Kommentar
09:32 Uhr, 07.05.2020

Notenbanken mit widersprüchlichen Signalen

Die vergangene Woche war in Bezug auf die Politik der Notenbanken sehr verwirrend. Vor allem die US-Notenbank machte widersprüchliche Aussagen.

Auf den ersten Blick gibt es wenig an der Politik der Notenbanken auszusetzen. Sie tun genau das, was notwendig ist. Im heutigen Umfeld heißt das, dass praktisch unbegrenzt Geld gedruckt wird. Ohne diese Unterstützung wären viele Staaten bereits bankrott. Das gleiche gilt für Unternehmen. Für einen kurzen Moment war der Markt in Schockstarre. Nichts ging mehr. Der Zusammenbruch war zum Greifen nahe. Eine Notenbank nach der anderen Versprach Billionenbeträge. Insgesamt brauchte es Zusagen in der Höhe von 7 Billionen Dollar von Notenbanken und Regierungen, um das Ruder herumzureißen. Die US-Notenbank sagt daher auch vollkommen zu Recht, dass sich die Regierung aktuell keine Sorgen machen muss. Es sei der falsche Moment, um zu sparen. Übersetzt heißt das: gebt so viel Geld aus wie ihr wollt, wir nehmen euch die Anleihen schon ab. Das gilt nicht nur in den USA, sondern auch der Eurozone...

So setzen beide Notenbanken neue Maßstäbe. Die US-Notenbank, deren Historie deutlich länger ist als die der EZB, setzt sogar einen neuen Jahrhundertmaßstab. Schon einmal griff sie stark in den Markt ein. Das war zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Zwischenzeitlich hielt sie Anleihen in der Höhe von 10 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 1).


Heute wird deutlich stärker geklotzt. Bereits jetzt hält sie 3,9 Billionen an Anleihen. Bis zum Jahresende dürften es mindestens 5 Billionen sein. Das entspricht dann fast einem Viertel der Wirtschaftsleistung. Obwohl die Bilanzsumme bereits vor der Krise hoch war, wächst sie in diesem Jahr vermutlich um über 100 % (Grafik 2).

Sie saugt den Markt für Staatsanleihen förmlich leer. Der Anteil an den Staatsschulden, den die Fed 2020 halten wird, dürfte 20 % oder mehr erreichen (Grafik 3). Das wäre ein neuer Rekord. Falsch ist das in der aktuellen Lage nicht. Der Ausblick verwirrt jedoch.

Einerseits sagt die Fed, dass der Staat jetzt nicht sparen soll. Andererseits wird gleichzeitig daraufhin gewiesen, dass es langfristig so nicht weitergehen kann. Die Fed fordert schon jetzt eine Sanierung der Staatsfinanzen in der Zukunft. Darin sind zwei Signale enthalten. Zum einen ist damit klar, dass die Notenbank nicht beabsichtigt den Staat dauerhaft zu finanzieren. Zum anderen sind die Einschnitte in der Zukunft umso schmerzhafter, je mehr jetzt ausgegeben wird.

Durch die Garantie, dass die Notenbank in der Krise die Anleihen abnimmt, werden hohe Ausgaben ermuntert. Gleichzeitig hebt die Fed den Finger und mahnt die notwendige Sanierung an. Grundsätzlich ist das nicht falsch. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es allerdings kontraproduktiv, wenn man andeutet, dass sich der Geldhahn wieder schließt. Nicht umsonst haben Notenbanker nach 2008 die Forward Guidance ins Leben gerufen.

Sie geben dem Markt mit Aussagen einen Ausblick über den mittelfristigen Zeithorizont. So wird praktisch garantiert, dass die Zinsen in den kommenden Jahren nicht steigen werden. Bei den Staatsausgaben geben sie keine solche Forward Guidance, sondern machen nun genau das Gegenteil.

Clemens Schmale


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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    "Einerseits sagt die Fed, dass der Staat jetzt nicht sparen soll. Andererseits wird gleichzeitig daraufhin gewiesen, dass es langfristig so nicht weitergehen kann. Die Fed fordert schon jetzt eine Sanierung der Staatsfinanzen in der Zukunft. Darin sind zwei Signale enthalten. Zum einen ist damit klar, dass die Notenbank nicht beabsichtigt den Staat dauerhaft zu finanzieren. Zum anderen sind die Einschnitte in der Zukunft umso schmerzhafter, je mehr jetzt ausgegeben wird".

    Was soll die Fed denn sonst sagen? Etwa, alles kein Problem, wir machen das schon? Dann wäre der ganze Budenzauber schon jetzt zu Ende, weil auch die letzte Maske fallen würde. Da nährt die Fed doch lieber die Illusion, dass sich die Lage wieder normalisieren wird, sobald die Staatsfinanzen saniert sind.

    Die Wahrheit ist: Unser ungedecktes Schuldgeldsystem liegt auf der Intensivstation und wird nur noch durch künstliche Beatmung am Leben erhalten. Die nächste Eskalationsstufe ist eine sichere Wette.

    Daraus folgt: Dieses System gehört von Grund auf reformiert. Das ist die Erkenntnis, die sich in den kommenden Jahren unerbittlich ihren Weg bahnen wird...

    12:51 Uhr, 07.05.2020

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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