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11:22 Uhr, 06.08.2010

Q-Cells-„Relax-Cash-Plus“ – heißer Ritt auf der Rasierklinge

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Das allgemeine Zinsniveau ist noch immer historisch niedrig und wird dies aller Voraussicht nach auch noch eine ganze Weile bleiben, folgt man so manchem kritischen Notenbänker-Statement zur aktuellen Konjunkturentwicklung. Da kommen die Relax-Cash-Plus-Zertifikate der WestLB gerade recht, die ganz nebenbei auch noch den GeW-I-Ner-Papieren zugeordnet werden. Was sollte da eigentlich noch schiefgehen. Denn relaxt Geld zu verdienen und dabei auch noch einen „Schnaps" oben drauf zu bekommen, hört sich in einer Zeit wie dieser einfach zu verlockend an. Ja ja, was die Marketingsprache Anlegern so alles vorgaukelt. Aber bei allem Wohlwollen, mit risikolosem, entspanntem Investieren hat das Ganze beileibe wenig zu tun, auch wenn ein hoher Risikopuffer und die Aussicht auf eine schnelle und ordentliche Rendite hier durchaus nicht von der Hand zu weisen sind. Der Haken liegt aber wieder einmal im noch 2008/2009 deutlich häufiger als heute zitierten „Worst-of"-Prinzip, das viele Anleger zu Zeiten der bislang schlimmsten Finanzkrise wie Schlachtvieh in ihr Verderben rennen ließ, mit dem einzigen Unterschied, das Unwissenheit dort durch Gier nach der letzten steuerfreien Rendite vor der Abgeltungssteuer ersetzt wurde. Kein Wunder, dass es um den gefürchteten Mechanismus mit wenigen Ausnahmen wie z.B. den von einzelnen Emittenten wie Vontobel weiter gepflegten Multi-Aktienanleihen relativ still geworden ist, der das an sich risikomindernde Basket-Prinzip dahingehend pervertiert, dass am Ende nur noch die Wertentwicklung der schlechtesten Aktie über den gesamten Anlageerfolg des Produkts entscheidet.

Der Investor muss vor diesem Hintergrund also von vornherein wissen, auf was er sich einlässt. Die mit einer maximalen Laufzeit von nur rund eineinhalb Jahren ausgestatteten Produkte der WestLB beziehen sich jeweils auf einen griffigen Korb von drei bis fünf Einzelaktien, die einer ganz bestimmten Branche zuzuordnen sind, beispielsweise Finanzen, Pharma, Versicherung usw. Bei der letzten Emission wurde aber auch ein Papier auf einen bunten sogenannten Fokus Mai-Basket bestehend aus Apple, Fresenius, Lanxess, Linde und Rheinmetall aufgelegt. Auch wenn der Anbieter auf seiner Internetseite den aktuellen Status jedes Produkts mit bisheriger Wertentwicklung der Einzeltitel und Prognose des Zahlungsstroms mustergültig darstellt, kommt der Anleger bei den Papieren nicht ohne ein ganz dezidiertes Studium der Funktionsweise zurecht. Dabei spielt wie bei diversen anderen Express-Zertifikaten auch, neben der Tilgungsschwelle für eine vorzeitige Fälligstellung vor allem die bei 50 bis 60 Prozent des Startniveaus für jede Aktie festgelegte Barriere eine wichtige Rolle. Denn um in den Genuss des meist 8- bis 10-prozentigen Kupons bezogen auf einen hier meist nur auf sechs Monate reduzierten Bewertungszeitraum zu kommen, darf kein Einzelwert zu irgendeinem Zeitpunkt die Kursschwelle auch nur berühren. Geschieht dies doch, kann die „Verzinsung" in späteren Betrachtungsperioden allerdings dank des „Catch-up"-Prinzips vollständig nachgeholt werden, sofern das Kriterium dann erfüllt ist. Sollte es zu keiner vorzeitigen Fälligkeit kommen, für die alle Aktien am jeweiligen halbjährlichen Stichtag über der bei 90 oder 100 Prozent fixierten Tilgungsschwelle notieren müssen, kommt erneut die deutlich tiefer liegende Barriere ins Spiel. Denn dann gilt im letzten Halbjahr automatisch die Bedingung für die Kuponzahlung auch für die Rückzahlung des Nennwerts. Schert dabei auch nur eine Aktie aus und berührt ein einziges Mal ihre Kursschwelle, kommt das beschriebene „Worst-of"-Prinzip zum Vorschein, das bei Endfälligkeit nur noch die Wertentwicklung der bis dahin am schwächsten performenden Aktie berücksichtigt, egal wie gut sich die anderen Werte geschlagen haben.

Als mahnendes Negativbeispiel braucht man sich nur das Relax-Cash-Plus Solar-Zertifikat (WLB4ZU) anzusehen, bei dem die Q-Cells Aktie nach einem halben Jahr bereits mit über 41 Prozent „unter Wasser" steht und damit bei einem Puffer von „nur" 40 Prozent zum heutigen Stand voll auf die Wertentwicklung des Zertifikats durchschlagen würde, obwohl der zweite Wert die SolarWorld nur gut 14 Prozent seit Emission verloren hat und Nummer drei im Bunde, die First Solar sogar mit über 11 Prozent im Plus notiert. Dreht man auf der anderen Seite einmal den wohl abgedroschendsten Spruch an der Börse – „wo Chancen da auch Risiken" – einfach um, könnten ganz findige Investoren, die damit rechnen, dass Q-Cells bereits das Schlimmste hinter sich hat, jetzt sogar bei einem nur leicht erhöhten Briefkurs im Zertifikat von 60,64 Euro einsteigen und sich innerhalb nur eines Jahres neben der auf den Nennwert bezogenen „normalen" Rendite von fast 65 Prozent gleichzeitig auch noch zusätzlich dreimal 15 Prozent für jeden Bewertungszeitraum sichern. Der Aktienkurs müsste sich dafür im Extremfall während der letzten sechs Monate der Laufzeit von Januar bis Juli 2011 wieder stetig über der nur unwesentlich höher notierenden Barriere bei 60 Prozent des Emissionsniveaus (6,05 Euro) bewegen. Das Ganze gilt natürlich ceteris paribus, also nur, wenn die beiden übrigen Solar-Titel nicht dem schlechten Beispiel von Q-Cells folgen und innerhalb dieses Zeitraums mehr als 40 Prozent von ihrem Startwert aus gesehen verlieren. Insofern könnte das „Worst-of"-Prinzip sogar noch wahre Wunder wirken, da auf der Risikoseite weitere Verluste in dem einst so hochgelobten Solarwert ansonsten „lediglich" eins zu eins im Zertifikat getragen werden müssen, bei einem moderaten Wiederanspringen der Aktie aber ein riesiger Gewinn möglich wäre. Natürlich bieten andere Relax-Cash-Plus-Zertifikate aktuell ein deutlich weniger zugespitztes Chance-Risiko-Profil, was sich auch unschwer am aktuellen Kurs erkennen lässt.

WKN

Produkt

Fälligkeit

Geld

Brief

WLB8WG

Relax-Cash-Plus Consumer Blue Chips

25.11.2011

96,60

97,35

WLB8WH

Relax-Cash-Plus Fokus Mai 2010

25.11.2011

101,10

101,86

WLB4ZQ

Relax-Cash-Plus Pharma II

22.07.2011

95,29

96,04

WLB4ZR

Relax-Cash-Plus German Insurance II

22.07.2011

98,70

99,45

WLB4ZS

Relax-Cash-Plus Telekommunikation II

22.07.2011

98,90

99,65

WLB4ZT

Relax-Cash-Plus Industrie

22.07.2011

98,92

99,67

WLB4ZU

Relax-Cash-Plus Solar

22.07.2011

60,19

60,94

WLB4QV

Relax-Cash-Plus Finance

24.06.2011

102,30

103,07

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/Zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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