Keine schnelle Erholung vom Corona-Schock?
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An den Aktienmärkten war in den vergangenen Wochen und Monaten Euphorie angesagt. Nach dem rekordverdächtigen Einbruch im Februar und März haben sich die Märkte rasch und in einigen Fällen auch vollständig erholt. In den USA konnten die wichtigsten Indizes nach dem Corona-Schock sogar wieder auf neue Allzeithochs steigen. Da die Aktienmärkte einer bekannten Börsenweisheit zufolge der Realwirtschaft immer eine gewisse Zeit vorauslaufen, könnte man bei oberflächlicher Betrachtung vermuten, dass mit einer gewissen Zeitverzögerung auch die Realwirtschaft eine V-förmige Erholung durchläuft und bald wieder in alter Stärke unterwegs sein dürfte.
Doch eine Studie unter dem Titel "Economic Uncertainty Before and During the COVID-19 Pandemic", deren Ergebnisse auch beim virtuellen Notenbanktreffen von Jackson Hole vorgestellt wurden, kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Die Ökonomen untersuchten verschiedene Maßstäbe, an denen sich die Verunsicherung von Verbrauchern, Unternehmen und Investoren durch die Corona-Pandemie ablesen lässt. Neben der impliziten Volatilität an den Finanzmärkten analysierten die Wissenschaftler die Unsicherheit der Wirtschaftssubjekte u.a. auch anhand von Zeitungsmeldungen, Twitter-Botschaften und den Divergenzen in den Prognosen bezüglich der künftigen Wirtschaftsentwicklung.
Die meisten Risikomaßstäbe kletterten durch die Corona-Pandemie auf den höchsten Stand aller Zeiten, so die Wissenschaftler. Doch während die implizite Volatilität an den Finanzmärkten bereits Ende März wieder deutlich abnahm, erreichten andere Maßstäbe für die Unsicherheit ihren Höchststand erst deutlich später und fielen teilweise auch weniger stark zurück. Auch aktuell sei die Unsicherheit noch deutlich erhöht, so die Wissenschaftler.
Die anhaltend hohe Unsicherheit verheiße "nichts Gutes für eine vollständige und rasche wirtschaftliche Erholung", heißt es in der Studie. So lässt ein Modell der Wissenschaftler etwa erwarten, dass die US-Industrieproduktion durch den Corona-Schock um 12 bis 19 Prozent einbricht und, ähnlich wie nach der Finanzkrise von 2008, es mehr als zwei Jahre dauern wird, bis die Industrieproduktion wieder den langfristigen Trend erreicht hat. Damit wären aber die Verluste aus der Zeit während der Pandemie noch lange nicht wieder aufgeholt.
"Angesichts des Ausmaßes der jüngsten Arbeitsplatzverluste und des Einbruchs der Investitionen würde eine starke und rasche Erholung einen enormen Anstieg neuer Aktivitäten erfordern." Diese neue wirtschaftliche Aktivität werde aber durch das in der jüngeren Geschichte beispiellos hohe Maß an Unsicherheit gehemmt, heißt es in der Studie.
In der Tat zeigt auch der VIX, der die implizite Volatilität (erwartete Schwankungsbreite) im US-Aktienindex S&P 500 misst, dass der Corona-Schock noch nicht vollständig überwunden ist. Der folgende Chart zeigt einen an den deutschen Börsen handelbaren ETF auf den VIX.
Nach dem deutlichen Anstieg im März fiel der VIX zwar zurück. Allerdings hat sich das Angstbarometer inzwischen auf einem (im Vergleich zum Jahresbeginn) deutlich erhöhten Niveau stabilisiert. Zudem ist seit Mitte August wieder ein kleinerer Anstieg zu verzeichnen, der auch mit den erwarteten Turbulenzen rund um die US-Präsidentschaftswahl zusammenhängen dürfte.
Fazit: Eine schnelle und vollständige Erholung der Realwirtschaft dürfte trotz der deutlichen Erholung an den Aktienmärkten unwahrscheinlich sein. Vor allem die nach wie vor deutlich erhöhte Unsicherheit der Wirtschaftssubjekte spricht gegen eine V-förmige Erholung. Die rasche Erholung an den Aktienmärkten dürfte damit vor allem liquiditätsgetrieben sein und keinen schnellen Rebound der Realwirtschaft signalisieren.
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Der gesunde Menschenverstand kam schon vor Monaten zum gleichen Ergebnis wie die hochbezahlten Wissenschaftler:
Natürlich kann es schon aus psychologischer Sicht auf absehbare Zeit keine vollständige Erholung geben.
Was die Börsen daraus machen werden, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Mehr dazu in der September-Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs...
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