Kommentar
06:26 Uhr, 25.11.2015

Ölpreis: Schmerzgrenze erreicht

Der aktuelle Ölpreis liegt unter der Schmerzgrenze der meisten US Schieferölproduzenten. Bleibt der Preis dort, wo er jetzt ist, dann beginnt bald der Exodus.

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 45,97 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 42,77 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 45,97 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation)
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 42,77 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation)

Die Prognosen der Schieferölproduzenten waren zu optimistisch. Selbst das Worst-Case-Szenario von 50 Dollar je Barrel war zu positiv. Jetzt sind Unternehmen mit Preisen um 40 Dollar konfrontiert. Bereits im August wurde diese Marke erreicht, doch der Preis konnte sich relativ schnell wieder nach oben absetzen.

Seit wenigen Wochen fällt der Ölpreis wieder. Das ganze findet jedoch ohne massive Übertreibung statt. Der Preisrückgang ist konsequent, aber alles andere als von Panik begleitet. Das lässt viele Produzenten nun fürchten, dass sich die Preise nicht so schnell wieder erholen werden wie im August oder Anfang des Jahres.

Immer mehr Unternehmen kommen in Bezug auf die Preise zu dem Schluss: „Lower for longer.“ Das ist eigentlich das Motto des weltweiten Zinsumfelds, doch es dürfte auch für Ölpreise und andere Rohstoffe gelten. Die Erkenntnis, dass es so sein wird, kommt spät – für viele Produzenten zu spät. Anstatt das Geld beisammenzuhalten wurde auf niedrige Preise mit Produktionssteigerungen reagiert. Jetzt muss dafür umso mehr gespart werden, doch die Möglichkeiten für Einsparungen sind begrenzt.

Das erste, was dran glauben musste, waren die Investitionsausgaben. Es wird so wenig gebohrt wie seit 5 Jahren nicht mehr (Grafik 1 zeigt die Aktivität nach Schieferölgebiet). Das spart Kosten, doch es stellt Produzenten vor ein Dilemma. Wer heute nicht bohrt, kann morgen nicht fördern.

Bei niedrigen Preisen will natürlich niemand unbedingt mehr fördern. Negative Margen machen wenig Sinn, zumindest auf den ersten Blick. Für viele Unternehmen ist die Marge inzwischen sekundär. Es geht vielmehr darum Cash Flow zu generieren, um überhaupt die laufenden Kosten tragen zu können.

Langfristig gesehen ist es nicht sinnvoll bei sinkenden Margen mehr zu fördern. Vielen Unternehmen bleibt jedoch keine andere Wahl. In diesem Jahr konnten sich viele Firmen über steigende Produktion noch über Wasser halten. 2016 wird das nicht mehr der Fall sein. Grafik 2 zeigt, wie schnell die Fördermengen in Schieferölregionen rückläufig sind.

Nach 3 Jahren sinkt die Fördermenge einer Bohrung in den meisten Regionen praktisch auf null. Vor allem im ersten Jahr ist der Rückgang hoch und liegt zwischen 30 und 70%. Wird jetzt weniger gebohrt, dann sinkt die gesamte Fördermenge im kommenden Jahr dramatisch.

Ölunternehmen haben alles getan, um Kosten zu sparen und die Ausbeute zu steigern. Durch die Weiterentwicklung der Technologie kann heute in einigen Regionen 60% mehr gefördert werden als noch vor wenigen Jahren. Das klingt gut, doch unterm Strich wird die Produktionsmenge über die Lebensdauer einer Quelle nicht wesentlich gesteigert. Die Ausbeutung geht nur schneller. Dadurch wird die Fördermenge einfach noch schneller sinken, wenn die Quellen erst einmal versiegen.

Personal wurde in Massen entlassen. Die Preise der Zulieferer wurden deutlich gedrückt. Investitionen wurden auf ein Minimum zurückgefahren. Viel bleibt nicht, um noch weitere Kosten zu sparen. Am hilfreichsten wäre eine Senkung der Produktionskosten, doch auch hier ist das Ende der Fahnenstange so gut wie erreicht. Grafik 3 zeigt Förderregionen und Produktionskosten, sofern sie bekannt sind.
Die Kosten variieren innerhalb einzelner Fördergebiete erheblich. Die zuletzt gesunkenen Kosten sind auch darauf zurückzuführen, dass sich Produzenten auf die Regionen konzentriert haben, wo die Kosten am geringsten sind. Sind diese ausgebeutet steigen die Kosten ganz automatisch wieder, weil in Regionen gefördert werden muss, in denen die Produktionskosten höher sind.

Wie man es dreht und wendet, es wird eng. Die Schmerzgrenze ist längst unterschritten. Frisches Geld erhalten nur noch wenige Unternehmen. Banken und Investoren sind deutlich restriktiver geworden. Vor allem kleineren Produzenten wird in den kommenden Monaten einfach das Geld ausgehen, um den Betrieb fortzuführen. Das spricht zumindest mittelfristig für wieder steigende Preise. Über eine Millionen Barrel Tagesproduktion sind gefährdet, weil den Produzenten die Insolvenz droht.

Fallen diese Million Barrel weg, dann reduziert sich das weltweite Überangebot um ein Drittel. Es besteht damit aber immer noch ein signifikantes Überangebot. Jegliche Ölpreisrallye steht auf wackeligen Beinen. Meldungen von Insolvenzen, zurückgehender US Förderung und sinkende Lagerbestände haben jederzeit das Potential zu einem Short Squeeze zu führen. Der Ölpreis steigt dann innerhalb kurzer Zeit stark an. Mit neuen Shortpositionen sollte man in diesen Tagen vorsichtig sein. Steigt WTI in den Bereich von 50 Dollar kann man sich einen Short vorstellen.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Öli
    Öli

    Sehr gut.Auf diese detaillierten Informationen habe ich lange gewartet.

    14:21 Uhr, 09.12.2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten