Kommentar
11:10 Uhr, 08.07.2020

Schieferöl-Industrie: Ist diese Branche noch zu retten?

Obwohl viele Schieferölunternehmen zum aktuellen Ölpreis de facto insolvent sind, ziehen sie sich doch wieder am eigenen Schopfe aus dem Sumpf. Wie lange kann das funktionieren?

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 40,47500 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 40,47500 $/bbl. (FXCM)

Der seit über 10 Jahren andauernde Ölboom in den USA war noch nie mit einer so großen Krise konfrontiert. Der Boom begann als der Ölpreis dreistellig war. Die Kosten waren entsprechend hoch und spielten keine Rolle. Selbst zu diesen Zeiten, als pro Barrel Öl teils 120 Dollar gezahlt werden mussten, verbrannten die meisten Unternehmen Geld. Sie gaben mehr aus als sie einnahmen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Über 300 Mrd. Dollar wurden bereits versenkt. Man fragt sich wie eine Industrie überlebt, die noch nie Geld verdient hat und ob es irgendwann einmal eine Krise gibt, bei der es anders kommt als bisher. Bisher haben sich Schieferöl-Unternehmen immer wieder irgendwie retten können. Auch diesmal stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Derzeit wird gespart, wo es nur geht. Die Bohraktivität ist in den Schieferöl-Regionen so gering wie zuletzt vor Beginn des Booms. Wer heute weniger bohrt, produziert morgen weniger. Das klingt logisch, ist aber nicht unbedingt so.


Krisen machen erfinderisch. Unternehmen gelingt es bestehende Anlagen besser zu nutzen. Die Produktion je Anlage steigt kontinuierlich an (Grafik 2). In einigen Regionen wurde aus einem Bohrloch noch nie so viel Öl gepumpt wie jetzt.

Obwohl weniger gebohrt wird konnte die Produktion so zuletzt wieder ansteigen (Grafik 3). Wo es ging, wurde die Produktion kurzfristig gedrosselt. Die Fördermenge sank von 13 Mio. Barrel pro Tag auf 10,5 Mio. Barrel. Inzwischen sind schon wieder 11 Mio. erreicht und mehr ist möglich.

Ölunternehmen sitzen auf einer hohen Anzahl an bereits gebohrten Löchern, allerdings sind diese noch nicht betriebsbereit. Es fehlt ein letzter Schritt zur Fertigstellung. Die Fertigstellung erfolgt, wenn der Ölpreis eine Ausweitung der Produktion sinnvoll macht. Bei Preisen über 40 Dollar kann das für einige wieder der Fall sein.

Es warten ca. 7.000 Bohrlöcher nur darauf, Öl ans Tageslicht zu bringen (Grafik 4). Unter diesen Umständen können US-Produzenten innerhalb kurzer Zeit die Produktion um mehrere Millionen Barrel nach oben fahren. Das werden sie auch tun, denn die meisten Firmen sind bei Preisen unter 40 Dollar de facto insolvent.


Sie haben zwar noch Geld, doch der Wert des Öls, das sie fördern können, liegt unterhalb der Verbindlichkeiten in der Bilanz. Wer weniger Assets als Verbindlichkeiten hat, ist de facto insolvent. Um dem Schicksal zu entgehen, werden Ölpreise von mehr als 40 Dollar genutzt, um die Produktion schnell auszuweiten und so viel zu verdienen wie möglich. Andernfalls droht irgendwann tatsächlich der Bankrott.

Nach derzeitigem Kenntnisstand wird die Branche auch die jetzige Krise überleben. Als Anleger darf man jedoch keine Wunderwerke erwarten. Der Ölpreis ist hoch genug, um an Produktionsausweitung zu denken. Damit droht erneut eine Überversorgung des Marktes und wieder fallende Preise.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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