Kommentar
08:12 Uhr, 13.04.2016

Neue Chancen in den Emerging Markets: Europa und Japan sind out!

Wer sich wundert, dass die zusätzlichen Lockerungen der EZB und der Bank of Japan kaum Wirkung zeigen, der findet möglicherweise hier eine Antwort. Es findet gerade eine große Wachstumsrotation statt.

Relativ unbemerkt findet seit Wochen ein Stimmungsumschwung statt. Bereits 2015 deutete sich dieser Umschwung an. Altbekannte Trends funktionieren nicht mehr.

Dazu gehörten vor allem vier Trades: Euro short und Euroaktien long sowie Yen short und japanische Aktien long. Das hat mehrere Jahre lang hervorragend funktioniert und Anleger konnten viel Geld verdienen.

Im vergangenen Jahr hatten Anleger mit diesen „idiotensicheren“ Trades kaum noch Freude. Aktien in Japan und der Eurozone tendierten bis Mitte des Jahres seitwärts und seitdem abwärts. Das scheint der neue Trend zu sein. Wer wegen der Geldpolitik der Notenbanken auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends hofft, dürfte enttäuscht werden. Allein schon die Reaktion des Marktes auf die letzten Notenbankbeschlüsse sollte Anlegern zu denken geben. Obwohl die EZB nun sogar deutlicher lockert als die Bank of Japan tut sich bei Aktien wenig.

Noch irritierender als als die enttäuschende Aktienmarktperformance ist die Performance des Euro. Der Euro wertet auf. Das kommt für viele angesichts der niedrigen Zinsen unerwartet. Ähnlich sieht die Lage in Japan aus. Anleger sollten sich trotz dieser schwer nachvollziehbaren Situation agil zeigen, denn eine Trendfortsetzung (seitwärts/abwärts) scheint wahrscheinlich.

Natürlich muss man sich fragen, wie es überhaupt möglich sein kann, dass Euro und Yen aufwerten. Es erscheint schon etwas absurd, dass bei sinkenden Zinsen eine Währung aufwertet. Der Schlüssel zu diesem merkwürdigen Trend liegt in der Markterwartung. Anleger und Investoren freunden sich immer mehr mit dem Gedanken an, dass Japan zurück in die Deflation fällt. Der Eurozone droht ein ähnliches Schicksal.

Befindet sich ein Land in der Deflation, dann steigt der Wert des Geldes, anstatt durch Inflation zu sinken. Erwartet der Markt Deflation, dann tendieren Währungen dazu, aufzuwerten. Diesen Stimmungswechsel beobachten wir gerade in Japan und der Eurozone. Im Umkehrschluss bedeutet das für Aktienkurse eine fallende Tendenz.

Im Gegensatz zur Eurozone und Japan trauen Anleger den USA zu, weiterhin auf Wachstumskurs zu bleiben. Höhere Inflationserwartungen bei weiterhin niedrigen Zinsen begünstigen eine Dollarabwertung. Auch die Notenbank dürfte sich über die Dollarabwertung freuen, denn der starke Dollar dämpfte das US-Wachstum durch zurückgehende Exporte.

Das Ende der Dollaraufwertung hat noch ganz andere Effekte, die nicht nur die USA betreffen. Entwicklungsländer können endlich aufatmen. Sie waren von hoher Inflation und kollabierenden Währungen geplagt. Als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, hatten sich viele Länder und Unternehmen in Dollar verschuldet. Die Abwertung der heimischen Währungen ließ die Schuldenlast explodieren.

Wertet der Dollar nun wieder ab, dann nimmt das sehr viel Druck von Entwicklungsländern. Es ist davon auszugehen, dass wieder mehr Kapital in Entwicklungsländer strömt. Das lässt die Währungen aufwerten. Starke Währungen dämpfen die Inflation, was den Notenbanken in Brasilien oder Russland ermöglichen würde, die Zinsen endlich wieder zu senken.

Mit sinkenden Zinsen kann die Wirtschaft wieder besser mit Kredit versorgt werden. Höheres Wachstum ist dann nur eine Frage der Zeit. Das spiegelt sich bereits jetzt in den Aktienmärkten der Entwicklungsländer wider. Der MSCI Emerging Markets Index befindet sich gerade in einem Turnaround Punkt.

Die Grafik anbei zeigt den Zusammenhang von Dollar, Rohstoffpreisen (repräsentiert durch den Ölpreis) und den MSCI Emerging Markets. Alle Zeitreihen laufen parallel. Bisher kann man noch nicht mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass sich hier ein neuer, mehrjähriger Trend etabliert oder ob es sich lediglich um eine Bärenmarktrallye handelt. Die Chancen stehen gut, dass gerade ein neuer Trend beginnt.

Die Perspektiven für die Eurozone empfinde ich persönlich als bescheiden. Die Chancen liegen in diesem und wohl auch in den Folgejahren in Emerging Markets, Australien, Kanada und den USA. Um daran etwas zu ändern müssten Marktteilnehmer zu der Überzeugung gelangen, dass sich Japan und die Eurozone nicht auf dem Weg zur Deflation befinden. Aktuell erscheint dies unwahrscheinlich.

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2 Kommentare

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  • Trendcoach
    Trendcoach

    Wieder mal ein Super Artikel von Ihnen mit einer Analyse, die zu einer ganz neuen Sichtweise auf das Marktgeschehen verhilft ! Ich habe ebenfalls das Scheitern der neuen Maßnahmen von BoJapan und EZB mit Erstaunen beobachtet. Mit einer neuen Ralley in Emerging Markets und Rohstoffen rechnet zur Zeit kaum jemand, aer tatsächlich hat sie schon begonnen ! Danke für ihren Artikel !

    13:10 Uhr, 13.04.2016
  • Harald Weygand
    Harald Weygand Head of Trading

    Europa und Japan sind out!

    Ich befürchte, diese Aussage kommt jetzt genau im Tief der beiden genannten Märkte.

    09:23 Uhr, 13.04.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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