Kommentar
07:25 Uhr, 02.04.2019

Rally am Aktienmarkt: Hier passt etwas nicht!

Der Aktienmarkt läuft gut – immer noch. Begründen lässt sich das nicht, zumal ein anderer Markt weiterhin Warnsignale sendet.

Es ist schon etwas mysteriös, was da gerade an der Börse geschieht. Die Kurse steigen und steigen. Darüber können wir uns alle freuen. Steigende Kurse waren noch nie ein Grund für Trübsal. Wie nachhaltig die ganze Angelegenheit ist, darüber lässt sich aber diskutieren. Global sind die Zinsen in den letzten Wochen rasant gefallen. In einigen Ländern wurden neue Allzeittiefs erreicht. Dazu gehören Australien und Neuseeland. Noch nie war der Zinssatz auf 10-jährige Anleihen so niedrig wie jetzt. In Europa sind die bisherigen Allzeittiefs zum Greifen nahe. In den USA sind sie das noch nicht. Dafür steht der Leitzins noch zu hoch. Aber auch hier ist das Zinsniveau um fast einen Prozentpunkt gefallen (gemessen an Langfristanleihen).

Fallende Zinsen drücken nur Eines aus: es wird geringeres oder negatives Wachstum erwartet. Das ist für Unternehmen nicht gut. Wächst die Wirtschaft langsamer, beginnen die Gewinne zu fallen. Eigentlich sollte das die Kurse drücken.

Die Börse handelt die Zukunft. Es wird also ein neuerlicher Aufschwung eingepreist. Anders lässt sich das anhaltende Kursfeuerwerk nicht erklären. Jetzt könnte man sagen, dass ja alles in Ordnung ist. Die Börse steigen während des Abschwungs, weil der Aufschwung in einem halben Jahr wieder beginnt.

Die Sache hat allerdings einen gigantischen Schönheitsfehler. Marktteilnehmer erwarten in diesem Jahr keine Zinserhöhung mehr. Die Wahrscheinlichkeit stand dafür im Herbst 2018 noch bei 90 %. Inzwischen liegt sie bei 0 % (siehe Grafik).


Inzwischen wird nicht einmal mehr erwartet, dass der Zinssatz konstant bleibt. Die Wahrscheinlichkeit dafür sank von fast 100 % im Februar auf unter 40 % aktuell. Stattdessen erwarten Marktteilnehmer mit mehr als 70 % Wahrscheinlichkeit eine Zinssenkung bis Anfang 2020.

Eine Zinssenkung kommt wiederum nur dann, wenn die Wirtschaft tatsächlich in arge Bedrängnis gerät, sich das Wachstum also auf ungefähr 0 % abkühlt. Nullwachstum rechtfertigt das Kursniveau nicht. Die Zinssenkungsfantasie passt auch nicht zur aktuellen Rally. Die Börse blickt maximal 6-9 Monate in die Zukunft.

Der Zinsmarkt erwartet, dass sich bis dahin und darüber hinaus das Wachstum abschwächen wird. Die Börse preist also einen Aufschwung ein, den der Zinsmarkt nicht erkennt. Einer der beiden Märkte liegt falsch. Im Normalfall liegt der Zinsmarkt richtig.

Persönlich bleibe ich daher immer noch skeptisch. Bereits zu Beginn der Korrektur im Oktober habe ich darauf hingewiesen, dass ich den Markt noch einmal bei den Allzeithochs erwarte. Ursprünglich sollte der Markt sogar über die Allzeithochs ansteigen. Diese Prognose nahm ich dann zurück und sprach nur noch davon, dass ungefähr die Allzeithochs wieder erreicht werden. Dort befinden wir uns jetzt.

Bei der aktuellen Dynamik komme ich auf meine ursprüngliche Prognose zurück. Ein leichtes Überschießen über die bisherigen Allzeithochs wird in den USA tagtäglich wahrscheinlicher. Die Luft wird danach dünn, zumal der Zinsmarkt eine eindeutige Sprache spricht. Gewinne mitnehmen ist nicht falsch.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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