Analyse
09:15 Uhr, 09.10.2017

Öl ist nicht gleich Öl: WTI deutlich unterbewertet

Für die meisten ist Öl gleich Öl, ob die Sorte WTI oder Brent spielt keine Rolle. Dafür driften die Priese der Ölsorten gerade dramatisch auseinander. Das birgt Überraschungspotenzial.

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 49,435 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 55,765 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 49,435 $/Barrel (Commerzbank CFD)
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 55,765 $/Barrel (Commerzbank CFD)

Die Ölsorte WTI war die längste Zeit teurer als die Sorte Brent. Bis ungefähr 2010 war WTI systematisch teurer als Brent. WTI galt einerseits als etwas hochwertiger als Brent, andererseits war auch das Angebot knapper. 2010 – mit dem Beginn des Fracking Booms – änderte sich das.

WTI Öl
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Brent
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Plötzlich war WTI nicht mehr ein so knappes Gut. Zudem hatten sich viele US-Raffinerien auf die Verarbeitung von Schweröl eingestellt. Das Angebot wuchs schneller als die Nachfrage. In der Folge lag der Ölpreis der Sorte WTI deutlich unterhalb der Sorte Brent. Die Differenz, der Spread, weitete sich auf über 20 Dollar zugunsten von Brent aus (Grafik 1).

In den letzten Jahren relativierte sich dieser Trend wieder. Zeitweise kosteten beide Ölsorten wieder gleich viel. Seit einigen Wochen kommt es zu einer zunehmenden Divergenz. Brent kostet wieder deutlich mehr als WTI. Inzwischen liegt der Spread schon wieder in der Nähe von 10 Dollar.

Das kann man bis zu einem gewissen Grad erklären. Durch Hurrikan Harvey fielen Raffineriekapazitäten aus. Da Raffinerien die größten Abnehmer von Öl sind, führte dies sofort zu einem Überangebot. Inzwischen hat sich die Nachfrage wieder erholt, doch noch immer können US-Raffinerien etwa 1 Mio. Barrel pro Tag weniger Öl verarbeiten.

Die Nachfrage nach WTI bleibt in den USA unterdurchschnittlich. Das erklärt zwar, wieso der WTI Preis nicht so stark steigt wie Brent, doch das gilt nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick macht das überhaupt keinen Sinn.

Wird weniger Öl nachgefragt, aber konstant viel produziert, muss das Öl ja trotzdem irgendwo hin. In der Vergangenheit äußerte sich das, indem der Lagerbestand von Öl anstieg. Das ist derzeit nicht der Fall. Der Lagerbestand ist in den letzten Wochen gefallen. Nur für ganz kurze Zeit wurde dieser Trend durch den Hurrikan ausgesetzt.

US-Produzenten haben andere Abnehmer für ihr Öl gefunden. Der Ölexport boomt. Durch Harvey war es kurzfristig nicht möglich zu exportieren. Ein Großteil des Öls wird durch Tanker abtransportiert. Der Sturm verhinderte dies. Das ist nun vorbei und der Export ist so stark wie nie zuvor.

Grafik 2 zeigt, wie schnell sich der Export erholt hat. Wegen Harvey fiel der Export von ca. 800.000 Barrel unter 200.000 Barrel. Nun liegt der Wert bei knapp 1,6 Mio. Barrel. Mit anderen Worten: US-Produzenten können ihre Überschussproduktion exportieren. Es gibt in der Realität wegen der niedrigeren Raffineriekapazität keinen Angebotsüberhang. Der Ölpreis spiegelt aber genau das wider. Das macht keinen Sinn.

Wie lange der Ölmarkt in dieser Schieflage verharrt, ist schwer abschätzbar. Mittelfristig sollte sich der Spread jedoch wieder normalisieren. Wer auf Öl setzen will, hat mit WTI wahrscheinlich die Chance auf eine bessere Performance als mit Brent.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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