Kommentar
13:52 Uhr, 28.04.2017

QE und der Aktienmarkt: Ein Verwirrspiel

Die Sache ist eigentlich klar: QE beflügelt die Märkte, unabhängig davon, wo QE stattfindet. Die Fakten sagen etwas Anderes.

QE Programme gibt es so viele, dass man sie fast nicht abschließend aufzählen kann. Die größten und bekanntesten sind sicherlich die der US-Notenbank, der Bank of England, Bank of Japan und EZB. Es gibt jedoch sehr viel mehr Notenbanken als diese großen 4, die in der einen oder anderen Form QE betreiben.

Dazu gehört z.B. auch die Schweizer Nationalbank (SNB). Sie kauft zwar keine inländischen Assets, um die Zinsen zu senken, sondern ausländische, um die Währung zu schwächen, aber es kommt am Ende auf das gleiche wie beim klassischen QE heraus.

Über zu hohe Zinsen kann man sich in der Schweiz nicht beklagen. Durch die von der Notenbank verordneten Negativzinsen und einem schier unaufhörlichen Zustrom von Kapital aus dem Ausland sind die Zinsen so tief wie sonst nirgends. Die Zinsen in der Schweiz schlagen sogar jene in Japan, die als besonders tief gelten.

Obwohl die SNB keine inländischen Assets kauft, kann man ihre Interventionen durchaus als QE bezeichnen. Sie kauft ausländische Anlagen und gleicht damit den Kapitalzustrom aus. Das eigentliche QE (Kauf von inländischen Assets) erledigen Investoren aus dem Ausland.

Neben der SNB sind auch skandinavische Länder aktiv. Schweden initiierte 2015 ein Anleihenkaufprogramm. Dänemark stieg nicht direkt in den QE Wettkampf mit ein, allerdings wurde die Ausgabe von Staatsanleihen temporär ausgesetzt. So wurde, anstatt direkt Anleihen durch Käufe vom Markt zu nehmen, das Angebot verknappt. Die Wirkung war ähnlich zu der Wirkung von QE.

Die tschechische Notenbank führte QE ebenfalls durch die Hintertür ein, indem sie den Währungskurs praktisch an den Euro koppelte. Das führte ähnlich wie in der Schweiz zu einem fast ungebremsten Zustrom von Kapital, welches einerseits in tschechische Assets floss und andererseits für Wetten gegen den festen Wechselkurs eingesetzt wurde.


Welche Form von direktem oder indirektem QE auch immer verwendet wurde, die Effekte waren sehr verschieden. Am ehesten lässt sich zwischen QE und dem Aktienmarkt noch in den USA und Großbritannien ein Zusammenhang erkennen. Aktien und Notenbankbilanz stiegen bzw. fielen gleichzeitig (USA, Grafik 2) oder zumindest annähernd in ähnlichem Tempo (Großbritannien, Grafik 1).

In Japan wirkte QE hervorragend – bis 2015. Dies war den sinkenden Zinsen zu verdanken, die wiederum die Währung deutlich abwerten ließen. Mit einer Abwertung des Yen stieg der Aktienmarkt. Japan ist eine Exportnation und eine schwache Währung beflügelt so die Wirtschaft und die Einnahmen der Unternehmen.

QE verlor mit der Zeit seine Wirkung. Der Yen wertete nicht mehr kontinuierlich ab. Obwohl die Notenbank Anfang 2016 nachlegte und die Zinsen zusätzlich zum Assetkaufprogramm senkte, wertete der Yen plötzlich auf. Seither bewegt sich der Yen in einer weiten Range. Ein eindeutiger Trend ist nicht auszumachen.

In Deutschland hat QE nichts gebracht. Grafik 4 zeigt den Dax Kursindex und die Bilanzsumme der EZB. Man kann hier phasenweise durchaus von einer negativen Korrelation sprechen. 2011 stieg die Bilanzsumme sprunghaft an, der Dax korrigierte. Als das aktuelle Programm begann, korrigierte der Dax ebenfalls, allerdings stieg er in Vorfreude vor Beginn von QE an. So lässt sich zumindest teilweise ein positiver Zusammenhang herstellen.

Anders sieht das in der Schweiz aus (letzte Grafik). Hier zeigt sich eine vollkommene Resistenz des Marktes gegenüber der Notenbankbilanz. Den Großteil der Gewinne wurden auf dem Schweizer Aktienmarkt zwischen 2012 und 2014 realisiert. In dieser Zeit blieb die Bilanzsumme der Notenbank fast unverändert.


QE ist nicht gleich QE. Die Wirkungen sind in der Welt grundverschieden. Ich zweifle daher auch daran, dass man pauschal einen Zusammenhang zwischen Aktienkursen und QE herstellen kann. Viele tun genau das. Natürlich beeinflusst QE das Verhalten der Anleger. Solange QE läuft, fühlen sich Anleger sicherer und sind bereit, höhere Risiken einzugehen. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos in allen Märkten und bestimmt nicht im gleichen Ausmaß. So halte ich es für fahrlässig davon auszugehen, dass die Kurse z.B. auch in den USA immer weiter steigen werden, nur weil in Japan Geld gedruckt wird. Verlassen würde ich mich darauf wirklich nicht.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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