Kommentar
08:27 Uhr, 05.02.2015

Schießt Japan den vierten Pfeil ab?

Die Abenomics sollen mit Hilfe von 3 Pfeilen Japan wieder in Schwung bringen. Nun könnte ein vierter, ziemlich überraschender Pfeil hinzukommen.

Die Abenomics sind bisher gescheitert. Das liegt wahrscheinlich daran, dass von den drei Pfeilen nur einer abgeschossen wurde. Eigentlich sollte eine Kombination aus aggressiver Geldpolitik, Schuldenabbau und Strukturreformen Japan verändern. Bis auf eine Anpassung der Geldpolitik ist nicht viel geschehen. Trotzdem könnte nun ein vierter Programmpunkt hinzukommen, obwohl die ersten drei noch nicht zusammen umgesetzt wurden. Die Wahrscheinlichkeit für einen vierten Pfeil ist hoch. Dieser würde sich nämlich mit der Umverteilung von Vermögen befassen. Das tut der Regierung politisch nicht weh. Während Steuererhöhungen und Strukturreformen bei Wählern nicht gerade beliebt sind, dürfte eine Umverteilung von Vermögen auf sehr viel Zuspruch stoßen.

Von außen betrachtet scheint es den meisten Japanern recht gut zu gehen. Es entsteht nicht unbedingt der Eindruck, dass Japan unter großer Ungleichheit leidet. Nicht zuletzt die niedrige Arbeitslosigkeit deutet eigentlich eine gute Balance an. Seit Mitte der 90er Jahre stieg die Arbeitslosenrate von 2 auf knapp 6% an. Für Japan sind 6% sehr viel. Inzwischen ist die Quote wieder auf ein erträgliches Maß von gut 3% zurückgegangen.

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Je mehr Menschen arbeiten, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass es ihnen gut geht. Die meisten Jobs zahlen ja dann doch mehr als die Sozialhilfe. Damit muss das Einkommen aber noch immer nicht gut sein. Ein ähnliches Phänomen sieht man in den USA. Die Arbeitslosenrate ist rückläufig. Es werden allerdings vor allem Jobs im Niedriglohnsektor geschaffen. Menschen haben dann zwar Arbeit, aber gut geht es ihnen trotzdem noch nicht.

In Japan sind die Zustände längst nicht so dramatisch wie in den USA. Trotzdem steigt die Zahl der Sozialhilfeempfänger kontinuierlich an. Obwohl die Arbeitslosenrate zurückgeht steigt die Zahl der Sozialhilfeempfänger. Das sagt schon viel aus. Mit knapp 2,2 Mio. Personen erreicht die Anzahl an Personen einen neuen Rekordstand. Setzt man diese Zahl ins Verhältnis zur Bevölkerung, dann ist ein neuer Rekordstand noch nicht erreicht. Mit 1,7% der Bevölkerung ist der Wert allerdings schon relativ hoch. Zuletzt gab es in den 50er Jahren mehr Hilfsbedürftige – und das war in einer Zeit als sich das Land erst langsam vom Zweiten Weltkrieg, Hyperinflation und einem Staatsbankrott erholte.

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Die Zuwächse, die es bei Gehältern gibt, entfallen vor allem auf die ohnehin wohlhabenden. Grafik 3 zeigt das Durchschnittseinkommen verschiedener Bevölkerungsschichten. Mit dem Kollaps zum Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zum Reset. Davor war die Ungleichheit extrem hoch. Mit dem Bankrott und der Hyperinflation wurde die Uhr quasi wieder auf Null zurückgedreht. Seitdem entwickelt sich die Ungleichheit wieder. Das Einkommen der Top 0,01% ist noch nicht im absoluten extrem angelangt. Dafür aber erreichen die Einkommen der Top 0,5% oder Top 0,1% neue Rekorde. Das Einkommen der unteren 90% sind im Vergleich dazu kaum wahrnehmbar.

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Je höher die Einkommen in den oberen Schichten, desto mehr des Gesamteinkommens vereinen sie auf sich. Grafik 4 zeigt den Einkommensanteil verschiedener Gruppen am Gesamteinkommen. Die Top 10% haben einen Anteil von ca. 45%. In den USA ist der Wert mit ca. 50% höher, aber nicht viel. In den USA kann man schon lange nicht mehr von einem Gleichgewicht sprechen. Das gilt auch für Japan.

Wie sollen aber Gelder umverteilt werden? Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Über Steuern lassen sich Umverteilungen anstoßen. Das wird jedoch in den meisten Ländern dieser Welt seit Jahrzehnten versucht. Wirklich gelungen ist das bisher nirgends. Es könnte daher die japanischen Unternehmen treffen. Diese sitzen auf enormen Geldbergen. Die Geldberge japanischer Unternehmen sind so hoch wie das 1,2-fache des Bruttoinlandsproduktes. Dieser Wert war nur kurz vor dem Platzen der Vermögenswertblase Ende der 80er Jahre höher.

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Im Moment versucht die Regierung Unternehmen dazu zu motivieren Gehälter zu erhöhen. Bisher ist das nur bedingt erfolgreich. Wenn sich Unternehmen weiter widersetzen, dann könnte als vierter Pfeil ein starker Eingriff in die Lohngestaltung kommen. Zuzutrauen ist es den Japanern. Es wäre ein sehr spannendes Experiment. Bisher schrecken Politiker davor zurück so etwas zu tun. Die Angst ist einfach, dass die Unternehmen schnell abwandern. Ob dem dann tatsächlich so sein wird – warten wir es ab.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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