Schwellenländer: Alles andere als ein Block
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Paris (GodmodeTrader.de) - Sind alle Schwellenländer gleich? Natürlich nicht. – Warum werden sie dann von Investoren immer noch häufig wie ein einheitlicher Block behandelt? In welchem Umfang eine Differenzierung lohnt und notwendig ist, zeigt Philippe Ithurbide, Global Head of Research bei Amundi, in einem Beitrag zum Thema Schwellenländer auf.
„Die Schwellenländer sind ebenso wenig ein Block wie die entwickelten Länder oder die Eurozone. Trotzdem hat sich diese Sichtweise bei vielen Investoren durchgesetzt, weil sie jahrzehntelang einen niedrigen (oft sogar sehr niedrigen) Teil ihres Portfolios dem ‚Beta‘ dieser Assetklasse zugewiesen haben und nicht die Absicht hatten, mit Alpha-Strategien zu arbeiten. Es ging um passives Management (Investitionen in einen aufstrebenden Block, abgebildet in einem Index) und nicht um aktives Management (Länderanalyse, Bewertung, Auswahl)“, schreibt Ithurbide.
Historisch habe das durchaus Sinn gemacht, weil bis zum Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts Lateinamerika die einzige Region innerhalb der Assetklasse gewesen sei, die nennenswertes Volumen und Liquidität geboten habe. Damit sei eine Diversifizierung, die diesen Namen verdiene, gar nicht möglich. So habe der Emerging Markets Bond Index (EMBI) noch Ende der 90er Jahre gerade einmal zehn Länder gelistet: Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Ecuador, Mexiko, Panama, Peru, Polen, Russland und Venezuela. Mittel- und Südamerika hätten damit für 90 Prozent des Index gestanden. Die drei Länder Argentinien, Brasilien und Mexiko allein hätten schon 70 Prozent des EMBI ausgemacht, heißt es weiter.
„Seitdem hat sich viel getan. Natürlich weisen die Schwellenländer weiterhin Gemeinsamkeiten auf, etwa das Fehlen eines ‚sicheren Hafens‘ innerhalb der Assetklasse, analog der Rolle Deutschlands für die Eurozone. Die Gruppierung in einem Block macht aus Investorensicht allerdings nur dann Sinn, wenn diese Länder auch tatsächlich weiterhin in ihrer Entwicklung korrelieren“, so Ithurbide.
„Für die Differenzierung zwischen den einzelnen Volkswirtschaften bieten sich zwei unterschiedliche Ansätze an. Statische Modelle definieren Gruppen, die über längere Zeit hinweg homogen und stabil bleiben. Die Differenzierung fußt hier auf strukturellen Unterschieden: Wie hoch ist die Auslandsverschuldung? Kann die Volkswirtschaft aus sich selbst heraus wachsen? Exportiert sie oder importiert sie Rohstoffe? – Wir bevorzugen einen dynamischeren Ansatz, der auch zyklische Faktoren mit einbezieht. Wir arbeiten auf der Grundlage von Näherungsmessungen zwischen einzelnen Schwellenländern und erarbeiten ein Baumdiagramm, in wie vielen Klassen sich Schwellenländer sinnvoll zusammenfassen lassen“, so Ithurbide.
Im Falle einer ernsthaften Krise allerdings gehe er davon aus, dass die Korrelation deutlich steige und zumindest einige Schwellenländer tatsächlich ähnlich reagieren würden. Dafür müsse allerdings eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein:
- Erhöhte Risikoaversion
- Die Überzeugung, dass die betroffenen Länder ein Block seien
- Wirtschaftliche oder politische Ähnlichkeiten, etwa zwischen Ländern, die Rohstoffe produzierten, oder zwischen Ländern, die Rohstoffe verbrauchten
- Abhängigkeit von ausländischen Kapitalströmen – so würden Schwierigkeiten in China starke Auswirkungen auf Projektfinanzierungen in Afrika haben
- Ein gemeinsamer externer Faktor, etwa eine Dollaraufwertung, ein plötzlicher Anstieg der US-Zinsen, eine Finanzkrise in den Industrieländern etc.
„Wenn diese Faktoren zusammenkommen, dann könnten sich die Schwellenländer in der Tat wie ein Block verhalten. Bei aller Diversifikation kann deshalb gerade im Moment ein zu umfassendes Schwellenländer-Exposure riskant sein, weil sich die Gefahr etwa eines ernsthaften weltweiten Handelskrieges oder einer massiven Rezession nicht ausschließen lässt“, so Ithurbide.
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