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18:34 Uhr, 21.01.2016

S&P zeichnet düsteres Bild von Chinas ökonomischer Verfassung

Die Gefahr von Unternehmenspleiten steigt, das Vertrauen von Investoren in die Regierung schwindet. Chinas Finanzsystem steht laut der Ratingagentur S&P ein schwieriges Jahr bevor.

London/ Peking (Godmode-Trader.de) - Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) sieht große Gefahren für das chinesische Finanzsystem. „Ein Einbruch wichtiger Vermögenswerte in China könnte die Wirtschaft und den Finanzsektor destabilisieren, wenn keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen werden, um das Vertrauen der Investoren zu erhalten", heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Agentur. S&P sieht etwa das Risiko zunehmender Unternehmensinsolvenzen und schlechterer Kreditbedingungen, was den Wirtschaftskreislauf weiter beeinträchtigen könnte.

Außerdem müsse die Regierung aufpassen, dass sie mit ihren Wirtschaftsreformen nicht über das Ziel hinausschieße und Investorenvertrauen zerstöre. Die von Peking festgesetzten Regulierungen könnten die Renditen von Industrie und Bankensektor beeinträchtige. Sollte das Vertrauen in die Immobilien- und Anleihemärkte beschädigt werden, würden die Risiken für die Finanzbranche in besonderem Maße erhöht, heißt es in dem Bericht weiter. Die Regierung verfolge einen "Trial-and-Error"-Ansatz. Wenn etwas nicht zu funktionieren scheine, könne die Führung die Maßnahmen einfach wieder rückgängig machen. Auch das berge das Risiko großer wirtschaftlicher und politischer Folgekosten für die Finanzbranche.

Nahezu täglich gelobt die chinesische Führung, das Wirtschaftsmodell umzubauen. Künftig soll eine modernere Dienstleistungsökonomie wettbewerbsfähigere Produkte herstellen, die eine höhere Wertschöpfung ermöglichen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung moniert, dass Peking zu wenig auf den freien Austausch von Kapital, Ideen und Personen setze und auch die Kontrolle über die staatsgelenkte Wirtschaft nicht abgeben wolle. „In ihren Reden bekunden die Kader dann und wann den Willen, vieles besser zu machen. Die Eingriffe in die Finanzmärkte zeugen hingegen von Angst“, schrieb die Zeitung in dieser Woche.

Die virulenten Sorgen um die chinesische Wirtschaft haben derweil auch am Donnerstag an den Börsen des Landes zu starken Abschlägen geführt. Auch heute hat die chinesische Notenbank (PBoC) interveniert und über ihre kurzfristige Kreditfazilität 400 Milliarden Yuan in den Geldmarkt gepumpt. Ziel der Maßnahme ist es, angesichts der anhaltenden Kapitalflucht für Liquidität zu sorgen.

Chinas Wirtschaft wuchs 2015 nach offiziellen Angaben um 6,9 Prozent, und damit nur leicht schwächer als das von der Regierung ausgegebene Wachstumsziel von 7,0 Prozent. Die Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums geht unter anderem auf einen weitreichenden Strukturwandel von einem durch Industrialisierung und Massenproduktion dominierten Wirtschaftsmodell hin zu einer innovativeren Dienstleistungsgesellschaft zurück.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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