Der US-Anleihemarkt sendet wieder Warnsignale
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Nachdem die Reaktion auf die am Dienstag veröffentlichten US-Inflationsdaten für Juni am Aktienmarkt zunächst positiv ausgefallen war, machte sich im Handelsverlauf zunehmend Skepsis breit. Grund dafür war ein deutlicher Renditeanstieg bei US-Staatsanleihen über sämtliche Laufzeiten hinweg. Die Renditen bei US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 20 und 30 Jahren stiegen dabei sogar auf über 5 % an.
Der US-Anleihemarkt ist der größte und liquideste Markt weltweit und bildet das Fundament für die globalen Finanzmärkte. Steigende Anleiherenditen, die u.a. durch höhere Inflationserwartungen ausgelöst werden können, erhöhen die Finanzierungskosten für die US-Regierung und für Unternehmen und machen Aktien gegenüber festverzinslichen Anlagen automatisch unattraktiver.
Die US-Inflationsrate auf Jahressicht hatte sich von 2,4 % im Mai auf 2,7 % im Juni wieder deutlich beschleunigt, während die Kernrate ohne die schwankungsfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise von 2,8 % auf 2,9 % zulegte. Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise um 0,3 % und zeigten damit den stärksten Anstieg seit Januar.
Auch wenn der Inflationsanstieg wegen der Trump-Zölle bisher verhalten ausgefallen ist, wird nun wieder zunehmend die Befürchtung geäußert, dass die Teuerung in den kommenden Monaten deutlich anziehen könnte. Dies würde dann auch die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed im zweiten Halbjahr 2025 verringern.
Hedgefonds wetten auf langfristig steigende Renditen
Finanzkräftige Hedgefonds setzen im großen Stil auf fallende Kurse und steigende Renditen bei US-Staatsanleihen. Prominente Investoren wie Stanley Druckenmiller haben große Short-Positionen auf langfristige US-Treasurys aufgebaut. Laut Berichten summieren sich die Wetten von Hedgefonds gegen US-Staatsanleihen inzwischen auf rund 1 Bio. USD.
Druckenmiller selbst hält rund 25 % seines Portfolios in einer Short-Position auf langlaufende Treasurys, ist aber Medienberichten zufolge gleichzeitig mit hohem Hebel long in zweijährigen Anleihen investiert. Damit profitiert Druckenmiller von strukturell steigenden Renditen am langen Laufzeitende, auch wenn eine stagflationäre Entwicklung die Zinsen am kurzen Ende zunächst wieder deutlich sinken lassen könnte.
Mehrere Faktoren sprechen für einen anhaltenden Aufwärtsdruck bei den Renditen. So schwächt die angespannte Haushaltslage der Vereinigten Staaten mit stark steigenden Defiziten und einem größeren Emissionsvolumen das Vertrauen der Investoren. Zudem steigen die Inflationserwartungen, angeheizt durch neue und verschärfte Importzölle der Trump-Regierung, die die Preise zusätzlich unter Druck setzen. Hinzu kommt die geopolitische Unsicherheit und die Tatsache, dass die USA in Gefahr laufen, ihre militärische und wirtschaftliche Führungsrolle an aufstrebende Länder wie China zu verlieren.
Am Anleihenmarkt zeigen sich zudem langfristige Zyklen. Während die Zeit von ungefähr 1940 bis 1980 von steigenden Renditen geprägt war, sanken die Renditen von 1980 bis 2020 und waren damit ein wichtiger Treiber für die steigenden Notierungen an den Aktienmärkten. Sollten in den kommenden vier Jahrzehnten die Renditen strukturell steigen, könnte dies einen fast kontinuierlichen Gegenwind für die Aktienmärkte bedeuten, der aber natürlich durch andere Faktoren (etwa die steigende Produktivität durch Künstliche Intelligenz) kompensiert werden könnte.
Fazit: Auch wenn der Renditeanstieg am US-Anleihemarkt die Aktienrally bisher nicht ausbremsen konnte, bleiben steigende Anleiherenditen ein struktureller Risikofaktor, der sich auch kurzfristig negativ bemerkbar machen kann, wie u.a. auch die Reaktion auf die gestrigen Inflationsdaten zeigt. Heute steht mit den Erzeugerpreisen für Juni gleich der nächste Datenpunkt mit hoher Relevanz für den US-Anleihemarkt an.
Könnte die Schwäche am US-Anleihemarkt nicht sogar positiv für die US-Aktienmärkte sein, wenn es zu einer Verlagerung der Anlagegelder kommt?
Große Staatsfunds und sogar Notenbanken investieren ja seit geraumer Zeit schon vermehrt in US-Aktien, die bessere Renditen und Inflationsschutz bieten.