Kommentar
08:46 Uhr, 06.01.2015

Rückkehr der Eurokrise: Ist Deutschland schuld?

Am Wochenende kamen Berichte auf, dass die Bundesregierung den Austritt Griechenlands aus der Eurozone für verkraftbar hält. Am Montag purzelten die Kurse. Zufall?

So manch deutscher Politiker ist nicht gerade durch die Diplomatenschule gegangen. Auch so mancher Ökonom, wie Ifo Chef Hans-Werner Sinn, sind nicht gerade zurückhaltend mit ihrer Meinung. Sinn wiederholt regelmäßig seine Meinung, dass Griechenland aus der Eurozone austreten sollte. Ganz so direkt war die Bundesregierung nicht und es ist auch nicht klar, ob es sie absichtlich einen Austritt Griechenlands in den Raum gestellt hat. Letztlich ist die Aussage, dass ein Austritt verkraftbar sei, nichts anderes als eine schönere Formulierung von: "Macht doch, was ihr wollt."

Ob Absicht oder nicht, jetzt ist es draußen. Die Einschätzung aber, dass der Austritt keine Ansteckungsgefahr wie 2012 darstellt, teile ich persönlich nicht. Ist das gestrige Kursdebakel tatsächlich auf die Sorge um die Eurozone zurückzuführen, dann kann man sich ausmalen für wie verkraftbar die Finanzmärkte einen solchen Schritt halten - nämlich gar nicht. Der Markt hat das seit Jahresende erst einmal souverän ignoriert. Jetzt ist die Angst wieder ein Stück zurück. Nicht zuletzt der Kursverlauf des Euro am Monatg zeigt, dass Druck im Kessel ist.

Die Gefahr eines Griechenlanddebakels ist sehr real. In den Umfragen liegt Syriza mit einem guten Vorsprung vor allen anderen Parteien. Die derzeit regierende Nea Dimokratia konnte zuletzt wieder etwas aufschließen und liegt komfortabel über dem Ergebnis der letzten Wahl 2012. Das reicht aber nicht. Das Rennen wird noch sehr spannend. Syriza Chef Tsipras goss noch etwas Öl ins Feuer, indem er die EZB ermunterte kurz vor der Wahl in Griechenland mit dem Kauf von Staatsanleihen zu beginnen. Gleichzeitig bekräftigt er aber das Ziel eines weiteren Schuldenschnitts.

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Die EZB wird es wohl tunlichst vermeiden, vor der Wahl ein Anleihenkaufprogramm zu verkünden. Einerseits will sie wahrscheinlich nicht in die Wahl eingreifen. Anderseits wären bei einem Sieg von Syriza große Verluste so gut wie garantiert. Durch diese Unsicherheit kann die EZB kaum mit dem Anleihenkaufprogramm beginnen. Verkünden wird es es wohl auch nicht. Wegen der Unsicherheit in Griechenland müsste sie griechische Anleihen vom Kauf ausschließen. Das macht wenig Sinn, soll QE doch gerade den Peripheriestaaten helfen.

Ein Ausweg wäre der Kauf von Anleihen durch die nationalen Notenbanken. Anscheinend wird ein solches Szenario debattiert. Wie das allerdings funktionieren könnte ist völlig offen. Eigentlich haben die nationalen Notenbanken nicht das Recht, so etwas zu tun...

QE wird bei der nächsten Sitzung der EZB drei Tage vor der Wahl höchstwahrscheinlich nicht angekündigt. Der Markt könnte gerade dann aber eine Beruhigungspille brauchen.

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    Griechenland im Spiegel des Bundestages – eine never ending story

    Ich habe mir im Zuge der Zuspitzung der EURO-/Griechenlandkrise die Behandlung der Thematik durch den Deutschen Bundtag in den letzten Jahren mal etwas genauer angesehen und frage mich im Ergebnis dessen: Hat die Politik in der Griechenlandfrage mit klarer Linie geführt oder ist sie der galoppierenden Entwicklung hinterhergetrabt?

    (-) Am 24.2.2010 antwortete der Parl. Staatssekretät Hartmut Koschyk
    auf eine einschlägige Frage eines Abgeordneten: "Die Bundesregierung vertraut fest darauf, dass Griechenland mit seinem europäisch abgestimmten strikten Konsolidierungskurs das Vertrauen der Finanzmärkte stärken wird. Griechenland erbittet keine finanzielle Unterstützung ... Die Frage von finanziellen Hilfen stellt sich damit nicht."

    (-) Aber keine drei Wochen später (17.3.2010) konzedierte die Kanzlerin mit der ihr eigenen Stringenz Probleme der Währunsstabiliät unter besonderer Beachtung Griechenlands. Unter Hinweis auf Europa als Friedens-, Rechts- und Stabilitätsgemeinschaft erklärte sie, dass Deutschland für die Stabilität des EURO einstehe, die Erholung von Griechenland ausgehen müsse und vorschnelle Hilfen nicht angezeigt seien.

    (-) Es musste dann aber doch ganz schnell gehandelt werden: Am 5.5.2010 informierte Angela Merkel (A.M.) den Bundestag über "alternativlose" Hilfen für Griechenland in Höhe von insgesamt 22,4 Mrd. EURO (deutscher Anteil) und befristet auf drei Jahre.

    (-) Am 27.10. dann das Lob der Kanzlerin für den großen Schritt nach vorne, der bei der Bewältigung der Krise gelungen sei. Doch so ganz schien sie dem Frieden langfristig stabiler Verhältnisse dann doch nicht zu trauen, denn sie insistierte am 24. November 2010 auf einen "permanenten Krisenmechanismus" für die Zeit nach 2013.

    (-) Doch die Lage in Griechenland und damit in Europa insgesamt blieb ernst, was auch an einem etwas ruppigeren Politikersprech ablesbar war. So hielt es A. M. für wünschenswert, dass eine permanente Überwachung in Griechenland stattfindet (26.10.2011). Zwei Tage später erachtete der CDU-Abgeordnete Michael Fuchs im Zusammenhang mit dem 50-prozentigen Haircut die Installation eines Sparkommissars in Athen als wichtig, der überwacht, ob die Hausaufgaben wirklich gemacht würden und die Griechen auf den "Pfad der Tugend" zurückkehrten.

    (-) Die "GroKo" äußerte sich in Bezug auf Griechenland zunehmend optimistisch. So erklärte beispielsweise der CDU-Abgeordnete Norbert Barthle auf der Bundestagssitzung am 25.09.2014, dass kein Mensch mehr von einem dritten Hilfsprogramm für Griechenland spreche und knapp 14 Tage später zeigte er sich gewiss, dass Griechenland bereits Ende 2014 aus dem Hilfsprogramm aussteigen werde (6.11.2014).

    (-) Dazu wollen nun ganz und gar nicht jene zwei Anträge Griechenlands passen, über die Finanzminister Schäuble den Bundestag auf seiner Sitzung am 18.12.2014 informierte. Es handelt sich erstens um einen Antrag auf eine "technische Verlängerung" des laufenden Hilfsprogramms, das (eigentlich) Ende Dezember 2014 auslaufen sollte; der zweite Antrag zielt auf "Bereitstellung einer Stabilitätshilfe in Form einer vorsorglichen Kreditline" für die Zeit nach ordnungsgemäßer Beendigung des laufenden Programms.

    Das Thema "Griechenland" war in den zurückliegenden vier Jahren im Bundestag wahrhaft omnipräsent. Die Politiker haben den Griechen oft bescheinigt, bei allen Anstrengungen und Schwierigkeiten auf einem "guten Weg" zu sein. Festgemacht wurde das primär an den eingeleiteten Reformen, an finanz- und volkswirtschaftlichen Kenngrößen. Es blieb im wesentlichen der Part der Opposition, darauf aufmerksam zu machen, dass die Kehrseite des Reformprozesses die Verelendung eines nicht unbeträchtlichen Teils der griechischen Bevölkerung darstellt. Und das ist für eine Friedens-, Stabilitäts- und Rechtsgemeinschaft keine unwesentliche Frage. Eine Gewissheit bleibt: Die Causa Griechenland bleibt en vogue und man darf gespannt sein, ob der Knoten gelöst wird oder es am Ende zum Finale furioso kommt.

    11:20 Uhr, 06.01.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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