Kommentar
14:42 Uhr, 26.01.2015

Schwacher Euro, niedrige Energiepriese und Geldpolitik liefern positive Impulse für die Konjunktur in Europa

Die Experten von J.P. Morgan Asset Management sind überzeugt, dass der US-Dollar auch 2015 weiter zulegen wird, wovon Anleger in Europa profitieren sollten. „In der Vergangenheit hat sich ein steigender US-Dollar für die Industrieländer als vorteilhaft erwiesen, da dieser die Inflation in den USA drückt und somit zu einem längeren Konjunkturaufschwung beiträgt. Die Aussicht auf eine weitere Abschwächung des Euro dürfte parallel die Ertragsentwicklung in Europa maßgeblich begünstigen – vor allem bei sinkenden Ölpreisen“, erläutert Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt. Für Schwellenländer-Anlagen dagegen sind ein starker US-Dollar, schwache Rohstoffpreise und höhere Zinsen in den USA weniger gute Nachrichten, da historisch betrachtet die Kurse von Schwellenländeraktien negativ mit dem US-Dollar korrelieren. Viele Schwellenländer weisen heute jedoch robustere Fundamentaldaten auf als in früheren Stärkephasen des Dollars. „Die letzte Aufwertungsphase des US-Dollar endete 2002. Seither haben einige Schwellenländer ihre Abhängigkeit von der Rohstoffindustrie verringert und sich stärker auf das verarbeitende Gewerbe konzentriert. Länder, die stark von der Verbrauchernachfrage in den USA abhängig sind, wie beispielsweise Taiwan oder Thailand können von dem kräftigeren US-Wachstum sogar profitieren“, betont der Experte.

Divergenz als Ursache für den starken Dollar

Galler benennt drei Hauptgründe für die anhaltende Aufwertung des US-Dollars: Erstens das Auseinanderdriften der Wirtschaftsentwicklung in den USA im Vergleich zu den meisten anderen Volkswirtschaften. So sei die US-Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2014 voraussichtlich um solide 3 Prozent gewachsen. Das kann sich insbesondere im Vergleich zu der Eurozone, Japan und China sehen lassen, wo sich die Konjunkturdynamik 2014 abgeschwächt hat. Zweitens die unterschiedliche Geldpolitik: Es wird erwartet, dass die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen 2015 anheben wird, während die Europäische Zentral-bank (EZB) und die Bank of Japan weiterhin einen expansiven geldpolitischen Kurs verfolgen dürften. Und drittens das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten, das in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, was vor allem auf die größere Unabhängigkeit von Energieimporten zurückgeführt werden kann. So wurde im letzten Jahr nur knapp ein Drittel des US-Energieverbrauchs durch Importe gedeckt. 2005 belief sich der Anteil noch auf 60 Prozent.

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Fünf Gründe für einen Stimmungswechsel in der Eurozone

In der zweiten Jahreshälfte 2014 wurde die Stimmung der Märkte und Medien gegenüber der Eurozone pessimistischer, da die Konjunktur ins Stocken geriet. Dies ließ Befürchtungen über eine erneute Rezession wieder aufleben. Unterdessen führte der drastische Rückgang des Weltmarktpreises für Rohöl zu sinkenden Inflationserwartungen und zunehmender Angst vor einer Deflation. All diese Faktoren stellen für die Wirtschaft der Eurozone 2015 erhebliche Risiken dar. Dennoch sprechen nach Einschätzung Tilmann Gallers fünf Gründe dafür, dass die Anleger in Europa in diesem Jahr positiver gestimmt sein sollten als in den letzten Monaten des vergangenen Jahres. Neben der Lockerung des Sparkurses, der mehr Spielraum für Wirtschaftswachstum lassen sollte, sind das die langsam aber stetig voranschreitenden Reformen, die inzwischen erste positive Effekte zum Beispiel in Spanien, Portugal und Irland zeigen. Die steigende Nachfrage nach Bankkrediten lässt außerdem auf eine Wende im Kreditzyklus und auf eine leichte Beschleunigung des Wirtschaftswachstums schließen. Als vierter Grund ist die aktive Zentralbankpolitik zu nennen: Im Zuge der Bilanzausweitung der EZB ist mit einer längerfristigen Euro-Abschwächung zu rechnen, wodurch der Disinflationsdruck nachlassen dürfte. Und fünftens sollten vom schwächeren Euro Unternehmen profitieren, die außerhalb der Eurozone Erträge erwirtschaften. Insgesamt sind europäische Aktien zwar nicht mehr günstig, aber auch nicht besonders teuer bewertet, so dass Gallers Fazit für die Region verhalten positiv ausfällt: „Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird sich 2015 wohl nur leicht beschleunigen, doch angesichts der inzwischen sehr schlechten Stimmung gegenüber europäischen Aktien dürften sie in der Lage sein, Investoren positiv zu überraschen.“

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Durations- und Liquiditätsrisiko am Anleihenmarkt steigt

Entgegen den Konsenserwartungen sind die Renditen von Anleihen der Kernstaaten im Laufe des letzten Jahres aufgrund der gesunkenen Inflationserwartungen weiter zurückgegangen. 2015 wird die restriktivere Geldpolitik in den USA die Kurse von US-Anleihen nach Ansicht von Tilmann Galler unter Druck setzen. Doch die weitere geldpolitische Lockerung in der Eurozone und in Japan sowie die starke Nachfrage von institutionellen Anlegern dürfte eine Aufwärtsentwicklung der Renditen längerfristiger Anleihen begrenzen. Unabhängig davon, ob diese Prognosen eintreffen werden, sollten sich Anleger auf ein herausforderndes und möglicherweise unruhiges Jahr mit höherer Volatilität an den Kapitalmärkten gefasst machen. Dies stellt für Anleger eine große Herausforderung dar. „Da die Zinsen von einem sehr niedrigen Niveau aus steigen, müssen Anleger bei der Ertragsgenerierung einen flexiblen Ansatz verfolgen und auf eine ausreichende Kapitalabsicherung achten“, betont Galler. Spread-Produkte sollten seiner Meinung nach weiterhin gutes Ertragspotenzial bieten. Eine höhere Volatilität könnte sich allerdings negativ auf die Liquidität von höher verzinslichen Anlageprodukten auswirken. „Den besten Schutz bietet in dieser Situation ein gut diversifiziertes Portfolio. Mit einer breit gestreuten, strategischen Vermögensaufstellung sollten Anleger auch in volatileren Märkten gut aufgestellt sein“, so der Experte.

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