Kommentar
14:06 Uhr, 14.04.2016

Schäubles Kampf gegen Windmühlen

Wolfgang Schäubles Wortmeldungen gegen die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken werden lauter. Im Vorfeld des IWF-Frühjahrstreffen drängt der Bundesfinanzminister nun auf einen Kurswechsel in der globalen Zinspolitik. Sowohl die Finanzbranche als auch die Altersvorsorge leiden darunter, so sein Credo. Und wenn die Ersparnisse der deutschen Anleger von der Euro-Rettung aufgefressen werden, ist auch ihm klar, dass sich das Vertrauen der Bürger in die europäische Integration weiter abkühlen dürfte. Also will Schäuble auf der IWF-Frühjahrskonferenz für ein Ende der ultralockeren Geldpolitik die Trommel rühren und sieht dabei auch die Staaten in der Pflicht.

Die Finanz- und Wirtschaftspolitik muss den Notenbanken eine Brücke bauen, damit der Einstieg in den Ausstieg von der lockeren Geldpolitik möglich wird“, sagte Schäuble der Nachrichtenagentur Reuters. Doch sind derartige Töne nur fürs Publikum mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 gedacht? Schließlich gibt es mächtige Befürworter der Geldmengenflut. An allererster Stelle ist hier der Internationale Währungsfonds (IWF) zu nennen, der die Einführung von Negativzinsen ausdrücklich begrüßt hat. Von einer solchen Maßnahme verspricht sich der Fonds zusätzliche Konjunkturimpulse und Erleichterung für die Kreditvergabe.

Aber es kommt noch ein anderer Umstand hinzu. Während das deutsche Rentensystem einschließlich Lebensversicherungen auf Verzinsungen, also auf dem Rentenmarkt beruht, basiert die Altersvorsorge in den USA auf Aktien. Vor diesem Hintergrund fühlt man sich in den USA ganz wohl mit einer Nullzinspolitik, die den Aktienmarkt weiter befeuert - erst recht in diesem Jahr, in dem US-Präsidentschaftswahlen anstehen. So gesehen ficht der Finanzminister derzeit einen Kampf gegen Windmühlen und ist zugleich einer der größten Profiteure der Geldpolitik.

Bleibt also die von Schäuble angesprochene Brücke, die die Finanz- und Wirtschaftspolitik den Notenbanken bauen muss, um wenigstens halbwegs wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Die Grundlage dafür wäre eine stabilere und nachhaltigere Wachstumspolitik, bei der alle Finanzminister selbst gefordert wären. Die Crux daran ist freilich, dass einer verstärkten Ausgabebereitschaft der Länder vielfach hohe Schuldenquoten entgegenstehen und damit die Mittel für eine Unterstützung der Notenbankpolitik nur über erhöhte Schulden finanzierbar wären. Der ohnehin schon herrschende Teufelskreis würde sich also noch schneller drehen.

IWF beharrt auf Schuldenschnitt für Athen
Dass die Verhandlungen über ein drittes Finanzierungspaket zwischen Griechenland und den internationalen Geldgebern wieder mal ohne Ergebnis vertagt worden sind, überrascht niemanden mehr. EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB), der Europäische Stabilitätsfonds (ESM) und der IWF fordern eine Steuerreform und Kürzungen bei den Renten. Vor allem die letzte Forderung hat bereits zu mehreren Generalstreiks in Griechenland geführt.

Längst hält der IWF die Schuldensituation des Landes in hohem Maß für untragbar, weshalb er im Gegensatz zur Bundesregierung einen Schuldenschnitt für unausweichlich erachtet. Neben den Reformen müssten die europäischen Partner dem Land Verbindlichkeiten in einem wesentlichen Umfang erlassen, so die Forderung.

Athen will nun nächste Woche seine Gesetzesvorlagen für eine Renten- und Steuerreform dem Parlament vorlegen, dessen Bewertung als entscheidend für eine positive Beurteilung durch IWF, EZB und EU-Kommission gilt. Und davon hängt wiederum ab, ob dem Land weiteres Geld ausgezahlt wird. Bis zum Treffen der Eurozonen-Finanzminister am 22. April soll eine Lösung gefunden werden.

Die griechischen Staatsanleihen reagierten auf die jüngsten Ereignisse. So fiel die zehnjährige Rendite von 11,47 % Mitte Februar 2016 auf 8,70 % Anfang April, um aktuell wieder auf 9,37 % anzuziehen. Im kurzfristigen Bereich rentiert ein Hellas-Bonds (A1ZGWQ), der bis 4/2019 läuft, derzeit sogar über 10 %.

Erste Zivilklage gegen Heta eingereicht

Nach dem seitens der österreichischen Behörde angekündigten Heta-Schuldenschnitt ist am Montag bereits die erste Zivilklage gegen das Land Kärnten eingereicht worden. Eine niederländische Bank beruft sich auf die Landeshaftungen und fordert 1,5 Mio. € von Kärnten. Erst am Sonntagabend hatte die Finanzmarktaufsicht ihren Schuldenschnitt bekannt gegeben, womit Heta-Gläubiger bei vorrangig besicherten Anleihen 54 % ihrer Forderungen verlieren und die Laufzeiten der Heta-Anleihen bis 2023 gestreckt werden. Halter von nachrangigen Bonds sollen komplett leer ausgehen.

Zuvor hatten die Gläubiger ein Rückkaufangebot für die Heta-Anleihen von Bund und Land abgewiesen. Das österreichische Bundesland hat einst Garantien für Heta-Papiere in Höhe von rund 11 Mrd. € übernommen und ist nach eigenen Angaben aber nicht in der Lage, die Schulden zu begleichen. Natürlich fragt man sich seit diesem Schritt, was denn eine Landesbürgschaft noch wert sein soll, wenn man sie im Haftungsfall einfach einschränkt. Es war zu erwarten, dass die Gläubiger nach dem Schuldenschnitt versuchen werden, ihre Forderungen auf dem Gerichtsweg einzuklagen.

Indessen zeichnen Gläubiger einen Weg für einen möglichen außergerichtlichen Kompromiss vor, denn einige Geldgeber der früheren Kärntner Bank Hypo Alpe Adria scheinen nun nicht mehr auf eine vollständige Rückzahlung ihrer Forderungen zu bestehen. So ist von der Gläubigergruppe „Teutonia" zu hören, dass „ein Neuner“ vorne stehen müsse, aber eine Quote von nur 90 % zu wenig sein werde.

IWF warnt vor Brexit
Vor den Auswirkungen eines Nein der Briten zur EU auf die heimische Wirtschaft wurde schon zur Genüge gewarnt. Sollte sich Britannien am 23. Juni dennoch für den Brexit entscheiden, könnte dies auch negative Folgen für die globale Wirtschaft haben. Diese Befürchtung hegt der Internationale Währungsfonds (IWF) und warnt in seinem neuen Weltwirtschaftsausblick vor der bereits geschaffenen „Unsicherheit für Investoren".

Ein EU-Austritt würde vermutlich langwierige Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU über eine Neuordnung der Beziehungen zur Folge haben. Diese Phase würde zur Hängepartie für Investoren werden, die nicht wüssten, woran sie sind.

Der mögliche Brexit ist somit konträr zur grenzüberschreitenden ökonomischen Integration zu sehen. So fürchtet der IWF, dass der politische Konsens über die Freihandelspolitik in Europa zu „zerfransen“ droht. Ebenso beobachtet der Fonds in den USA eine wachsende Tendenz, „sich nach innen zu wenden". Sollte diese Entwicklung in einen neuen Protektionismus bei den Handelsbeziehungen münden, wäre dies Gift für eine am Export orientierte Wirtschaft, wie sie die deutsche darstellt.

Top-Note auch für die USA
Anfang April hatte Moody’s die Bestnote AAA für Deutschland bestätigt und den Ausblick als stabil bewertet, womit sich kurzfristig nichts an der Bewertung der deutschen Kreditwürdigkeit ändern dürfte. Kurz zuvor hatte Fitch das Spitzenzeugnis bestätigt, um nun auch für die USA die Top-Bonitätsnote mit einem stabilen Ausblick beizubehalten.

Obwohl sich das US-Budgetdefizit auf Bundesebene im Fiskaljahr 2016 erstmals seit 2009 ausweiten wird, sieht Fitch die Entwicklung immer noch im Rahmen einer Bewertung im Bereich AAA. Im Oktober hatte Moody's sein AAA-Rating für die USA bestätigt, aber vor Unsicherheiten gewarnt. Standard & Poor's hat seine Einschätzung bei AA+ belassen.

DAX-Unternehmen am Primärmarkt
Die Emissionstätigkeit bei Corporate Bonds stand in den vergangenen Tagen größtenteils im Zeichen der großen Unternehmen Deutschlands. Für die zukünftige Freude am Fahren sorgte die BMW AG. Das Unternehmen sicherte sich die günstigen Konditionen für insgesamt 1,5 Mrd. € - hälftig verteilt auf 2 Bonds. Eine 4-jährige Anleihe (A18Z74) bietet dem Anleger eine jährliche Zinszahlung in Höhe von 0,125 % bis zum Ende der Laufzeit am 15.04.2020. Die Anleihe wurde mit +28 bps über Mid Swap und somit zu 99,686 % begeben. Bei dem zweiten Papier (A18Z75) handelt es sich um eine mit 0,75 % jährlich verzinste Anleihe mit Endfälligkeit am 15.04.2024, deren Emissionspreis bei 99,969 % fixiert wurde. Dies entspricht einem Spread von +43 bps über Mid Swap.

Davon inspiriert, refinanzierte Linde 0,75 Mrd. € im Rahmen einer 12-jährigen Anleihe (A180B3). Das Unternehmen zahlt dem Investor jährlich 1,0 % bis zum 20.04.2028. Das Papier wurde mit 98,737 % bzw. einem Emissionsspread von +40 bps über Mid Swap gepreist.

Auch der Breitbandausbau in Deutschland kostet Geld. So refinanzierte die Deutsche Telekom 0,5 Mrd. € mittels einer 5-jährigen Anleihe (A180BW) mit Laufzeitende am 19.04.2021. Der Anleger erhält einen jährlichen Zins in Höhe von 0,25 %. Ausgegeben wurde die Anleihe mit 99,456 % (+35 bps über Mid Swap).

Aber auch Nicht-Dax-Unternehmen zeigten sich am Primärmarkt und so wurde nach langer Abwesenheit der französische Autobauer Peugeot wieder aktiv. Das Unternehmen begab eine 0,5 Mrd. € schwere 7-jährige Anleihe (A18Z7V). Der Investor erhält Zinsen in Höhe von 2,375 % bis zur Fälligkeit am 14.04.2023. Der Bond wurde zu pari emittiert und somit bei +263,8 bps über der entsprechenden Bundesanleihe den Investoren überlassen. Darüber hinaus hat sich Peugeot ein optionales Kündigungsrecht festschreiben lassen (Make-Whole-Option).

Alle oben genannten Anleihen wurden mit einem „Privatanleger-freundlichen“ Mindestbetrag von 1.000 € begeben.

Die 7 Leben der Katze
Seit vergangenem Donnerstag hegten viele Marktteilnehmer die Hoffnung, das bisherige Renditetief bei 10-jährigen deutschen Staatsanleihen zu testen. Leider konnte das Ziel nicht ganz erreicht werden und so stellte sich mit 0,088 % nur ein neues 12-Monatstief ein. Anschließend wurde infolge von Gewinnmitnahmen eine kleine Korrektur auf hohem Niveau beobachtet, welche das Rentenbarometer auf 163,16 % fallen ließ. Sicherlich waren hierfür auch Äußerungen unseres Finanzministers mit verantwortlich, die bei dem ein oder anderen Investor zu einer vorsichtigen Neubewertung der Risiken der EZB-Geldpolitik führten. Doch der Euro-Bund-Future ist bekanntlich mit den 7 Leben einer Katze ausgestattet und so hat er sich nach der Veröffentlichung des „Beige Books“ in den USA wieder nach oben bewegt und die Widerstandslinie bei ca. 164,00 % (diverse Hochs und Tiefs im April) ins Visier genommen.

Charttechnisch gibt es allerdings auch eine „Downside“ und die verläuft aktuell bei der psychologisch wichtigen Marke von 163,00 %. Wie lange das Rentenbarometer sich innerhalb der Range zwischen 163 % und 164 % halten kann, hängt nicht zuletzt von den Ergebnissen der IWF und Weltbank-Tagung sowie den Konsultationen der Vertreter Erdöl exportierender Staaten ab. Garniert wird diese ereignisreiche Zeit noch von der heutigen Sitzung der Bank of England, bei der allerdings keine Zinsänderung erwartet wird und von diversen öffentlichen Auftritten europäischer und amerikanischer Notenbanker. Für Spannung ist also gesorgt. Aktuell notiert der Euro-Bund-Future bei 163,80 %.

Frankreich legt 50-jährige Anleihe auf
In dieser Woche wurden die Blicke der Investoren nicht unmittelbar auf die Emissionstätigkeit der USA gerichtet. Obwohl dort neben den üblichen Geldmarkttiteln im Volumen von 87 Mrd. USD auch noch T-Notes mit Laufzeiten von 3 und 10 Jahren für insgesamt 44 Mrd. USD sowie 30-jährige T-Bonds für 12 Mrd. USD angeboten wurden.

Vielmehr wurde neben den Aufstockungen der im Jahre 2047 endfälligen Staatsanleihe der Niederlande (A1ZDY6) und der inflationsindexierten Anleihe des Bundes (103057 / 2046) - bei einer realen Durchschnittsrendite von -0,42 % - insbesondere das Statement Frankreichs beachtet. Die Ankündigung einer Anleihe mit einer Fälligkeit in 20 Jahren (A18Z4K) war hierbei nicht das Besondere, sondern die Tatsache, dass man zum dritten Mal nach 2005 und 2010 jetzt wiederum eine Anleihe mit einer Laufzeit von 50 Jahren (A180CR) am Kapitalmarkt begeben wird. Die Kupons wurden mit 1,25 % bzw. 1,75 % fixiert.

Zu erwähnen ist auch noch, dass Griechenland ca. 810 Mio. € am Geldmarkt für 3 Monate zu 2,70 % und Italien insgesamt 9 Mrd. € mittels der Aufstockung unterschiedlicher Altemissionen aufnehmen konnte. Diese italienischen Bonds werden allerdings aus steuerlichen Gründen nicht an deutschen Börsen gehandelt.

Der Euro verliert an Boden
April, April, der weiß nicht, was er will. Dieser Spruch bezieht sich vornehmlich auf das wechselhafte April-Wetter. Der Euro scheint sich diesem Sprichwort ebenfalls verschrieben zu haben. In den vergangenen Handelstagen zeigte sich die Einheitswährung schwankungsintensiv.

Die europäische Gemeinschaftswährung startete zunächst sehr freundlich in die neue Handelswoche und konnte das vor Wochenfrist erreichte Jahreshoch mit 1,1465 USD sogar leicht verbessern. Die Freude währte allerdings nur kurz, denn im weiteren Handelsverlauf setzten Gewinnmitnahmen ein. Die Einheitswährung verlor deutlich und fiel sogar unter die Marke von 1,13 USD. Heute Morgen handelt der Euro bei 1,1250 USD.

Aktuell ist aber auch das Währungspaar EUR/GBP stets einen Blick wert. Nach einem Kommentar der UBS-Strategen würde ein Brexit das Pfund um rund 25 % abstürzen lassen und somit Richtung Parität bringen. Aber soweit ist es noch nicht und das Pfund Sterling konnte sich in dieser Woche etwas stabilisieren. Nachdem der Euro in der Vorwoche noch knapp oberhalb der Marke von 0,81 GBP notierte, handelt er aktuell bei 0,7973 GBP.

Der Handel mit Währungsanleihen auf britische Pfund geriet in dieser Woche etwas ins Stocken, aber Bonds auf US-Dollar, südafrikanische Rand, norwegische Kronen und brasilianische Real konnten sich großer Beliebtheit erfreuen.

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