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15:41 Uhr, 04.10.2022

'Rolle rückwärts' in der europäischen Energiepolitik

Die akute Energiekrise in Europa zwingt die Erzeuger und politisch Verantwortlichen sich wieder den ungewollten fossilen Brennstoffen zuzuwenden. Der Klimaschutz ist aktuell nachrangig.

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Angesichts des bevorstehenden Winters und der akuten Energiekrise in Zeiten ausbleibender russischer Gaslieferungen heißt es bei Europas Klimaschützern in Regierungsverantwortung ‚Rolle rückwärts‘. In Deutschland hat der Versorger RWE in Absprache mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem NRW-Wirtschaftsministerium zwar angekündigt, bereits im Jahr 2030 und damit acht Jahre früher als ursprünglich geplant die Braunkohleverstromung zu beenden. Zugleich sollen zwei Kraftwerksblöcke, die nach derzeitiger Rechtslage Ende des Jahres stillgelegt werden sollten, nun aber bis ins Frühjahr 2024 weiterlaufen. Jeder der Blöcke hat laut RWE eine Leistung von 300 Megawatt. Ihr Einsatz ist zunächst bis zum 30. Juni 2023 befristet.

Die Union hat den geplanten Weiterbetrieb als notwendigen Schritt bezeichnet, die Kritik aber unmittelbar hinterhergeschickt. „Um eine Notlage abzuwenden und Preise zu begrenzen, müssen jetzt kurzfristig alle Möglichkeiten der Energieerzeugung genutzt werden", sagte Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, am Dienstag. Es passe aber überhaupt nicht zusammen, klimaschädliche Braunkohle bis 2024 zu reaktivieren, das „CO2-neutrale" Kernkraftwerk in Lingen aber zum Jahresende 2022 abzuschalten.

Auch in Dänemark setzt die Regierung wieder auf fossile Energieträger. Der weltgrößte Entwickler von Offshore-Windparks soll nun verstärkt konventionell Energie erzeugen. In einer Erklärung vom Wochenende teilte der Energieriese Orsted, dessen größter Anteilseigner der dänische Staat ist, mit, die Anweisung dänischer Behörden sei ergangen, zwei Kohle- und ein Ölkraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen bzw. länger als geplant laufen zu lassen, „um die Sicherheit der Stromversorgung in Dänemark zu gewährleisten“.

Orsted zufolge gilt die Anordnung für „Block 3 im Kraftwerk Esbjerg und Block 4 im Kraftwerk Studstrup, die beide Kohle als primäre Brennstoffquelle verwenden, sowie für Block 21 im Spitzenlastkraftwerk Kyndby, der Öl als Brennstoff verwendet.“ Die Stilllegung des Kraftwerks Esbjerg sei für den 31. März 2023 vorgesehen gewesen, während die beiden anderen Blöcke bereits stillgelegt worden seien, so der Betreiber.

Das Unternehmen erklärte weiter, es sei beauftragt worden, die drei Anlagen bis zum 30. Juni 2024 in Betrieb zu halten. Orsted hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 CO2-neutral zu sein. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir als Gesellschaft so schnell wie möglich aus der Nutzung von Gas, Öl und Kohle aussteigen müssen, aber wir befinden uns mitten in einer europäischen Energiekrise, und wir werden natürlich nach besten Kräften dazu beitragen, die Stromversorgung sicherzustellen", sagte der Vorstandschef vn Orsted, Mads Nipper.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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