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08:00 Uhr, 29.10.2012

Schäuble gegen Troika-Vorschlag: Weiterer Schuldenschnitt ist "unrealistisch"

Athen/ Berlin (BoerseGo.de) - Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) regt einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland an. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe. Demnach sollten nach den privaten nun auch die öffentlichen Geldgeber auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist dies unrealistisch. Schäuble sagte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, ein weiterer Schuldenschnitt für das Land sei nicht möglich. Den Euro-Staaten als öffentlichen Gläubigern seien hier die Hände gebunden. Das regele bereits das Haushaltsrecht. „Man gibt einem Schuldner, bei dem man gerade seine Forderungen nicht bedient bekommt, nicht neues Geld“. 

Nach Ansicht des Ministers wäre eher ein Schuldenrückkaufprogramm vorstellbar. Dabei würde Griechenland mit neuen Krediten alte Staatsanleihen zum aktuellen Marktwert zurückkaufen. Weil die Papiere dort teilweise nur noch zu einem Viertel des einstigen Nennwerts gehandelt werden, könnte die Schuldenlast nach Berechnungen des Finanzministeriums um bis zu 40 Milliarden Euro reduziert werden. „Das ist auch kein Trick, das ist schon eine Überlegung, die man seriöserweise anstellen kann“, so Schäuble.

Wie der „Spiegel“ berichtete, haben die Troika-Kontrolleure bei einer Vorbereitungssitzung für das nächste Finanzministertreffen der Euro-Zone einen zweiten Schuldenschnitt für Athen vorgeschlagen. Beim ersten Schnitt hatten Anfang des Jahres private Gläubiger auf mehr als 50 Prozent ihrer Forderungen verzichtet und dem Land damit rund 100 Milliarden Euro erlassen. Einen solchen Schritt dürfe es in dieser Lage nicht geben, sagte der Chef des Versicherungskonzerns Munich Re, Nikolaus von Bomhard, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Sonst gehe das Vertrauen restlos verloren“, meint der Manager.

Sollten nun die öffentlichen Gläubiger ihrer Forderungen teilweise abschreiben müssen, träfe das vor allem Deutschland hart. Berlin hat mit seinem Anteil in Höhe von 34 Milliarden Euro an den Hilfspaketen bisher so viel Geld nach Griechenland überwiesen, wie kein anderer Staat. Als unausweichlich gilt mittlerweile, dass Athen ein drittes Hilfspaket benötigen wird. Das Land steckt seit fünf Jahren in der Rezession, eine Wende zum Besseren ist nicht in Sicht. Da dem Land wohl mehr Zeit für die Umsetzung seiner Sparreformen eingeräumt wird, werden auch weitere Hilfsgelder benötigt. Nach Informationen des „Spiegels“ rechnen EU-Kommission und EZB damit, dass weitere Kredite über 30 Milliarden Euro nacht Athen überwiesen werden müssen, der IWF geht sogar von 38 Milliarden Euro aus.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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