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14:10 Uhr, 28.05.2020

Peking übernimmt die Kontrolle über Hongkong

Trotz internationaler Kritik und Drohungen der USA mit Sanktionen hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz in Hongkong durchgewunken.

Washington/ Peking (Godmode-Trader.de) - US-Außenminister Michael Pompeo gab am Mittwoch die Entscheidung der US-Regierung bekannt. Demnach ist aus US-Sicht der vorteilhafte Sonderstatus für Hongkong angesichts der zunehmenden Einmischung Chinas in der eigentlich autonomen Metropole nicht länger gerechtfertigt. „Hongkong rechtfertigt nicht weiterhin eine Behandlung nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten in der gleichen Weise, wie die US-Gesetze vor Juli 1997 auf Hongkong angewandt wurden", sagte Pompeo in einem gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Bericht an den Kongress. „Keine vernünftige Person kann heute behaupten, dass Hongkong angesichts der Fakten vor Ort ein hohes Maß an Autonomie gegenüber China aufrechterhält".

Zuvor hatte die Regierung in Peking ihre Absicht erklärt, ein nationales Sicherheitsgesetz zu verabschieden, das die Rechte und Freiheiten der Bürger Hongkongs einschränkt. Der Nationale Volkskongress, Chinas Legislative, hat den Gesetzesentwurf am Donnerstag trotz der massiven internationalen Kritik verabschiedet.

Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong erfreut sich bisher eines speziellen Rechtsstatus, der für Unternehmen und Bürger der Metropole eine wichtige Rolle spielt. So gelten die gegen China verhängten US-Strafzölle etwa nicht für Einfuhren aus Hongkong. Auch die Bedeutung des Finanzplatzes Hongkong könnte zur Disposition stehen.

Die US-Regierung erklärte jedoch zunächst nicht, welche konkreten Schritte nun infolge der politischen Neubewertung geplant sind. Die Entscheidung von Pompeo öffnet nun aber die Tür für eine Reihe von Optionen, die von Visabeschränkungen, dem Einfrieren von Vermögenswerten für Spitzenbeamte über die mögliche Erhebung von Zöllen auf Waren aus der ehemaligen Kolonie bis hin zu einer völligen Gleichbehandlung Hongkongs mit dem Festland reichen. „Die Vereinigten Staaten stehen den Menschen in Hongkong zur Seite, wenn sie gegen die zunehmende Verweigerung der ihnen versprochenen Autonomie durch die Kommunistische Partei kämpfen“, führte Pompeo in seinem Schreiben aus.

Prominente Vertreter der Demokratiebewegung in Hongkong begrüßten Pompeos Aussagen und forderten US-Präsident Trump auf, weiterhin Druck auf Peking auszuüben. „Unsere einzige Rettung besteht darin, dass Präsident Trump Sanktionen verhängt", sagte der prominente pro-demokratische Aktivist und Medienmagnat Jimmy Lai. Der wirkungsvollste erste Schritt bestünde darin, die Bankkonten der chinesischen Spitzenbeamten einzufrieren.

Der China-Kenner David Loevinger sagte der Nachrichtengagentur Bloomberg, dass sich die Trump-Regierung im Falle Hongkongs am wahrscheinlichsten auf Finanzsanktionen und Visabeschränkungen für chinesische Beamte konzentrieren werde, während sie sich bei den Themen Zölle, Exportkontrollen und Investitionsbeschränkungen zurückhalten dürfte, bis mehr Klarheit über das neue Gesetz herrscht. Trump, der am Dienstag im Weißen Haus von Journalisten nach einer möglichen Reaktion auf das chinesische Vorhaben gefragt wurde, kündigte bereits an, dass seine Regierung „jetzt etwas unternehme“, was er später in der Woche enthüllen werde.

Am Mittwoch kam es wegen der geplanten Sicherheitsgesetze erneut zu Protesten. Mindestens 240 Demonstranten, von denen einige auch Brandsätze bei sich getragen haben sollen, wurden festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Das von Peking entworfene Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten in Hongkong, die als subversiv, separatistisch oder als ausländische Einmischung angesehen werden. Zur Durchsetzung sollen möglicherweise chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte beklagen einen Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie und fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden.

China übernahm 1997 die Kontrolle über Hongkong vom Vereinigten Königreich im Rahmen eines Abkommens mit der Bezeichnung "Ein Land, zwei Systeme", in dem es zusagte, der ehemaligen Kolonie für 50 Jahre weitgehende politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gewähren. Aber unter Präsident Xi Jinping hat China immer mehr Autorität über Hongkong gewonnen und damit letztlich eine Welle von Protesten ausgelöst, die erst zum Stillstand kam, als die Coronavirus-Pandemie den Globus überschwemmte.

Hongkong ist zwar nach wie vor eine wichtige Handelsdrehscheibe und ein wichtiges Tor von China zum Rest der Welt, aber für die Geschicke des Landes ist es weit weniger wichtig als früher. Im Jahr 2019 gingen 12 Prozent der chinesischen Exporte nach oder über Hongkong. Im Jahr 1992 waren es noch 45 Prozent. Nichtsdestotrotz ist die Metropole immer noch einzigartig. Hongkongs offene Kapitalbilanz und die Einhaltung internationaler Standards der Regierungsführung werden von keiner anderen Stadt auf dem chinesischen Festland in diesem Maße ausgeführt und machen Hongkong zu einem wichtigen Standort für internationale Banken und Handelsunternehmen aus aller Welt.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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