Russland und sein Kondensat-Problem
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Wien (Godmode-Trader.de) - Russland will nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters seine Partner in der Allianz OPEC+ auf dem Treffen kommende Woche in Wien auffordern, die Produktions-Berechnungsmethode anzupassen. Seit drei Jahren drosseln die OPEC- und 13 Nicht-OPEC-Staaten ihre jeweilige Ölproduktion, mit dem Ziel, den Markt auszugleichen und die Preise zu stützen. Das Problem: Russland setzt die Vorgaben nur unzureichend um. Ein Grund dafür soll die Methodik zur Produktionsumfang sein.
Im Gegensatz zu Saudi-Arabien und anderen OPEC-Produzenten nimmt Russland Kondensat - eine hochpreisige leichte Art von Rohöl, die hauptsächlich ein Nebenprodukt der Gasförderung ist - in seine Rohölförder-Daten mit auf. In der Vergangenheit hat dies für Moskau keine sonderlichen Umstände bedeutet, aber mit der Inbetriebnahme neuer Gasfelder in der Arktis und Ostsibirien und der Eröffnung einer neuen Gaspipeline nach China steigt die Gaskondensat-Produktion.
Im Endeffekt führt dies dazu, dass die Russen ihre Quote im Rahmen des von der OPEC und Nicht-OPEC-Produzenten geschlossenen Abkommens nicht einhalten können, was sie aber unbedingt vermeiden möchten, berichtete Reuters unter Berufung auf russische und OPEC-Quellen. „Russland wird die Kondensatproblematik auf der Dezember-Sitzung definitiv zur Sprache bringen, da seine Produktion weiter wächst, sagte eine der Quellen. Russland sei dazu praktisch gezwungen, das Problem anzusprechen.
Fraglich bleibt, ob Russland andere Vereinbarungen (bspw. der Verlängerung der Föderbeschränkungen) mit der OPEC davon abhängig machen könnte, dass die OPEC einer veränderten Moskauer Quote zustimmt. Die Debatte könnte jedoch das Treffen der OPEC weiter verkomplizieren, das bereits mit dem Börsengang des saudischen Ölriesen Saudi Aramco zusammenfällt. Der russische Energieminister Alexander Nowak sagte am Mittwoch, dass das OPEC+-Treffen über die Anpassung der Ölförderquoten diskutieren könnte, dieser Punkt aber noch nicht auf der Tagesordnung stehe.
Russland hat im September ein großes ostsibirisches Feld eröffnet, um seine neue Gaspipeline nach China zu speisen. Der russische Riese Gazprom, der ein Drittel des europäischen Erdgases liefert, sieht sich im Winter ebenfalls einer höheren Nachfrage aus Europa gegenüber. Da Gazprom in diesem Winter europäische Kunden mit Rekordvolumen beliefert, ist Gazprom auch gezwungen, mehr Kondensat zu produzieren. „Es ist schwierig, einen höheren Gasausstoß zu erreichen, ohne den Ausstoß von Kondensat ebenfalls zu erhöhen“, sagte die russische Quelle zu Reuters. „Im Wesentlichen kommt also Kondensat aus unserem Gas, nicht aus unserer Ölindustrie. Wenn man versucht, die Kondensatproduktion zu reduzieren und gleichzeitig die Gasproduktion zu steigern, beeinträchtigt dies das Profil der Felder erheblich“.
Russland hat seine Rohölproduktion seit 2017 zur OPEC-Politik aktiv reduziert, um trotz der boomenden US-Produktion die Preise zwischen rund 50 bis 70 US-Dollar je Barrel zu halten. Für 2019 hatte sich Moskau bereit erklärt, seine Ölproduktion um 228.000 Barrel pro Tag auf rund 11,18 Mio. bpd zu reduzieren. Laut Reuters-Berechnungen hat die russische Produktion in diesem Jahr allerdings durchschnittlich 11,25 Mio. bpd betragen, was bedeutet, dass das Land etwa 70.000 bpd mehr produziert als das Abkommen mit der OPEC zulässt. Der größte Teil der Überproduktion entfalle allerdings auf Gaskondensat, dessen Ausstoß im Januar-Oktober 2019 um 4 Prozent auf rund 770.000 bpd angestiegen ist, berichtet Reuters unter Berufung auf russische Energiedaten. Im Vergleich dazu produzieren die Vereinigten Arabischen Emirate rund 700.000 bpd Kondensat, während Saudi-Arabien und Nigeria jeweils rund 400.000 bpd erzeugen.
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