Kommentar
08:47 Uhr, 31.01.2017

So groß ist das Handelsproblem der USA

Der US-Handel steht weltweit im Zentrum der Diskussion. Was die USA wollen, ist klar. Dagegen sperren sich allerdings immer mehr Länder. Wieso das so ist, ist ebenfalls klar.

Der Handel der USA mit dem Rest der Welt ist gigantisch. Knapp 5 Billionen Dollar an Waren werden pro Jahr exportiert und importiert. Die USA importieren dabei deutlich mehr als sie exportieren. Die Handelsbilanz ist daher tiefrot. Das Defizit dürfte 2016 im Bereich von 700 Mrd. Dollar liegen.

Das Handelsbilanzdefizit beschränkt sich nicht nur auf einige wenige Länder, sondern auf über zwei Drittel der Handelspartner. Die Weltkarte (Grafik 1) ist entsprechend rot gefärbt. Mit rot gefärbten Ländern haben die USA ein Defizit. Die Zahlen zeigen die Höhe des Defizits für die ersten 11 Monate des vergangenen Jahres in Mrd. USD.

Eingefärbt sind lediglich Länder mit nennenswerten Defiziten oder Überschüssen bzw. Länder mit einer überraschenden Bilanz. Überraschend ist z.B. der Handelsüberschuss mit Saudi-Arabien, der immerhin 500 Mio. Dollar erreicht. Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten erreichte der Überschuss 17 Mrd.

Die Bilanz mit allen OPEC Ländern ist nach wie vor negativ. Die USA importierten um 7 Mrd. mehr Waren als sie in diese Länder exportierten. Das ist ein einmalig niedriges Defizit, welches dem tiefen Ölpreis geschuldet ist. Mit einer Normalisierung der Ölpreise steigt das Defizit ganz automatisch wieder Richtung 100 Mrd. Der bisherige Rekordwert wurde 2008 mit 177 Mrd. erreicht.

Die USA brauchen Öl. Alternativen zum Import gibt es nur bedingt. Die Produktionskapazität ist im eigenen Land begrenzt, kann aber noch gesteigert werden. Genau das will die neue Administration. Dumm ist das nicht, denn wieso sollte man Rohstoffe importieren, die man selber hat?

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Je nachdem wie erfolgreich die Ölindustrie ist, können die USA ihr Defizit aus dem Ölhandel begrenzen. Das Geld würde im Land bleiben. Entsprechend würden einige hunderttausend Arbeitsplätze geschaffen werden. Politisch lässt sich die Entwicklung unterstützen. Durch Deregulierung und bessere Infrastruktur sowie Steuervorteilen können Unternehmen Investitionen schmackhaft gemacht werden.

Bei anderen Produkten ist die Sache vielleicht nicht ganz so einfach. Vor allem US-Unternehmen selbst haben freieren Handel genutzt, um im Ausland billiger zu produzieren. So importierten die USA im Jahr 2015 über 160 Mrd. an Autos und über 100 Mrd. an Medikamenten. Wenn Trump also sagt, dass er den Zustand für unerträglich hält, hat er nicht ganz Unrecht. Medikamente werden ja nicht in teurer Handarbeit hergestellt, sondern automatisiert mit Maschinen. Hier kann man kaum argumentieren, dass es großangelegte Kostenvorteile gibt, wenn man im Ausland produziert.

Die Produktion von Gütern im Ausland, die wenig von Personalkosten abhängig sind, ist schwer vermittelbar. Es gibt keine handfesten Gründe – außer Steuern. Durch sogenannte Corporate Inversions haben viele US-Unternehmen ihren Hauptsitz ins Ausland verlagert, um dort die Einnahmen versteuern zu können und dies nicht mehr in den USA tun zu müssen. Durch den Prozess werden nicht nur Steuervorteile generiert. Tendenziell werden Produktion und andere Tätigkeiten mit der Zeit ebenfalls verlagert.

Grafik 2 zeigt einige Produktgruppen, von denen die USA viel importieren. Nicht abgebildet sind einige Exoten, darunter etwa Camping-Sachen. Die USA importieren über 10 Mrd. an Camping-Equipment. Das ist schon ein wenig abstrus.

Kurz gesagt: es gibt keine ökonomischen Gründe, weshalb das Defizit bei 700 Mrd. liegen sollte. Wirklich begründet ist vermutlich die Hälfte, bei der Unternehmen durch niedrige Arbeitskosten tatsächlich Vorteile erwirken können. Ebenso notwendig sind Rohstoffimporte. Die USA haben schlichtweg nicht von allen Rohstoffen genug, um sich selbst versorgen zu können. Ebenso unverzichtbar sind Importe von Produkten, bei denen US-Unternehmen das Wissen fehlt. Bestimmte Produktionsmaschinen werden eben weltweit nur von einem einzigen Unternehmen, z.B. einem deutschen Unternehmen, hergestellt.

Durch steuerliche Anreize und bessere Infrastruktur kann ein Teil des Außenhandels ersetzt werden. Dazu gehören etwa die Importe von Medikamenten. Eine Produktionsstätte in den USA zu errichten kostet zwar kurzfristig Geld, doch langfristig sollten kaum Nachteile entstehen, insbesondere, wenn die Unternehmenssteuern wieder kompetitiv sind.

Anhand des Handels sieht man, was in den letzten Jahren vor sich gegangen ist. Die USA selbst haben ihre Unternehmen ins Ausland gedrängt. Vor allem einer der höchsten Steuersätze weltweit hat diesen Prozess unterstützt. Die Politik muss die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen. Das geht nicht durch Strafzölle, sondern vor allem durch Steuerpolitik und bessere Infrastruktur. Das ist Teil des Plans der neuen Administration und dieser Teil ist richtig. Zölle hingegen sind katastrophaler Unsinn.

Im Idealfall beschränkt sich die Administration auf das, was sinnvoll ist. Schon das wird für viele andere Ländern schmerzhaft. Die Handelsbilanz wird sich zugunsten der USA verbessern. Anderen Ländern werden dadurch langfristig Einnahmen wegbrechen. Dass das Interesse am Erhalt des Status Quo groß ist, ist dadurch klar.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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