Spanien schlüpft unter den Euro-Rettungsschirm
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Madrid/ Brüssel (BoerseGo.de) - Die spanische Regierung hat ihren Widerstand aufgegeben und nun doch Gelder aus dem Euro-Rettungsfonds zur Rekapitalisierung seiner klammen Banken angefordert. Die Euro-Finanzminister erklärten sich am Wochenende bereit, Madrid bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Damit wird Spanien als viertes Euro-Land nach Griechenland, Irland und Portugal ein Euro-Rettungspaket in Anspruch nehmen. „Ich bin zuversichtlich, dass dies ein starkes Signal an die Märkte senden wird, dass die Euro-Zone bereit ist, Spanien in seinen Anstrengungen zu unterstützen, seinen Bankensektor zu restrukturieren und rekapitalisieren“, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn der Nachrichtenagentur Reuters.
„Die Kredite werden umfangreich genug sein, um einen Damm zu bilden, der alle möglichen Kapitalbedürfnisse auffangen kann“, heißt es in der Erklärung der Euro-Finanzminister. „Die Kreditsumme muss alle geschätzten Kapitalbedürfnisse plus eine zusätzliche Sicherheitsmarge umfassen, was sich schätzungsweise auf insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro summiert.“
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy trat am Sonntag dem Eindruck entgegen, das Land habe auf internationalen Druck gehandelt: „Mich hat niemand dazu gedrängt, die EU um Hilfen zu bitten. Im Gegenteil, ich war derjenige der gedrängt hat.“ Im Gegensatz zu den Vorgängern wird es in Anerkennung für den eingeschlagenen Sparkurs lediglich Auflagen für seinen Finanzsektor erhalten.
Mit den Hilfsmitteln sollen die spanischen Geldhäuser mit mehr Eigenkapital versorgt werden. Den Instituten in dem Land vor allem toxische Immobilienkredite in dreistelliger Milliardenhöhe zu schaffen. Die damit gekauften Wohnungen und Häuser haben vielfach stark an Wert verloren. Auch die Kreditrückzahlungen sind angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Arbeitslosigkeit im Land mit Unsicherheiten belastet. Allein das Kreditinstitut Bankia braucht nach eigenen Angaben 23,5 Milliarden Euro staatliche Unterstützung, um sich zu sanieren.
Die Hilfsaktion für Spanien löste allgemeine Erleichterung aus: Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Markus Kerber, hat die Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds im Grundsatz begrüßt. Der Antrag Madrids sei überfällig gewesen, jetzt komme es auf die Konditionen des Hilfspakets an, sagte Kerber der "Süddeutschen Zeitung". Bundesbankpräsident Jens Weidmann äußerte sich zuversichtlich, dass die Finanzmittel den gewünschten Erfolg erzielen. "Ich habe Vertrauen in die spanische Regierung, die ja bereits am Arbeitsmarkt umfassende Strukturreformmaßnahmen vorgenommen haben", sagte Weidmann im ARD-"Bericht aus Berlin". "Aber auf diesem Weg müssen sie weitergehen." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte, dank bisheriger Reformen seien die größten spanischen Banken gut durch die Krise gekommen und stünden stabil da. "Ein Teil des Finanzsektors muss jedoch noch die Nachwirkungen des Platzens der spanischen Immobilienblase verarbeiten", ließ Schäuble mitteilen.
Kritik äußerte hingegen Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Der Top-Ökonom bezeichnete das Hilfsprogramm für Spaniens Banken als "Voodoo-Ökonomie". „Das System ist: Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung", sagte er der "Welt".
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