Kommentar
17:45 Uhr, 23.12.2019

Schweden hebt die Zinsen an und alle reiben sich die Augen

Als erste Notenbank weltweit kehrt die schwedische Zentralbank den Negativzinsen den Rücken. Wieso sie das tut, versteht keiner.

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Schwedens Wirtschaft hat sich wie in vielen anderen Ländern auch deutlich abgekühlt. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende befindet sich im Sturzflug (Grafik 1). Normalerweise wird in solchen Situation die Geldpolitik gelockert. Man kann nicht einmal auf einen starken Dienstleistungssektor verweisen. Auch dort befindet sich der Einkaufsmanagerindex unterhalb der Marke von 50 Punkten. Der Sektor schrumpft.


Trotzdem wurden die Zinsen auf 0 % angehoben. Während Schweden die Geldpolitik strafft, wurde sie in der Eurozone gerade erst gelockert. Die Zinsen wurden gesenkt und ein neues QE-Programm gestartet. Die schwedische Notenbank verweist darauf, dass sie ihr Inflationsziel erreicht hat.

Die Inflation liegt seit 2017 nahe der Zielmarke von 2 % (Grafik 2). Damit würde die Notenbank der Geldpolitik folgen, die vor der Finanzkrise galt. Die Zinsen wurden angehoben, wenn die Inflation stieg. In den meisten Ländern stieg diese nicht. Daher bestand auch die Notwendigkeit höherer Zinsen nicht.


Die Inflationsrate konnte allerdings nur auf 2 % steigen, weil die Währung stark abwertete (Grafik 3). Mit wirtschaftlicher Stärke und hoher Nachfrage hat das wenig zu tun. Bei nachlassendem Wachstum und steigender Arbeitslosigkeit ist rätselhaft, wie das Inflationsziel in Zukunft erreicht werden soll, wenn nun auch noch die Zinsen steigen.

Es ist eine verkehrte Welt. Jahrelang wurde uns eingeredet, dass es Negativzinsen unbedingt braucht. Nun, da die Verfassung der Wirtschaft in Schweden immer schlechter wird, steigen die Zinsen. Nachvollziehbar ist das nicht. Es wirkt vollkommen arbiträr. Vielleicht müssen wir uns aber an eine solche Geldpolitik gewöhnen.

Zinsen folgen nicht mehr unbedingt dem Konjunkturzyklus. Vielmehr scheint die Zinspolitik davon immer mehr losgelöst zu sein. Japan hat ein ähnliches Wunderwerk eingeleitet. Der Notenbank waren die langfristigen Zinsen zu niedrig. Sie hat daher ihr QE-Programm umgestellt und teils sogar Anleihen mit längeren Laufzeiten verkauft, um die Zinsen anzuheben. Sie versuchte das als Lockerung der Geldpolitik zu verkaufen.

In der Schweiz ist die Zinspolitik schon lange nicht mehr souverän. Egal, ob Hochkonjunktur oder Abkühlung, der Zins bleibt eisern bei -0,75 %. Gleichzeitig läuft die Notenpresse auf Hochtouren, um eine mögliche Frankenaufwertung zu verhindern. Wie gesagt, es ist dabei vollkommen egal, ob die Wirtschaft boomt oder nicht.

Die Zinsen werden anscheinend nicht anhand der Wirtschaftslage festgesetzt, sondern anhand anderer Zielgrößen. In der Schweiz ist das noch nachvollziehbar, da der Franken andernfalls so stark aufwerten könnte, dass die Wirtschaft in eine Depression fällt. In Schweden ist das nicht der Fall.

Es wirkt fast so, als ob die Notenbanken ihren Exzess korrigieren wollten. Sie tun nicht das, was die Wirtschaft bräuchte, sondern das, was gerade für richtig gehalten wird. So hat die EZB Ende 2018 ihr QE-Programm beendet, obwohl die Abkühlung sehr deutlich zu sehen war. Sie tat es wider besseren Wissens, weil sie ein Ende versprochen hatte.

Das neue QE-Programm ist relativ kraftlos und beginnt in einer Zeit, da sich der Ausblick wieder verbessert. Es scheint wieder einmal nicht um die Wirtschaft zu gehen, sondern um etwas anderes: Staatsfinanzierung. Vielleicht wird es doch Zeit eine regelbasierte und automatische Geldpolitik einzuführen. Die nicht mehr nachvollziehbaren Entscheidungen der letzten Monate zeigen eine stark politisch motivierte Geldpolitik, die deutlich korrumpiert wirkt.

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10 Kommentare

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  • cavalli
    cavalli

    Unter einem Zinssatz von 3 bis 4% ist es einem potentiellen Investor egal wie hoch die Zinsen sind. Anders gesagt, Zinsmaßnahmen unter diesen Marken haben keinen Einfluss darauf, ob Investitonen getätigt werden oder nicht. .Investiert wird, wenn sich Chancen ergeben, dass die Investitionen in absehbarer Zeit wieder heraus zu holen sind und sich dann möglichst verzinsen. Das sind alte volkswirtschaftliche Erkenntnisse, die sich evt. jetzt wieder durchsetzen nach diesen Zauberlehrlingsmaßnahmen der diversen Notenbanker aus Japan, USA und Europa, die im Grunde nur zu Verwerfungen und Überschuldungen geführt haben und dazu, keinen Handlungsspielaum mehr zu haben.

    12:46 Uhr, 25.12.2019
  • Glattsteller
    Glattsteller

    Inflation ist eine Enteignung des Sparguthabens über den Konsum. Negativzinsen sind eine Enteignung direkt auf dem Sparkonto. Ansonsten keine Ahnung was sich die Sveriges Riksbank dabei gedacht hat.

    15:19 Uhr, 24.12.2019
  • 1 Antwort anzeigen
  • JürgenSK
    JürgenSK

    Max Otte erwartet 2020/21 einen Crash....wird ja auch mal höchste Zeit. Auslöser gibts viele...es reicht wenn einer greift....

    22:34 Uhr, 23.12.2019
  • JürgneDax
    JürgneDax

    Frohe Weihnachten Herr Schmale

    17:58 Uhr, 23.12.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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