Kommentar
09:55 Uhr, 07.01.2015

Prognosen für 2015: Auch diesmal wird es wieder peinlich

2014 war für Ökonomen ein überraschend gutes Jahr, obwohl die Prognosen weit daneben lagen. Für 2015 gibt es wieder eine ganze Reihe an Vorhersagen. Wahrscheinlich trifft keine davon ein.

Prognosen sind schwierig. Wie schwierig sie sind, das zeigen alljährlich die Vergleiche von Vorhersagen und tatsächlichen Werten. Für die US-Wirtschaft sagten Ökonomen voraus, dass durchschnittlich 200.000 neue Stellen pro Monat geschaffen werden. Tatsächlich waren es 241.000. Beim Ölpreis lagen die Prognosen noch weiter daneben. Hier wurde mit knapp 95 USD pro Barrel Ende 2014 gerechnet. Tatsächlich waren es am Ende nur 53 USD.

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Wer denkt, dass das Über- oder Unterschätzen eines Wertes um 20 oder 40% etwas außergewöhnliches ist, der wird enttäuscht. Bei der Arbeitslosenrate lag die Abweichung bei lediglich 10%. Bei Inflation und der Rendite 10-jähriger US Anleihen wurden die Jahresendwerte um 30 und 37% überschätzt. Hört man also für 2015 einen bestimmten Wert, z.B. eine Inflationsrate von 2%, dann liegt sie höchstwahrscheinlich nicht bei 2%, sondern 40% darüber oder darunter.

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Für 2015 gibt es inzwischen die Konsensschätzungen einiger Indikatoren. Chart 3 und 4 zeigen die Vorhersagen. Das Basisszenario ist die Konsensprognose (in blau dargestellt). Dazu gibt es jeweils 2 Alternativszenarien. Sie zeigen nicht nur die mögliche Spanne nach oben und unten, sondern basieren auf einem klaren Leitbild. Szenario I sieht hohes Wachstum vor. Das Wirtschaftswachsten liegt dabei deutlich über 3%. Das wäre das erste Mal seit 10 Jahren, dass die US Wirtschaft wieder so schnell wächst. Das hohe Wachstum wirkt sich weiter positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Die Quote sinkt auf 5% oder darunter. Die Inflation steigt stärker als erwartet. Das liegt nicht daran, dass Rohstoffpreise wieder anziehen, sondern vielmehr an einer Inflation, die von Lohnerhöhungen getrieben ist. Wegen der hohen Inflation steigt auch die Rendite 10-jähriger Anleihen stärker als erwartet an.

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Die Zahl monatlich neu geschaffener Stellen liegt bei ca. 250.000 pro Monat. Anders wäre eine so deutlich sinkende Arbeitslosenrate nicht machbar. Der Ölpreis steigt wieder deutlich an. Das ist vor allem von den guten Aussichten auf Wachstum und Arbeitsmarkt getrieben. Hinzu kommt eine Stagnation der Produktion in den USA.

Szenario II ist nicht ganz so optimistisch. Es werden nach wie vor überdurchschnittliche viele Stellen geschaffen. Die Arbeitslosigkeit sinkt jedoch kaum, weil die Partizipationsrate wieder steigt. Diese ist bis 2013 gesunken und blieb 2014 stabil. Der Trend, dass immer weniger Menschen arbeiten gehen scheint am Ende zu sein bzw. sich sogar umzukehren. Solange 2015 wieder mehr Menschen am Arbeitsleben partizipieren können monatlich zwischen 200.000 und 250.000 neue Stellen geschaffen werden ohne die Arbeitslosenrate drastisch zu senken.

Weil wieder mehr Menschen Arbeit suchen ist der Arbeitsmarkt unter geringem Druck, was die Steigerung von Löhnen anbelangt. Das Lohnwachstum ist mit 2% auf einem ähnlichen Niveau wie 2014. Daher steigt die Inflation auch nicht stärker als erwartet, sondern weniger. Ohne Inflation gibt es auch keinen Grund für stark steigende Renditen auf dem Rentenmarkt. Die Rendite am langen Ende steigt etwas an, weil die Zinsen am kurzen Ende etwas steigen. Insgesamt ist der Anstieg aber sehr moderat. Die Zinskurve flacht weiter ab.

Inflationsdruck kommt auch nicht von Seiten der Rohstoffe. Vor allem Öl bleibt günstig. Preise über 60 USD pro Fass werden im Jahresdurchschnitt nicht erreicht. Unterm Strich fällt die Teuerungsrate sehr moderat aus und liegt zwischen einem und 1,5%.
Persönlich finde ich Szenario II realistischer als Szenario I. Das Basisszenario hat nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit sich zu materialisieren. Wenn die Vergangenheit eines gezeigt hat, dann sicherlich, dass die Konsensprognosen oft am weitesten von der Realität entfernt sind.

Grund für ein komplett adverses Szenario sehe ich nicht. Ein Wirtschaftsabschwung steht nicht auf dem Plan. Ausgeschlossen ist ein Abschwung nie. Da darf man sich nichts vormachen. Ohne einen unvorhergesehenen Schock ist die Wahrscheinlichkeit für einen Abschwung äußerst gering. Die größte Enttäuschung könnte trotzdem beim Wirtschaftswachstum anstehen. Die ganze Welt ist euphorisiert vom Wachstum der USA. 2014 lag es bei ca. 2,4%. Dazu beigetragen hat ein stark negatives erstes Quartal. Die darauffolgenden Quartale war das Wachstum schon fast gespenstisch hoch mit einer Jahresrate von 4% und mehr. Nun gehen viele davon aus, dass sich das so fortsetzt oder gar noch beschleunigt. Ausgeschlossen ist das nicht, aber auch das ist unwahrscheinlich.

Eine weitere Beschleunigung dürfte nur dann stattfinden können, wenn der Immobilienmarkt wieder richtig in Schwung kommt. Davon ist aktuell noch nichts zu sehen. Der private Konsum hat kaum noch Luft nach oben, was überdurchschnittliches Wachstum anbelangt. Die Staatsausgaben dürften sich ebenfalls nicht beschleunigen und erhöhte Investitionstätigkeit von vielen Unternehmen könnte durch Investitionsrücknahmen in der Ölindustrie wieder aufgefressen werden. Es fehlt einfach an Segmenten, die überhaupt beschleunigen können. Persönlich erwarte ich daher ein weiterhin solides Wachstum, welches leicht über dem Trend liegen wird. Rekordzahlen deutlich jenseits der 3% Marke sehe ich momentan noch nicht.

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12 Kommentare

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  • marktEINBLICKE
    marktEINBLICKE

    ​Wir lesen uns in einem Jahr wieder :-)

    12:43 Uhr, 08.01. 2015
  • fehu001
    fehu001

    ​@ Kritischseher

    Ich möchte hier auch wirklich keinem analysten von GM zu nehe treten, nur weil meine Katze deutlich bessere Prognosen liefert, als die netten Herren hier. ​
    Aber das hier in GM zu lesen macht mehr Spaß, als wenn meine Katze MIAU macht.

    Ich weiß selbst (über viiile Jahre-); dass man den Markt extrem bis überhaupt nicht vorhersehen kann. Darum hatte ich mir ja ein System entwickelt, wo es mir vollkommen egal ist, ob der Dax am Ende-2015 auf 20.000 oder 2.000 steht. Und wie es der dt. Wirtschaft geht, oder ob Gold nun steigt / fällt, das ist mir auch egal.

    Value bleibt (wahrscheinlich) Value
    und Loser bleiben (wahrshceinlich-) Loser.

    Und nun bin ich erst einmal gespannt, wie 9/11 für Westeuropa (der Anschlag in Paris) sich real auf die auswirken wird, die hier den IS (Islamischen Saat) und 60% Türkenanteil ausrufen wollten. ​​​​​​​​​​​

    14:45 Uhr, 07.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Geckos
    Geckos

    Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.​

    14:24 Uhr, 07.01. 2015
  • motörhead
    motörhead

    ​@fefu001: Ich bitte höflichst um Konkretisierung wie dieses vom Markt gelöste System unabhängig funktionieren soll und wie ein Zustand geschaffen werden kann, der ohne die "Experten" auskommt? Sie machen mich neugierig.

    Wie soll Aktienhandel, also HANDEL ohne Markt funktionieren? Soll ein Gremium entscheiden wer wieviele Aktien zu bekommen hat, oder sollen ausschließlich sog. Value-Aktien gehandelt werden dürfen und unterkapitalisierte Unternehmen grds. nicht zugelassen werden?

    Wenn die sog. Experten ihren Senf dazu geben, handelt es sich meiner Meinung nach um eine Art von Information und Meinungsäußerung. Jeder Anleger hat die Möglichkeit sich selbst eine Meinung zu diesem Senf zu bilden und entsprechend zu handeln oder es sein zu lassen, es entweder als Unsinn oder wie auch immer einzustufen.

    Das "Volk" hat sich schon immer beeinflussen lassen und träumt speziell in Dtld. vom Paradies. Bedauerlicherweise werden an den Schulen elementare Dinge zum Funktionieren einer Wirtschaft, das Thema Geld an sich, nicht oder nur rudimentär gelehrt. Ich wundere mich also nicht, dass speziell in Dtld. sog. Anleger sich am grauen und anderen Märkten von windigen Beratern, die hohe Zinsen versprechen, abkochen lassen. Auch diese Anleger haben die Möglichkeit "Nein" zu sagen und stattdessen in Value zu investieren. Tun sie aber nicht.

    10:48 Uhr, 07.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Long oder Short
    Long oder Short

    ​Noch so eine Prognose, die daneben gegangen ist:

    http://www.godmode-trader.de/artikel/jetzt-einen-volatilitaets-trade-auf-der-short-seite,3824854

    10:10 Uhr, 07.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • fehu001
    fehu001

    ​Prognosen und aussagen der W-Experten sind ja auch nichrt da, damit sie eintreffen. Sie haben nur den Zweck, dass man das "Volk" in die gewünschte Richtung treibt, um dann Kassse machen zu können.

    Jeder der auf dem Lande groß geworden ist, kennt es, wie man Schweine durchs Dorf treibt, oder was man machen muss, damit die Schweine auf den LKW gehen, der sie dann zum Schlachthof fährt.

    Auch wenn es böse ist, aber in genau dieser Form wird das Volk informiert und damit man es besser glaubt, kommt diese Information dann von "Experten" oder Fachleuten mit vielen Dr. Titeln (wo auch immer gekauft).

    Um wirklich vom Aktienhandel leben zu können muss man sich deshalb vom Markt lösen und ein System entwickeln, was unabhängig funktioniert und wo man bestens ohne diese Experten auskommt. Hierbei ist der Gedanke der Value-aktien ein erster ansatz. Was man aber noch verfeinern kann. ​​​​​​

    10:05 Uhr, 07.01. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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