Fundamentale Nachricht
17:50 Uhr, 21.12.2022

Pensionsmanager richten ihre Portfolios auf Stagflationsszenario aus

Pensionseinrichtungen setzen laut Amundi zum Schutz vor Inflation auf Sachwerte und aus Renditeaspekten auf globale Aktien.

Pensionsmanager stehen trotz weitreichender Zentralbankmaßnahmen vor der Herausforderung, ihre Portfolios mit Blick auf Inflationsrisiken umzustrukturieren, so der Bericht „Pension funds: reorienting asset allocation in an inflation-fuelled world“, der von CREATE-Research und Amundi, dem grĂ¶ĂŸten europĂ€ischen Vermögensverwalter, veröffentlicht wurde. Der Bericht fasst die Ergebnisse einer Umfrage unter 152 Pensionseinrichtungen aus 17 LĂ€ndern und einem verwalteten Vermögen von 1,98 Billionen Euro zusammen.

Furcht von einer Stagflation und niedrigen Renditen

Auf die Frage nach dem wahrscheinlichsten Szenario fĂŒr die Weltwirtschaft erwarten 50 Prozent der Umfrageteilnehmer ein Stagflationsszenario mit einer hohen Inflation und einem geringen Wachstum. 38 Prozent der Umfrageteilnehmer rechnen mit einer sĂ€kularen Stagnation beziehungsweise einer RĂŒckkehr zu Vor-Corona-VerhĂ€ltnissen mit geringem Wachstum, niedriger Inflation, geringen Investitionen, wachsenden Ungleichheiten und stagnierenden Löhnen. Nur 12 Prozent erwarten hingegen ein Szenario der "Roaring Twenties", in dem der Preisdruck durch VersorgungsengpĂ€sse merklich nachlĂ€sst und das Wachstum durch ProduktivitĂ€tsgewinne infolge von Innovationen anzieht.

„Nach einer langen Ära des billigen Geldes und zweistelliger Renditen markierte der drastische Anstieg der Inflation auf ein 40-Jahres-Hoch in der westlichen Welt einen Wendepunkt“, sagt Umfrageleiter Professor Amin Rajan von CREATE-Research. „Die entscheidende Frage fĂŒr Pensionseinrichtungen ist daher, wie sie ihre Portfolios in einer Welt mit strukturell höherer Inflation, einer weniger akkommodativen Zentralbankpolitik und grĂ¶ĂŸerer geopolitischer Unsicherheit neu ausrichten können."

Steigende Korrelationen bilden einen Wendepunkt

2022 hat die Diversifizierung erneut versagt, als sie am nötigsten war. Große AusverkĂ€ufe bei Aktien und Anleihen haben sich im Gleichschritt bewegt. Diese positive Korrelation sollte sich fortsetzen und zu Umschichtungen in der Vermögensallokation fĂŒhren. Dies sollte den Fokus stĂ€rker auf Segmente verschieben, die einen Inflationsschutz bieten, darunter Privatmarktanlagen. So gab rund jeder zweite Umfrageteilnehmer an, Immobilien-, Infrastruktur- und Private-Debt-Allokation erhöhen zu wollen.

Gleichzeitig sollte sich die Suche nach RenditeaufschlĂ€gen intensivieren, da grĂ¶ĂŸere Marktbewegungen zu sehr gĂŒnstigen Bewertungen bei einigen notleidenden Assets fĂŒhren können. Dazu erklĂ€rte ein Umfrageteilnehmer: „Auf den Bond-MĂ€rkten werden wir bei einigen gefallenen Engeln wahrscheinlich gute Kaufgelegenheiten sehen." FlexibilitĂ€t und ausreichende LiquiditĂ€t werden laut 58 Prozent der Befragten dynamische Anlagen auf Kosten des traditionellen 60:40-Ansatzes vorantreiben.

Der dritte Trend besteht in einer stĂ€rker regionalen Diversifizierung, da sich die SchlĂŒsselmĂ€rkte wegen divergierender Inflationsaussichten unterschiedlicher entwickeln sollten. 43 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen entwickelte MĂ€rkte und 40 Prozent SchwellenlĂ€nder stĂ€rker gewichten. Last but not least ist eine Wiederbelebung des Value-Investing zu erwarten. Angesichts der hohen Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen glauben 42 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass die Diversifizierung auf Basis von Risikofaktoren wieder an Bedeutung gewinnen sollte.

„Die Straffung der Geldpolitik und das Risiko einer wirtschaftlichen Rezession haben die VolatilitĂ€ten an den FinanzmĂ€rkten – auch bei traditionell sicheren Anlagen – steigen lassen“, ergĂ€nzt Monica Defend, Leiterin des Amundi Institutes. „Vorsorgeportfolios zukunftssicher zu machen, ist wegen steigender Korrelationen und der limitierten VerfĂŒgbarkeit inflationsgeschĂŒtzter Vermögenswerte sowie deren IlliquiditĂ€t Ă€ußerst anspruchsvoll."

Globale Aktien als Renditemotor

Nur 11 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben, dass sich die Inflation positiv auf ihr Anlageportfolio auswirken wird, wÀhrend 59 Prozent negative Effekte erwarten. Mit Blick auf die nÀchsten drei Jahre rechnen ebenfalls 59 Prozent damit, dass die Renditen weitaus niedriger ausfallen werden als im letzten Jahrzehnt. Insgesamt stehen bei der Vermögensallokation daher jetzt drei Ziele im Fokus: angemessene Gesamtrendite, Inflationsschutz und Kapitalerhalt.

70 Prozent sehen in globalen Aktien den wichtigsten Renditemotor fĂŒr ihre Portfolios und die Anlageklasse, mit der sich am besten die erforderlichen Renditen erwirtschaften lassen (solange die Inflation nicht ĂŒber fĂŒnf Prozent liegt). Zum Schutz vor Inflation setzen Pensionsmanager neu auf Sachwerte, insbesondere Immobilien und Infrastruktur (beides 49 Prozent). Dies ist jedoch nicht unproblematisch, da die KapazitĂ€t solcher Anlagen begrenzt ist und die IlliquiditĂ€t die FlexibilitĂ€t einschrĂ€nkt. Rund die HĂ€lfte der Befragten (44 Prozent) bevorzugt US-Staatsanleihen als Absicherung gegen risikoreiche Anlagen, gefolgt von europĂ€ischen Staatsanleihen (40 Prozent) und chinesischen Staatsanleihen (36 Prozent).

Die RĂŒckkehr zu Fundamentaldaten begĂŒnstigt Themeninvestments

Angesichts einer sich abzeichnenden globalen Rezession und des LiquiditĂ€tsentzugs der Zentralbanken hat sich die Suche nach neuen Renditequellen intensiviert. Der Fokus liegt auf Sektoren, die von Megatrends geprĂ€gt sind, disruptive Innovationen vorantreiben und GeschĂ€ftsmodelle revolutionieren. Eine deutliche Mehrheit der Umfrageteilnehmer erwartet, dass sich mit spezifischen Themen in der Post-Corona-Welt in hohem Maße (46 Prozent) beziehungsweise in gewissem Maße (35 Prozent) PrĂ€mien erwirtschaften lassen. Infolgedessen planen 60 Prozent, dass sie ihre Allokationen in Themenfonds erhöhen werden. Bei den Themen dominieren ESG (76 Prozent) gefolgt von Gesundheitswesen/Gesundheitstechnologie (50 Prozent), Genomik und Biotechnologie (32 Prozent) und Demografie (38 Prozent). Ein Schwerpunkt liegt auf der Beschleunigung medizinischer Innovationen und deren raschen Vermarktung, wie dies bei Corona-Impfstoffen der Fall war.

Aktive und passive Fonds als ErgÀnzungen

Nach mehr als einem Jahrzehnt mit starkem RĂŒckenwind scheinen passive Fonds auch in turbulenten MĂ€rkten fĂŒr die Altersvorsorge attraktiv zu bleiben. Genannt werden Aspekte wie gĂŒnstige GebĂŒhren (86 Prozent), die Eignung als LiquiditĂ€ts- und Absicherungsinstrumente (56 Prozent) und zur Diversifikation sich de-synchron entwickelnder globaler KapitalmĂ€rkte (49 Prozent).

Dass es bei der Geldanlage kaum Allwetterfonds gibt, gilt besonders fĂŒr passive Fonds. Sie haben sich in den letzten 13 Jahren in einem einzigartigen Umfeld von Nullzinsen bewĂ€hrt. Im aktuellen Umfeld mit steigenden Zinsen und weniger akkommodativen Zentralbanken sollten die Bewertungen wieder stĂ€rker durch Fundamentaldaten geprĂ€gt werden, so dass aktive Manager wieder ihre StĂ€rken ausspielen können. Da sich die Kurse der Indextitel weniger im Gleichschritt bewegen, könnten aktive Manager durch Stock-Picking eine Outperformance erzielen.

Entsprechend werden sich die Umfrageteilnehmer immer mehr der Nachteile passiver Anlagen bewusst: 68 Prozent sind der Meinung, dass sich passive Anlagen zu sehr auf die Gewinner von gestern konzentrieren. Gleichzeitig sind 52 Prozent der Meinung, dass sich aktive und passive Anlagen in einem diversifizierten Portfolio ergÀnzen. Mit Blick auf die Zukunft sagen 29 Prozent, dass sie ihren Passiv-Anteil erhöhen wollen, 16 Prozent planen eine Reduktion, und 55 Prozent wollen den Anteil stabil halten.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • fĂŒr freie BeitrĂ€ge: beliebiges Abonnement von stock3
  • fĂŒr stock3 Plus-BeitrĂ€ge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen