Kommentar
08:44 Uhr, 11.07.2006

Quartalszahlen der US-Unternehmen stehen an

Leicht gedrückt präsentierten sich die Aktienmärkte in der vergangenen Woche. Nach gutem Start gaben die Kurse am Mittwoch empfindlich nach, weil sich Nordkorea mit einem Raketentest wieder als politischer Unruheherd in Erinnerung rief. Von Konjunktur- und Unternehmensseite gab es dagegen wenig Impulse. Hinzu kam in den USA ein handelsfreier Dienstag und in Europa die Endphase der Fußball-WM. Die Handelsvolumina waren dementsprechend dünn, weshalb der jüngsten Entwicklung nicht allzuviel Bedeutung beizumessen ist. Anders ist es in dieser Woche, denn in den USA beginnt die Berichtssaison über das zweite Quartal.

USA: Weiterhin sehr fester Arbeitsmarkt

Die US-Börsen begannen die zurückliegende Woche freundlich, wurden dann aber am Mittwoch von einem Raketentest in Nordkorea ins Minus gedrückt. Die Drohgebärde des kommunistischen Regimes sowie die scharfen diplomatischen Reaktionen westlicher Länder und insbesondere der USA trieben den Investoren einige Sorgenfalten auf die Stirn. Allerdings währten diese Ängste nur kurz und wurden von Konjunkturbefürchtungen abgelöst, die mit den Arbeitsmarktdaten am Freitag aufkamen. Denn die 121.000 im Juni außerhalb der Landwirtschaft neu geschaffenen Stellen lagen deutlich unter den Erwartungen. Hinzu kam, dass die Löhne zuletzt so schnell gestiegen waren, wie seit fünf Jahren schon nicht mehr. Das impliziert Handlungsdruck der FED, wovor die Aktienanleger seit geraumer Zeit bekanntlich die größte Angst haben. Allerdings birgt der Arbeitsmarktbericht auch Positives. Nachdem das Stellenwachstum in den vergangenen drei Monaten stetig bis auf revidiert 92.000 neue Jobs zurückging, legte es im Juni wieder zu. Die Arbeitslosenquote beträgt nur 4,6 Prozent. Solange der Arbeitsmarkt derart fest ist, sollte auch die US-Wirtschaft auf einem soliden Wachstumspfad bleiben. Zur Ertragslage der Unternehmen kamen just kurz vor Beginn der Berichtssaison Zweifel auf. AMD und 3M schickten Umsatz- bzw. Gewinnwarnungen. Während die Hiobsbotschaft des Chipherstellers AMD noch als branchenspezifisch abgetan werden kann, ist das bei 3M nicht möglich. Der Mischkonzern ist sehr breit diversifiziert (vom Post-it bis zur Brennstoffzelle), weshalb ihm von den Börsianern eine gewisse Indikatorfunktion für die generelle Ertragslage zugestanden wird. Das Rätselraten um die Gewinnentwicklung der Unternehmen hat nun aber definitiv ein Ende. Alcoa wird mit dem Zwischenbericht heute die Zahlenflut über das zweite Quartal starten. Freitag kommt unter anderem General Electric.

Europa: Tatendrang der EZB belastet nicht

Der Raketentest Nordkoreas hatte erstaunlicherweise an den europäischen Börsenplätzen ein viel stärkeres Minus hinterlassen als in den USA. Ein Indiz dafür, dass die Marktteilnehmer hierzulande überdurchschnittlich nervös sind. Dazu besteht aber kaum Anlass, denn das aktuelle Konjunkturumfeld ist robust. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren aktuellen Zinserhöhungsintervall verkürzt. Statt im September wird es nun höchstwahrscheinlich schon im August den nächsten Schritt um 25 Basispunkte geben. Damit dürfte der Leitzins zum Jahresende bei 3,50 Prozent stehen. An den Aktienmärkten blieb diese Neujustierung der Zinserwartung allerdings ohne negative Folgen. An ein Überschießen der EZB mit entsprechend drosselnder Wirkung auf die Konjunktur denkt hierzulande also niemand. Dafür ist der Zinserhöhungszyklus auch noch zu jung. Gerade einmal acht Monate bzw. drei Schritte ist es her, dass die Währungshüter begannen, ihre Geldpolitik zu straffen. Im Einklang mit dem Signal der EZB steht die jüngste Veröffentlichung zur deutschen Industrieproduktion im Mai. Deutlich besser als erwartet legte sie gegenüber April um satte 1,5 Prozent zu. Man kann das als Bestätigung für den Ifo-Geschäftklimaindex sehen, der sich auf einem von den Auguren mit gewisser Skepsis betrachteten Höhenflug befindet. Bei den Unternehmen herrschte indes weitgehend Ruhe. Bemerkenswert war der 150 Mio. Euro schwere Börsengang des deutschen Spezialtiefbauunternehmens Bauer am Dienstag. Zu 16,75 Euro emittiert, tauchte der Kurs zwar zunächst ins Minus ab, erholte sich dann aber wieder und beendete den ersten Handelstag mit 17,15 Euro. Zum Wochenschluss wurden 17 Euro bezahlt. Der Primärmarkt ist also keineswegs in so schlechter Verfassung, dass nicht IPOs platziert werden können. Das wird andere Kandidaten ermutigen, ihre Pläne wieder aufzunehmen. Mit aleo solar steht auch schon der nächste in den Startlöchern. Der Hersteller von Solarmodulen plant die Erstnotiz bereits an diesem Freitag. Am Dienstag informiert der Finanzvertrieb OVB über den Börsengang.

Japan: Vor dem geldpolitischen Kurswechsel

Am japanischen Aktienmarkt ging es in der zurückliegenden Woche im Vergleich zu den anderen etablierten Märkten am deutlichsten abwärts. Dem positiven Tankan-Bericht und der höheren Schätzung des Finanzministeriums für das japanische Wirtschaftswachstum standen der Raketentest Nordkoreas vor der eigenen Haustür und die schwächeren Vorgaben aus den USA gegenüber. Zudem hat sicherlich auch die näher rückende Sitzung der Bank of Japan ihre Schatten voraus geworfen. Nach Ansicht vieler Experten werden dieses Wochenende auch in Japan die Zinsen angehoben. Mit einem Minus im laufenden Jahr von 5 Prozent sollte sich der japanische Aktienmarkt aber hinreichend auf den Kurswechsel in der Geldpolitik eingestellt haben. In Euroland war es Ende 2005 jedenfalls ähnlich. Die Verunsicherung, die mit der Ankündigung der EZB im Oktober an den Märkten Oberhand gewann, verschwand mit der Zinserhöhung am 1. Dezember wieder.

Ausblick: Q2-Berichte und Sitzung der Bank of Japan

Nach dem Ende der Fußball-WM gehört dem Kapitalmarkt nun wieder die gesamte Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer. Das trifft sich gut, denn die Quartalszahlen der US-Unternehmen stehen an. Alcoa, Genentech, PepsiCo und General Electric beglücken uns in dieser Woche. Daneben werden am Freitag die amerikanischen Einzelhandelsumsätze für Juni und das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan veröffentlicht. Die zweite Schätzung zum BIP-Wachstum für die Eurozone am Mittwoch ist hierzulande der Makro-Höhepunkt. Und schließlich müssen wachsame Blicke auch nach Japan gerichtet werden. Dort tritt sich am Freitag und Samstag die Spitze der Bank of Japan.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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