Kommentar
08:52 Uhr, 14.08.2012

Neuer Gegner für Obama: Der Kampf beginnt!

Die Entwicklungen des vergangenen Wochenendes geben Anlass dazu, den Blick über den großen Teich auf die USA zu werfen. Dort finden im November wieder Präsidentschaftswahlen statt, die auch weltweit wie immer höchste Aufmerksamkeit genießen werden. Dass der weltweite Politfokus im Vierjahres-Rhythmus auf der Supermacht liegt, ist verständlich: Zum einen entscheidet sich im Land der (angeblich) unbegrenzten Möglichkeiten trotz BRIC, PIGS und Co. nach wie vor das wirtschaftliche Schicksal der Welt. Zum anderen ist es ehrlich gesagt einfach unterhaltsam zu sehen, wie sich Republikaner und Demokraten in TV- und Podiumsdebatten einen ideologischen Schlagabtausch liefern und regelmäßig selbst zerfleischen.

Genau deshalb verdient die am Samstag erfolgte und mit Spannung erwartete Festlegung Mitt Romneys auf einen Kandidaten für die Vizepräsidenschaft besondere Aufmerksamkeit. Paul Ryan, ein 42-jähriger Abgeordneter aus Wisconsin, soll die geistige Nachfolge von Sarah Palin antreten, der Hobbykomödiantin, die vor vier Jahren als Vizekandidatin John McCains eine Bauchlandung nach der anderen hinlegte. Von Ryan ist das nicht zu erwarten: Trotz seines jungen Alters verfügt er über enorme politische Erfahrung, ist Haushaltsexperte und wird auch von Obama als Architekt des knallharten Budgetplans der Republikaner bezeichnet. Der ehemalige Fitnesstrainer gilt als erzkonservativ und genießt höchste Anerkennung bei der radikalen und einflussreichen Tea-Party Bewegung, der Mitt Romney als viel zu lasch und verkappt liberal gilt – und genau das ist der interessante Teil des Schachzugs: Mit Ryan holt sich der Präsidentschaftskandidat den Mann ins Team, der ihm die bislang schmerzlich vermisste Unterstützung des rechten Flügels der Partei sichern wird. Zudem radikalisiert Romney seine Kampagne damit und legt sich eindeutig auf die Wirtschaft als entscheidendes Schlachtfeld in der jetzt erst beginnenden, heißen Wahlkampfphase fest. Nun stehen dem selbsternannten Anwalt der Mittelklasse Obama zwei Wirtschaftsfachmänner gegenüber, mit Ryan als Experte für Öffentliches und Romney als Mann mit viel Erfahrung im privaten Sektor.

Es dürften heiße Gefechte werden in den anstehenden Wochen: Ryan wurde bereits mehrfach als Kahlschlagsanierer bezeichnet, was angesichts seiner Pläne, Staatsausgaben vor allem zu Lasten der Armen und Alten zurückzufahren, durchaus treffend wirkt. Steuern auch für Reiche runter, gesetzliche Krankenversicherung abschaffen, Militärausgaben massiv erhöhen – so in etwa lässt sich sein Vorhaben zusammenfassen. Zudem wirkt er charismatischer und interessanter als der oft als zu blass bezeichnete Romney. Unter anderer Konstellation könnte er wohl auch selbst als Spitzenkandidat ins Rennen gehen, sein eigentlicher Chef hat ihn bei seiner Vorstellung am Samstag aus Versehen schon als nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten angekündigt. So oder so wird die US-Wahl mehr denn je zum Sinnbild sozialen Klassenkampfes und gesellschaftlicher Spaltung werden. Paul Ryan hebt die gegensätzlichen Ideologien der Demokraten und Republikaner mehr als deutlich hervor, sozial gegen marktliberal lautet ab sofort das Credo. Zudem gilt Ryan als begnadeter und mitreißender Redner, eine Eigenschaft, die man bei Mitt Romney auch mit viel Wohlwollen vergeblich sucht. Die anstehenden TV-Duelle dürften also wieder für hitzige Duelle mit vielen Frontalangriffen sorgen, Eklats nicht ausgeschlossen.

Spannung und Unterhaltung verspricht das alles allemal und für uns könnte nebenbei eine vielleicht sogar wohltuende Abwechslung zum lahmenden Vorwahlkampftrott rund um die drei Fragezeichen der SPD und die schwarz-gelbe Selbstzerstörung hier in Deutschland herausspringen.

Philipp Hagspiel

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