Kommentar
18:51 Uhr, 26.04.2013

Spannung vor EZB-Zinsentscheid

Weltweit werden Händler in der kommenden Woche mit Spannung nach Bratislava blicken. Denn in der slowakischen Hauptstadt trifft sich am Donnerstag der EZB-Rat zu seiner geldpolitischen Sitzung. Die Märkte rechnen mit einer Leitzinssenkung um 25 Basispunkte. Nach einer Befragung der Nachrichtenagentur Reuters erwartet eine knappe Mehrheit der befragten Volkswirte der großen Banken eine Senkung der Leitzinsen von derzeit 0,75% auf ein neues Rekordtief von 0,50%.

Deutliches Konfliktpotenzial dürfte aber eine weitere mögliche Entscheidung der EZB bergen. Die Mehrzahl der von Reuters befragten Volkswirte erwartet, dass die EZB in den kommenden drei Monaten ein neues Programm für die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen in den Krisenstaaten aus dem Hut zaubern wird. EZB-Chef Mario Draghi sind die großen Zinsunterschiede in der Währungsunion seit Längerem ein Dorn im Auge. Obwohl die EZB einen einheitlichen Leitzins vorgibt, kommen Unternehmen in den Krisenstaaten nämlich zum Teil nur mit deutlichen Risikoaufschlägen an frisches Geld, weil die Banken bei derartigen Krediten zögerlich sind. Diese Zinsunterschiede hält die EZB für grundsätzlich problematisch und könnte deshalb ein neues Programm zur Ankurbelung der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen in den Krisenstaaten starten, so die Einschätzung der Volkswirte.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, könnte sich der jüngste Konflikt zwischen Bundesbank-Chef Jens Weidmann und der EZB weiter zuspitzen. Denn während die EZB die Zinsunterschiede für grundsätzlich problematisch hält, sieht die Bundesbank die Sache ganz anders. Die Bundesbank betrachtet die Zinsunterschiede nicht als eine "geldpolitisch zu bekämpfende Aufgabe", sondern hält das Ganze für "die unmittelbare Folge der national eigenverantwortlichen Finanzpolitik", wie aus einer Stellungnahme der Bundesbank für das Bundesverfassungsgericht hervorgeht.

Worauf sollten Trader nun in der kommenden Woche achten? In der vergangenen Woche war wiederholt zu beobachten, dass schlechte Wirtschaftsdaten in der Eurozone zu steigenden und gute Daten zu sinkenden Aktienkursen führten. Diese "paradoxe" Reaktion ist an der Börse nichts Ungewöhnliches, insbesondere dann nicht, wenn die Märkte auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik hoffen. Denn schlechte Wirtschaftsdaten nähren die Hoffnung, dass die Notenbank tatsächlich die Zinsen senkt oder auf anderem Weg für zusätzliche Stimulierung sorgen wird.

Da die Märkte nach den schwachen Daten der letzten Wochen inzwischen eine Leitzinssenkung zu einem erheblichen Teil eingepreist haben, dürfte das Erholungspotenzial bei einer Leitzinssenkung eher begrenzt sein, vor allem wenn die EZB kein zusätzliches Programm für die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen ankündigt. Andererseits besteht erhebliches Enttäuschungspotenzial: Sollte die EZB den Leitzins nicht senken und sollte EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz auch keine Leitzinssenkung für die kommenden Monate andeuten, dürften die Aktienmärkte mit deutlichen Kursverlusten reagieren.

Oliver Baron

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • ab 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

Mehr über Oliver Baron
  • Anlagestrategien
  • Fundamentalanalyse
  • Value Investing und Momentum-Ansatz
Mehr Experten